Römer 1,16
Andachten
Ich schäme mich des Evangelii von Christo nicht; denn es ist eine Kraft Gottes, die da selig macht alle, die daran glauben.
Die Jünger Jesu sind berufen mit dem Evangelium den Kampf gegen die Welt zu führen, indem sie Zeugnis ablegen vom Evangelium und dadurch sein Licht in der Welt leuchten lassen. Wer dieser Aufgabe der Jünger Jesu nachkommen will, der muss frischen Mut haben zum Bekennen, der muss mit Paulus sprechen können: ich schäme mich des mich des Evangeliums von Christo nicht.
Aber die Welt mit ihrer Macht und Weisheit verfolgt das Evangelium, verspottet es, achtet es für Torheit und lässt seine Bekenner ihren Hass und ihre Verachtung fühlen. Über die Christen aber ergeht dadurch die schwere Versuchung, sich des Evangeliums zu schämen, es zu verbergen, von ihm zu schweigen, es für sich allein zu behalten. Da heutzutage in besonderem Maße die Jünger Jesu Gefahr laufen, in solcher Versuchung zu unterliegen, sich der Welt gleichzustellen, so gilt es um so mehr, die Herrlichkeit des Evangeliums ins Auge zu fassen, wie sie dem Apostel vor Augen stand und ihn zu dem Zeugnis trieb: ich schäme mich des Evangelii von Christo nicht. Paulus redet von einem Evangelium von Christo; das haben wir zu bekennen; der Heiland, der Erlöser der Welt, dem alle Gewalt gegeben ist, der ist der Mittelpunkt des Evangeliums; dieses Evangelium ist sein Wort. Muss es uns nicht Mut machen, von dem Evangelium Zeugnis abzulegen, wenn wir uns bewusst sind dabei ihm, der uns bis in den Tod geliebt hat, zu dienen und von seiner Macht geschützt und getragen zu werden? Aber auch heilsam schrecken muss es uns, wenn wir bedenken, dass, wer des Evangeliums sich schämt, sich Christi schämt, und dass an solchem der Herr nach seiner Heiligkeit das Wort zur Erfüllung bringen wird: wer mich verleugnet vor den Menschen, den will ich auch verleugnen vor meinem himmlischen Vater. Der Apostel begründet aber seine Freudigkeit das Evangelium zu bezeugen besonders damit, dass er es eine Kraft Gottes nennt, die da selig macht alle, die daran glauben. Seit den Tagen der Apostel hat sich in der Geschichte der christlichen Kirche das Evangelium mehr und mehr erwiesen als eine die Welt überwindende und erneuernde Kraft Gottes. Trotz Irrlehre und Sündenmacht ist das Evangelium bis heute in der Kirche nicht erstorben, sondern immer wieder mit neuer Lebenskraft hervorgebrochen, wo es mit ihm zu Ende zu sein schien; und gerade in unserer Zeit dringt das Evangelium immer weiter zu den Heiden und gewinnt Siege, die es bewähren als eine Gotteskraft. Und stellt uns Gott nicht reichlich Zeugnisse vor Augen, die es uns, wenn wir sie nur betrachten wollten, zur Überzeugung bringen können, dass das Evangelium eine Kraft Gottes ist, selig zu machen, die daran glauben; die großen Männer Gottes aus allen Zeiten der Geschichte des Gottesreichs, die aus der Finsternis zum Lichte gekommenen Heiden auf dem Missionsfelde; mancher Mitchrist, der durch das Evangelium frei und froh geworden, mancher Sterbende, der durch das Evangelium selig entschlafen kann, sie predigen uns alle: das Evangelium ist eine Kraft Gottes, die da selig macht alle, die daran glauben. Wenn man an alles das denkt, und an das Evangelium glaubt, wie ist es möglich sich des Evangeliums zu schämen? Ist solches nicht die unbegreiflichste Torheit? Wenn aber diese Torheit nun doch bei denen, die Jünger Jesu sein wollen, immer wieder zu finden ist, so ist das ein Zeichen dafür, dass die Christen noch sehr viel von dem Wesen der Welt in sich tragen, so dass sie sich mit ihr verwandt fühlen und sich daher vor ihrer Feindschaft fürchten. Da tut es Not, dass das Evangelium noch viel mehr an den Seelen der Christen selbst sich in seiner Herrlichkeit erweise, dass sie am eigenen Herzen inne werden die göttliche Kraft des Evangeliums, selig zu machen. Der Christus im Evangelium muss werden mein Hirt, die Kraft seines Worts muss sich in der Erneuerung meines Lebens zeigen, ich, ich selbst, kein Fremder nicht, muss in seiner Liebe brennen, seinen Frieden schmecken, die seligmachende Wirkung des Evangeliums erfahren. Wo das geschieht, da wird die Welt in uns überwunden und wir gewinnen dann auch gegenüber der Welt um uns die Freudigkeit zu bekennen: ich schäme mich des Evangelii von Christo nicht. Den Weg aber dazu, die Herrlichkeit des Evangeliums am eigenen Herzen zu erfahren, weist uns der Herr, wenn er Joh. 7, 17 spricht: So jemand will des Willen tun, der wird inne werden, ob diese Lehre von Gott sei, oder ob ich von mir selbst rede. (Thomas Girgensohn)
Ich schäme mich des Evangeliums von Christo nicht; denn es ist eine Kraft Gottes, die da selig macht alle, die daran glauben, die Juden vornehmlich, und auch die Griechen.
