2. Mose 20,14
Andachten
Du sollst nicht ehebrechen.
So alt wie das Menschengeschlecht, ist auch die Ehe - jenes von dem Schöpfer geordnete Zusammenleben von Mann und Weib, durch welches es sich fortpflanzen und eine Stätte für die Erziehung seiner Kinder erhalten soll. Die Bande der gegenseitigen Hingabe und des Vertrauens zwischen Mann und Weib, und der Fürsorge und des Gehorsams zwischen Eltern und Kindern gelten auch dem natürlichen Menschenherzen für unantastbar, und die verschiedenen Verwandtschaftsgrade, welche von dem ehelichen Verhältnis stammen, bilden ein weiteres Band, dadurch die Menschen in Liebe zusammengehalten werden. So ist die Ehe dasjenige Verhältnis auf Erden, durch welches unserm Geschlechte die größten Segnungen zu Teil werden wir erkennen unsre Zusammengehörigkeit an, und die Selbstverleugnung, jene Mutter alles gemeinsamen Glückes, welche von der Erde durch die Sünde verscheucht worden ist, findet doch wenigstens in der Ehe und in der Verwandtschaft noch ein geringes Plätzchen. Das Bewusstsein aber, dass das gesamte Menschengeschlecht aus einer ersten Ehe entsprossen, zeigt uns in jedem Menschen den Bruder, den Nächsten. Wie aber, wenn nicht die Bibel, sondern manche neuere Gelehrte Recht hätten, nach deren Meinung unser Geschlecht nicht von Einem Urpaare abstammt? Dann wäre es um die Heiligkeit der Ehe und um die Pflicht der allgemeinen Menschenliebe und um die Möglichkeit einer Gesamterlösung der Menschheit geschehen. Dann würden wir viele Heilande haben und nicht jeden Menschen für unsern Bruder und Nächsten anerkennen müssen, und die Heiligkeit der Ehe würde sich nicht mehr auf den tatsächlich ausgedrückten und sonst geoffenbarten Gotteswillen gründen, sondern auf blasse Zweckmäßigkeitsgründe, welche aber einen zu schwachen Damm gegen die überwallende Leidenschaft des ungezügelten Fleisches bilden würden. Wehe, wenn diese ungeheiligte Anschauung Gemeingut der Menschheit werden sollte! Doch die Wahrheit kann wohl zeitweilig getrübt, aber nimmer vergraben werden. Noch hat das Gebot: „du sollst nicht ehebrechen!“ in der Christenheit göttliches Ansehen, und bildet eine Schutzmauer gegen die Anläufe der Fleischeslust; noch brandmarkt den sein Gewissen, der diese Mauer übersprungen und sich an dem geheiligten Gute des Nächsten, seinem Gemahle, vergriffen hat. Und wer auch, weil er sein Gewissen gemordet, dessen Qualen augenblicklich nicht empfindet, der muss dennoch hier schon vielfach die bitteren Früchte seiner Fleischessaat ernten, bis einst das getötete Gewissen aufersteht und sich an seinem Frevler rächt und ihm den Todesstoß gibt, wenn er es versäumt hat, es in dem Blute Jesu zu versöhnen. - Die Quelle aber jeglichen Ehebruchs ist die Fleischeslust, welche, wenn sie empfangen hat, die Sünde gebiert. Und darum nennt der Herr auch das begehrliche Anschauen schon Ehebruch, und darum fällt unter den Fluch dieser Sünde nicht nur diese besondere Art der Fleischeslust, sondern auch jede Befriedigung des Geschlechtstriebes außer der Ehe. An derlei Sünden ist Sodom und Gomorrha zu Grunde gegangen und endlich das gesamte Kanaan um ihretwillen dem Vertilgungsgerichte verfallen. Es ist die Sünde der Heiden in besonderem Maße noch heute, bei denen sie sogar einen eignen Teil ihres religiösen Cultus ausmacht, und die Götzenfeste in Indien sind auch deswegen so beliebte Volksfeste, weil da zu Ehren der Götzen dieser schändlichen Lust gefrönt werden darf, und gefrönt werden soll. Sie ist bei ihnen keine Sünde mehr, sondern Cultus der Natur. Finsternis bedeckt das Erdreich und Dunkel die Völker; aber über dir, o Christenheit, ist der Herr aufgegangen und sein Licht scheint bei dir helle. Was steht dir bevor, wenn du in das heidnische Wesen zurücksinkest, und statt dem Herrn zu dienen, der Natur frönst!! Welche aber Christo angehören, die kreuzigen ihr Fleisch samt den Lüsten und Begierden. (Anton Camillo Bertoldy)