Römer 8,18
Andachten
Denn ich halte es dafür, dass dieser Zeit Leiden nicht wert sind der Herrlichkeit, die an uns soll offenbart werden.
„Soll's uns hart ergeh'n,
Lass uns feste steh'n,
Und auch in den schwersten Tagen
Niemals über Lasten klagen,
Denn durch Trübsal hier
Geht der Weg zu Dir!“
Wer kennt nicht diesen schönen Vers des Zinzendorf'schen Liedes: „JEsu, geh' voran!“ - Der Verfasser desselben hat es reichlich in seinem Leben erfahren dürfen, was es heißt „leiden um Seines Namens willen!“ Wir alle müssen dem Heiland auf dem Leidensweg folgen, dem einen wird's leichter gemacht, dem anderen schwerer, aber völlig erspart bleiben kann dieser dornige Pfad wohl keinem von uns! Denn wir müssen mit Ihm leiden, um dereinst auch mit ihm zur Herrlichkeit erhoben werden zu können. Ach, und unser natürlicher Mensch ist meist so schwach; wenn's gilt, zu leiden um Seines Namens willen, dann sinken uns die Waffen oft schon vor dem Streit aus der müden Hand und wir können nicht weiter. Da ist es denn unser Trost, dass Er, der versucht ist allenthalben gleich wie wir, Mitleid hat mit unserer Schwachheit, uns helfen kann beim Trinken des Leidenskelches, den Er bis auf die Hefe geleert hat! Wenn wir Ihm nur im Leiden gläubig nachfolgen wollen, so wird Er uns vollbereiten, stärken, kräftigen, gründen. Nur Geduld! bald ist die kurze Spanne Zeit vorüber, die beiden sind überwunden und wir werden, als Seine Berufenen und Erwählten, Herrlich gemacht ewiglich. Amen. (unbekannt)
Denn ich halte es dafür, dass dieser Zeit Leiden der Herrlichkeit nicht wert sei, die an uns soll offenbart werden.
Das Leiden dieser Zeit ist eine schnelle Flucht zum Ende. Es kann nicht länger währen als das Leben. Unser Leben aber fährt dahin, als flögen wir davon, so geschwind, wie ein Schiff durchs Meer, wie ein Vogel durch die Luft, wie ein Pfeil und Schatten. Weil denn das Leiden seine Zeit hat, seinen Anfang und sein Ende, müssen wir eine kleine Zeit geduldig sein und des Ausgangs mit stillem Geiste warten. Es mag doch das Kreuz nicht besser überwunden werden, als durch Geduld. Weil das Leiden kurz ist, so ist es auch leicht zu ertragen. Eine Last, die man nicht lange trägt, ist nicht beschwerlich. Was die Zeit ist gegen die Ewigkeit, das Endliche gegen das Unendliche, das ist dies Leiden gegen die künftige Herrlichkeit und deren Frieden, Freude, Sicherheit und Seligkeit, ein Tropfen gegen das ganze Meer, ein kleiner Funke gegen ein großes Feuer. Kurz und klein ist die Last, die uns drückt, ewig und groß ist die Lust, die uns erquickt.
Was macht es denn, dass die Welt so erschrickt vor dem Kreuz? Mein Christ, das macht es, weil die zukünftige Herrlichkeit noch verborgen ist. Zwar wir sind im Gnadenreich Christi auch herrliche und selige Leute, wir sehen und schmecken die Freundlichkeit Gottes in unserm Herzen, wir werden verwandelt in das Bild Christi; aber das alles ist nur Schattenwerk, Bildwerk; die Vollkommenheit haben wir nicht eher als im Himmel zu erwarten. Wenn diese künftige Herrlichkeit sichtbar wäre, so würde die Welt voll geduldiger Märtyrer sein, und jedermann würde sich um des Namens Christi willen verfolgen und töten lassen. Kann man doch in der Welt alles tun und leiden um einer Hand voll Ehre und Geldes willen, das man vor Augen sieht. Aber weil die himmlische Herrlichkeit nicht offenbar, der Glaube auch noch so schwach ist, dass er oft mit seinem Licht nicht durch die Kreuzwolfen dringen kann, so empfindet man nicht große Lust zum Kreuz. Es fällt dem Fleisch gar schwer zu glauben, dass an jenem Tage aus einem verächtlichen Kreuzträger ein Himmelskönig werden soll.
