Und als er solches gesagt hatte, kniete er nieder und betete mit ihnen allen. Es ward aber viel Weinens unter ihnen allen, und fielen Paulo um den Hals und küssten ihn, am allermeisten betrübt über dem Wort, das er sagte, sie würden sein Angesicht nicht mehr sehen, und geleiteten ihn in das Schiff.
Pauli Abschied von den Ältesten der Ephesinischen Gemeinde ist wie ein krönender Abschluss seiner zweiten Missions-Reise. Das Bild des knienden Apostels im gemeinsamen Gebet mit den Brüdern, das Weinen und Küssen der heiligen Bruderliebe ist so über alle Maßen ergreifend, dass wir uns gar nicht wundern würden, wenn sich darüber der Himmel auftäte, und die Engel Gottes auf- und abstiegen; unsichtbar haben sie's ja ganz gewiss getan! Ach, und das Herz wird uns soweit und groß dabei! wo ist sie doch hin die Zeit der ersten Heiligen Liebe? Die Zeit, da man sich nicht schämte, im Ufersande hinzuknien und die Stimme des Gebets mit dem Wellenrauschen zu mischen, sich aber schämte, vor dem goldenen Kalbe des Mammon zu knien; da noch ernste Männer weinen konnten und schämten sich nicht der edlen Mannesträne, aber sie schämten sich des Lachens und Jauchzens, davon es heißt: „Du bist toll!“ Sind wir denn ein ganz anderes Geschlecht geworden, von anderem Samen gezeugt? selbst aus unsern Gottesdiensten ist das Kniebeugen verschwunden, als ob es nicht hieße: in Seinem Namen sollen sich beugen Aller Knie; und die eisige Kälte lässt's nicht zum Weinen kommen. Darum ist auch der Himmel ehern über uns und die Engel sind zurückgewichen und böse Geister des Abgrunds haben sich an ihre Stelle gedrängt! Gott sei aber Dank und Ehre, dass der Herr sich ein Häuflein übrigbehalten! hin und her verstreut sind sie, auch in den großen Städten, den Brutstätten der Sünde, und es ist, als ob von da ein neuer Geist und Odem des Herrn ausgehen sollte, denn es gibt wieder erleuchtete Augen und warme Herzen und Gebet auf den Knien! O, lasst uns doch mitknien und mitbeten, dass der Herr die Gefangenen Zions erlöse! (Nikolaus Fries)