Lukas 12,54
Andachten
Jesus sprach zu dem Volk: Wenn ihr eine Wolke seht aufgehen vom Abend, so sprechet ihr bald: Es kommt ein Regen; und es geschieht also. Und wenn ihr seht den Südwind wehen, so sprecht ihr: Es wird heiß werden; und es geschieht also. Ihr Heuchler! Die Gestalt der Erde und des Himmels könnt ihr prüfen; wie prüft ihr aber diese Zeit nicht?
Von zwei Zeichen redet Christus. Der Gluthauch kann von der Wüste heraufkommen und alles grüne Kraut im Lande versengen. Er kann auch bei uns kommen. Ihr kennt die alte Wüste. Ihr kennt den Odem des Unglaubens, der die jungen Triebe tötet und die Seele ausdörrt. -
Die gnadenreiche Wolke kann vom Meere kommen. Sie feuchtet das Land und macht es fruchtbar und wachsend. Sie kann auch bei uns kommen. Sie ist die Barmherzigkeit Gottes, die der Odem des Heiligen Geistes treibt, dass sie herankomme. Wie draußen die Wolken sich niedersenken, wo Berge und Wälder sich zu ihnen emporstrecken, so senkt sie sich nieder, wo in Demut gläubige und betende Hände emporgereckt werden. Über die kahlen gleichgültigen Wüsten zieht sie weg. Das, was wir Lichtes und Erfreuliches am Völkerhimmel sehen, kann Abendrot und Morgenrot werden. Es kann ein letztes Aufflammen einer matten Hoffnung sein; es kann aber auch der Anbruch eines neuen Tages sein. Das Letztere wird es, wenn wir in dem Gerichte über uns selbst täglich schärfer und wahrer werden.
Herr Jesu, einst standest du vor Jerusalem und riefst: „Jerusalem, Jerusalem, wie oft habe ich deine Kinder versammeln wollen, wie eine Henne versammelt ihre Küchlein unter ihre Flügel, und ihr habt nicht gewollt!“ und wiederum: „Wenn du es wüsstest, so würdest du auch bedenken zu dieser deiner Zeit, was zu deinem Frieden dient. Aber nun ist es vor deinen Augen verborgen.“ Herr Herr! erweiche unsere Herzen, dass es von uns nicht heiße: „Sie haben nicht gewollt.“ Öffne unsere Augen, dass wir erkennen deine Wege, und es von uns nicht heiße: „Es ist vor ihren Augen verborgen.“ Tue uns die Augen auf, dass wir sehen, was es an der Zeit ist, und dass wir uns schicken in die Zeit, auf dass wir geschickt seien für deine Gnade und Barmherzigkeit. Amen. (Friedrich Ahlfeld)