Du aber, mein Christ, schwinge dich mit deinem Gedanken mitten. im Leiden in das liebliche, herrliche Wesen hinein; was gilt's, ob du nicht dein Kreuz mit Freuden tragen werdest? Kann Fleisch und Blut das Unglück ansehen und rechnen, wie groß, lang und breit es ist; rechne du auch, was das für eine Herrlichkeit sei, die kein Auge gesehen, kein Ohr jemals gehört, kein Herz ermessen, keine Zunge aussprechen kann. Fürwahr, wenn du dermaleinst diese Herrlichkeit wirst vor Augen sehen, wirst du dich selbst schämen und sagen: „Bin ich doch nicht wert, dass ich Gottes Kind heißen soll, darum dass ich auf Erden mein Leiden so groß und diese Herrlichkeit so gering geachtet habe. Ach wenn ich noch in der Welt sein und wissen sollte, dass mir eine solche Freude bereitet wäre im Himmel, wollte ich gern, so es möglich wäre, tausend Jahr alles Unglück leiden, denn ich erfahre jetzt, „dass aller Welt Leiden nichts zu rechnen sei gegen die Herrlichkeit, die an den Kindern Gottes offenbart wird“. (Heinrich Müller)
Denn ich halte es dafür, dass dieser Zeit Leiden der Herrlichkeit nicht wert sei, die an uns soll offenbart werden. Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen!
Seht da, welch' ein kostbares Dafürhalten und Wissen! wahrlich tausendmal besser als alle sonstige Wissenschaft und Gelehrsamkeit. Und wenn St. Paulus das sagt, dann ist's gewiss wahr, denn er ist wahrlich Einer von Denen, welche dieser Zeit Leiden geschmeckt haben bis auf die unterste Hefe. Frost und Hitze, Hunger, Blöße, Schwert, Gefahren unter Juden und Heiden und falschen Brüdern, gesteinigt und schier ertötet, in der Tiefe des Meeres geschwebt, durch gute und böse Gerichte, ein Fegopfer der Leute, und zu dem Allen noch ein Pfahl im Fleisch, den er einen Satans-Engel nennt, der ihn mit Fäusten schlägt, darob er dreimal den Herrn gefleht, dass er von ihm wiche, welch' eine Fülle der Leiden dieser Zeit! Das Alles aber achtet er nicht wert der zukünftigen Herrlichkeit, faltet darüber seine Hände und bekennt: Alles, Alles zum Besten! nämlich zur Erlangung jener überschwänglichen Herrlichkeit! O, welch' eine Gottesliebe muss ihm im Herzen gebrannt haben, und welch' einen Vorschmack dieser Herrlichkeit, welch' eine Zuversicht, dass dieselbe sein Teil und Erbe, muss er im gläubigen Herzen getragen haben! meine Liebsten, was sollen wir denn nun von uns sagen? sind unsere Leiden, die wir in dieser Zeit zu tragen haben, neben jener Leidensfülle! Und doch sind wir so kleingläubig, jammern und schreien und liegen dem Herrn in den Ohren mit solchem Gejammer und Geschrei, als widerführe uns etwas Seltsames, ja, als geschähe uns ein Unrecht! Das kann nur daher kommen, weil's mit der wahrhaftigen Gottesliebe so schlecht bestellt ist, und dieser Mangel hat wieder darin seinen Grund, weil wir so wenig Vorschmack haben von jener großen Herrlichkeit, die an uns soll geoffenbart werden. Also, tu' Dein Herz auf der wundergroßen Liebe, womit Du geliebt bist, dass Dir dein Herz entbrenne, schmecke doch die Kraft des Todes Deines Herrn und die Kraft Seiner Auferstehung, dann wird's gewiss besser mit Dir werden, und aus dem Leiden dieser Zeit erwächst die Geduld, aus der Geduld Erfahrung, aus der Erfahrung Hoffnung, und Hoffnung lässt nicht zu Schanden werden! (Nikolaus Fries)