5. Mose 10,12
Andachten
Nun, Israel, was fordert der HErr, dein Gott, von dir, denn dass du den HErrn, deinen Gott, fürchtest, dass du in allen seinen Wegen wanndelst und liebst ihn und dienst dem HErrn, deinem Gott, von ganzem Herzen und von ganzer Seele, mit Freude und Lust deines Herzens, da du allerlei genug hast.
Zu einer Gerechtigkeit, die vor Gottes Augen taugt, gehört mehr als ein bürgerlich gutes Leben. Siehe, lieber Mensch, wenn du mit deinem Verdienst vor Gottes heiligen Augen ausreichen wolltest: so müsstest du das Gesetz erfüllen und erfüllt haben; du müsstest, weil das ganze Gesetz in der Liebe Gottes und des Nächsten steht, eine Liebe zu Gott und dem Nächsten haben, wie sie vom Gesetze gefordert wird. Das Gesetz sagt: „du sollst Gott lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüte, aus allen Kräften.“ Du kannst dir leicht einbilden, dass zu einer solchen Liebe Gottes nicht genug ist, hin und wieder an Gott denken, hin und wieder zu Gott beten, hin und wieder etwas fühlen in seinem Herzen, das aussieht wie liebe oder Dankbarkeit gegen Gott, sondern zu einer solchen Liebe zu Gott wird erfordert, wie du in deinem Konfirmationsbüchlein liest: dass du Gott für das höchste Gut achtest, ihm mit dem Herzen anhängst, immer in Gedanken mit ihm umgehst, das größte Verlangen nach ihm trägst, das größte Wohlgefallen an ihm hast, ihm dich ganz und gar ergibst, und um seine Ehre eiferst. zentnerschwere Worte! Wer ist, der sich im Lichte dieser Wahrheiten für rein halten kann? Das Gesetz sagt ferner: „du sollst deinen Nächsten lieben als dich selbst.“ Du kannst dir wieder einbilden, dass zu einer Nächstenliebe, wo man den Nächsten lieben soll als sich selbst, nicht genug ist, seinen Nächsten nicht zu beißen oder zu fressen (Galat. 5, 15.), sondern zu einer Nächstenliebe gehört das, was wieder unser Konfirmationsbüchlein sehr schön auslegt, wenn es sagt: „den Nächsten lieben heißt: es nicht nur mit demselben getreulich meinen, ihm alles Gute von Herzen gönnen und wünschen, mit Worten und Gebärden sich freundlich gegen ihn bezeugen, und mit Trost, Rat und Tat ihm beispringen, sondern auch seine Schwachheit mit Geduld ertragen, und durch sanftmütige Bestrafung seine Besserung suchen.“ Es prüfe sich doch ein Jegliches nach diesen Worten, und sehe zu, wie viel eigene Gerechtigkeit und Tugendruhm ihm noch übrig bleibt. (Ludwig Hofacker)