Johannes 4,22
Andachten
Ihr wisst nicht, was ihr anbetet; wir wissen aber, was wir anbeten.
So der Herr zu der Samariterin am Jakobsbrunnen. Zu wie vielen Christen muss er auch heut noch sagen: Ihr wisst nicht, was ihr anbetet! Ehe man mit Christo persönlich zusammengetroffen ist, wie hohl ist da das ganze Christentum! Wolken und Dunkel sind um solch einen Menschen her, und man kann ihm gar nicht beikommen. Er glaubt an Gott und hat doch noch keinen Gott; Christus ist die Türe, niemand kommt zum Vater, denn durch mich. Solch' ein Mensch betet wohl, aber sein Gebet hat kein Fundament; er denkt bloß: Nützt's nichts, so schadet's nichts. Er fühlt wohl, dass er nicht so ist, wie er sein sollte, aber nur Christus am Kreuz kann uns sagen, was Sünde ist. Er glaubt wohl an ein andres Leben, aber er weiß nicht, wie er zum Tod steht, noch zum Gericht; heut hofft er; morgen fürchtet er; übermorgen fließt Hoffnung und Furcht in Eins zusammen. Das Traurigste bei solch einem Christentum ist, dass es um keinen Schritt weiter bringt. Alle diese Wolkenanbeter sind heut noch, was sie vor zwanzig Jahren waren, nur hat der Eine keine Haare mehr, der Andre keine Zähne. Erst nach der Bekanntschaft mit Christo kann man sagen: Wir wissen, was wir anbeten. Da kommt man aus dem Chaos heraus, und Alles im Herzen beginnt sich zu ordnen. Man weiß dann, wo man Gott zu suchen hat, und wie man weiter kommt. Mit der Erkenntnis Christi kommt auch die Erkenntnis der Sünde und die Erkenntnis der Gnade. Es ist wunderbar, wie viel sich um Christum herum reiht, und wie Paulus Recht hat zu sagen: In ihm liegenverborgen alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis. Die Bekanntschaft mit Christo ist aber ganz besonders der Eingang zum Frieden. Nicht unsre Empfindungen, nicht unsre eigene Frömmigkeit macht das Herz fest, nur die Botschaft: Gott war in Christe und versöhnte die Welt mit ihm selber und hat unter uns aufgerichtet das Wort von der Versöhnung. Unser Friede ist nicht in uns, sondern außer uns; Paulus zieht uns unter das Kreuz und sagt uns: Er ist unser Friede, sein gekreuzigter Leib. Haben wir den Frieden auf Golgatha gefunden, so werden wir ihn auch in uns finden und können loben mit allen begnadigten Seelen: Wir wissen, was wir anbeten. (Friedrich Lobstein)