2. Petrus 3,15
Andachten
Auf solche Weise predigt uns der liebe Petrus, 2 Ep. 3, 15: Die Geduld und Langmütigkeit unsers Herrn, spricht er, achtet für eure Seligkeit; das ist, lässt euch dünken, es sei euer Heil, es geschehe euch zum Besten, dass ihr nicht verdammet werdet. Denn so Gott allewege strafete, wie und nachdem wir verdienen, so würde uns Keiner über sieben Jahre kommen. Nun Er tuts nicht, sondern ist so langmütig, hält an sich und verzeucht mit der Strafe. Das, spricht Petrus, achtet dafür, es geschehe um eurer Seligkeit willen, dass ihr sagen sollt: Ach Herr! Ich habe leider viel zu oft gesündigt, jetzt in dem, jetzt in einem Andern; nun kommt die Strafe nicht, sondern verzeucht. Was bedeutet es aber? Gewiss anders Nichts, denn dass, ob die Strafe gleich verborgen ist, sie doch gewiss kommen wird. Darum, lieber Vater, vergib, ich will ablassen und mich bessern. Darum sollen wir den Spruch Petri: Die Geduld unsers Herrn achtet für eure Seligkeit, wohl merken; denn Gott, spricht er kurz zuvor, will nicht, dass Jemand verloren werde, sondern dass sich Jedermann zur Buße kehre. Und verzeucht Gott die Strafe, so geschiehts uns zum Besten. Wo man nicht ablassen, sondern in Sünden fortfahren und solcher Geduld Gottes missbrauchen will, da muss der Krug letztlich brechen. Wie man sieht, weil der Dieb des Stehlens nicht bei Zeiten abgehen will, wird er zuletzt dem Henker zu Teil. Ein unzüchtig Weib, die mit ihrer Büberei nicht will ablassen, wird endlich zu Schanden vor Jedermann. Sonderlich aber hats Gott mit der Stadt Jerusalem bewiesen; ob Er wohl die Strafe verbirgt und aufhält, dass Er doch endlich kommen will und den Ungehorsam uns nicht schenken. (Martin Luther)
Die Geduld unseres Herrn achtet für eure Seligkeit.
Wer auf seinen Weg zurückschaut, der muss tiefbeschämt erkennen und bekennen, dass Gott große Geduld mit ihm haben muss, und dass Er ihn ohne diese Geduld längst würde aus seiner Schule weggeschickt haben. Wenn wir auf unser trotziges und verzagtes, unwahres, arglistiges und wankelmütiges Herz und Wesen achten, - auf so viele Vorsätze und so wenig Erfüllung, auf so viele Ansätze und so wenig Durchsetzen, so müssen wir uns oft tiefbeschämt wundern, dass Gott noch nicht an uns irre geworden ist, und immer wieder aufs Neue bei uns anfing. Wir verstehen dann, wie der Apostel sagen kann: „Die Geduld Gottes achtet für eure Seligkeit“, und preisen anbetend unter Tränen diese seligmachende Geduld.
Ein großer Kirchenvater hat einmal gesagt: „Gott ist geduldig, weil er ewig ist“. Was heißt das? Nun, weil die ganze Ewigkeit vor Ihm offen liegt, weil Er die Dinge anschaut, nicht wie sie jetzt in der Zeit sind, sondern wie sie in der Ewigkeit sein werden, so kann Er es absehen, Geduld haben und warten. Er kann nicht nur Geduld haben mit seinem Richten, da Ihm Niemand entlaufen kann, sondern auch vornehmlich Geduld in seiner Gnadenarbeit, da Er weiß, dass Er mit allen Aufrichtigen doch endlich noch wird kommen zu seinem Zweck und Ziel.
Gott ist geduldig, weil Er ewig ist, und wir sind - so ungeduldig, weil wir so zeitlich sind, verloren in die Dinge, die augenblicklich und sichtbar sind. Darum sind wir ungeduldig in unseren Schmerzen und Demütigungen, weil wir nicht festalten können, dass die Leiden der Zeit ewige Herrlichkeit schaffen sollen. Darum sind wir so ungeduldig mit unseren Mitmenschen, mit ihren Fehlern und Schwächen, weil wir so selten vor Augen haben, dass sie bald mit uns vor Gottes Thron stehen werden.
Wie schnell sind wir meist fertig zu sagen: „Ach, mit Dem und Der wird's nichts; es ist ihnen offenbar nicht zu helfen; alle Liebe und Arbeit fruchtet an ihnen nichts. Man muss sie ihrem Schicksal überlassen;“ oder, wenn man sich frommer will ausdrücken, sagt man: „Gott wird sie noch in schwerere Schulen nehmen müssen'. Würden wir auch wohl so sprechen, wenn wir das immer vor Augen hätten, wie unendlich viel Geduld der HErr, unser Gott, mit uns, mit unseren Fortschritten in der Heiligung, in der Erkenntnis, in aller göttlichen Tugend hat? Das ist gewiss wahr: In dem Maß, wie wir göttlicher gesinnt werden, werden wir auch ewigkeitsmäßiger, in dem Maße, wie wir ewigkeitsmäßiger werden, werden wir auch geduldiger, - geduldiger in der eigenen Trübsal, geduldiger in dem Kampf, der uns verordnet ist, geduldiger im Verkehr mit unserem Nächsten. Aus Gottes Geduld mit uns müssen auch wir Kraft zur Geduld schöpfen, dann werden mir in Zeit und Ewigkeit erfahren, dass es ein köstlich Ding ist geduldig sein.
Vater, du hast mir erzeiget
lauter Gnad' und Gütigkeit,
Und du hast zu mir geneiget,
Jesu, deine Freundlichkeit.
Und durch dich, o Geist der Gnaden,
Werd' ich stets noch eingeladen.
Tausend, tausend Mal sei dir,
Großer König, Dank dafür. (Otto Funcke)