Des Evangeliums brauchen wir uns nicht zu schämen; wohl aber unsrer Menschenfurcht, unsrer Untreue, unsres Undanks. Des Gebetes und der Bibel brauchen wir uns nicht zu schämen; wohl aber der schandbaren Worte und der leichtfertigen Bücher. Gott helfe uns von der falschen Scham zu der rechten Freudigkeit des Bekennens. Er lasse uns nur an unserm eignen Herzen erfahren die seligmachende Kraft des Evangeliums. Dann werden auch wir sprechen: Ich glaube, darum rede ich. Dann wird die Verachtung der Welt uns nicht irre machen. Wir wissen dann: diese spottende, diese zerrissene Welt muss ja doch zuletzt immer wieder zum Evangelium zurück. Denn es ist eine Kraft Gottes selig zu machen, die einzige Kraft. Oder wissen wir etwa eine andere Kraft, die selig machen kann? Haben wir schweres Leid, dies ist die einzige Arznei. Zum Vergessen mag auch die Zeit und Arbeit helfen; zur Heilung unsrer Wunden nicht. Das vermag nur die Liebe am Kreuze. Sind wir schuldig einer Sünde, einer Leidenschaft, die uns und die um uns her unglücklich macht, gibt es nur Eins, was ein neues Herz, ein neues Leben schaffen kann; das ist das Evangelium. - O treuer Gott, der du uns in aller Not dieser Welt dies Evangelium gegeben, wehre allen Feinden, die es uns rauben wollen. Mache mit seiner Gotteskraft unsre trägen Herzen so voll von der Freude und der Kraft, des Lichtes und der Wahrheit, dass dann auch unsre Lippen überfließen von dem Lobe deiner herrlichen Gnade. Amen. (Adolf Clemen)
Denn ich schäme mich des Evangelii von Christo nicht, denn es ist eine Kraft Gottes, die da selig macht alle, die daran glauben, die Juden vornehmlich und auch die Griechen. Sintemal darinnen offenbart wird die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, welche kommt aus Glauben in Glauben; wie denn geschrieben steht: der Gerechte wird seines Glaubens leben!
Mit solchen Worten stellt hier St. Paulus in Kürze das große Thema seinem Briefe an die Römer voran, dem inhaltsreichsten und großartigsten Briefe, der je einer menschlichen Feder entflossen. Die Gerechtigkeit der Sünder, aus freier Gnade Gottes in Christo Jesu dem Glauben zugerechnet und dargereicht, das ist die seligmachende Kraft des Evangeliums, Beides für Juden und Heiden. Mit dieser weltbewegenden und beseligenden Kraft hat der Apostel das selbstgerechte und halsstarrige Judentum so kühn, so heldenhaft angegriffen, wie kein anderer Apostel, darum er wahrlich frei heraus sagen darf: Ich schäme mich dieses Evangelii nicht! ebenso auch ist er mit dieser Kraft tief eingedrungen ins Heidentum, in das üppige Fleischesleben der kleinasiatischen und griechischen Städte, unter unsagbaren Verfolgungen und Kämpfen, und hat sich unter all' dem Glanz des hellenischen Götzendienstes keinen Augenblick des Wortes vom Kreuz geschämt. Und wer immer diese seligmachende Kraft des Evangelii an sich erfahren hat, der wird und muss auch in dieser Kraft einhergehen ohne Menschenfurcht und Gefälligkeit, als ein fröhlicher Zeuge im Wort und Wandel, sowohl vor den aufgeblähten, wissens- und tugendstolzen Leuten, als unter den Knechten der fleischlichen Lüste. Es wäre doch auch zu erbärmlich, wenn Du den Grund, darauf Du Deine Seligkeit gründest, verbergen, und die Hand, die Dich aus der grausamen Grube und dem Schlamm herausgezogen, verleugnen wolltest. - Frohlockende Hände mag wohl der Apostel aufheben zu seinem himmlischen Könige Jesus und sprechen: Ich habe mich Deines Evangelii nie geschämt, so bekenne Dich nun zu mir vor Deinem himmlischen Vater! - Was aber soll werden aus Denen, die sich Seiner geschämt und Ihn verleugnet haben? O, Herrgott, gib uns allzeit einen frohen Mut und ein gut' Bekenntnis! (Nikolaus Fries)