Apostelgeschichte 24,25
Andachten
Da aber Paulus redete von der Gerechtigkeit, und von der Keuschheit, und von dem zukünftigen Gericht, erschrak Felix und antwortete: Gehe hin auf diesmal, wenn ich gelegene Zeit habe, will ich dich her lassen rufen!
Mit jedem Hinausschieben auf gelegenere Zeit verhärtet und verstockt der Mensch seinen Willen gegen den göttlichen Willen. Denn Gottes Wille ist: heute, heute, in diesem Augenblick, in jedem Augenblick, wo du hörst und siehst, dass du Buße tun musst! Es ist ein teuflischer Betrug unter dieser Rede: auf gelegene Zeit. O, lasst euch Augen, Ohren und Herzen erleuchten über diesen Betrug! Glaubt es dem Wort Gottes, wenn es sagt: Dieser Weltlauf liegt im Argen, der Satan hat eine Gewalt auch über die Zeit der Unbußfertigen. Sie bilden sich ein, sie hätten die Zeit in ihrer Gewalt. Es ist aber nicht wahr. Die Zeit verrinnt ihnen unter den Händen; sie bilden sich immer ein, sie könnten, wenn sie nur wollten, sie könnten an jedem Tag ihr Heil schaffen. Aber unter dieser Einbildung vergeht ein Tag nach dem anderen und das Heil ist nicht geschafft und die Todesstunde kommt und das Heil ist nicht geschafft. Kauft aus die Zeit, ruft das Wort Gottes. Das ist das: schickt euch in die Zeit. Kauft aus das „Heute!“ Bittet Ihn, dass es eurem Herzen zur Buße stets gelegene Zeit sein möge! Bittet und fleht zu Ihm, dass er das heute, heute, so ihr Seine Stimme Hört, so verstockt eure Herzen nicht“ - euch ins Herz drücke, dass ihr folgt, wenn es heißt: „Doch, sprich auch nicht, es ist noch Zeit, Ich muss der Welt Lust noch genießen; Gott wird ja eben nicht gleich heut Die offnen Gnadenpforten schließen! Nein! Weil Er ruft, so höre du Und greif' mit beiden Händen zu! Wer seiner Seele Heut verträumet, Der hat die Gnadenzeit versäumet, Ihm wird hernach nicht aufgetan: Heut' komm, heut nimmt dich JEsus an!“ Amen. (August Ferdinand Huhn)
Wenn ich gelegene Zeit habe
Als der Landpfleger Felix den Apostel Paulus von der Gerechtigkeit, der Keuschheit und dem zukünftigen Gericht reden hörte, erschrak er. Er bekam einen Eindruck von der Wahrheit, sein Gewissen wachte auf, und sagte: ja! zu der Apostels Predigt. Das war ein Augenblick, da er Leben oder Tod, Segen oder Fluch, Himmel oder Hölle wählen konnte. Aber er störte das Werk Gottes an seiner Seele, das ja mit der Furcht Gottes beginnt; er widerstrebte dem Heiligen Geist, der ihn strafte, und sprach zum Apostel: „Gehe hin auf dies Mal; wenn ich gelegene Zeit habe, will ich dich her rufen lassen“ (Apost. Gesch. 24,25.). Wie viele seiner Art hat dieser Felix, die, sobald die Wahrheit einmal einen Eindruck auf ihr Herz macht, dass sie ernst und nachdenkend werden, sogleich für das Mal genug haben; die geflissentlich alles anwenden, die auf das Eine, was not ist, gesammelten Gedanken wieder zu zerstreuen, und sich auch wohl einreden: das sei Uebertreibung, man mache es doch auch zu arg, dass man sie so unsanft berühre. Arme Menschen, macht es auch der Arzt zu arg, wenn er in das tödliche Geschwür schneidet und die Unreinigkeit ausdrückt, ehe er den Balsam hineinträufelt und die Wunde verbindet? Sagt ihr auch zu dem Arzt, wenn er den Schaden eben berührt hat, dass es euch schmerzt: „Gehe hin auf dies Mal?“ Und was ist das für eine Rede: „Wenn ich gelegenere Zeit habe, will ich dich her lassen rufen!“ Ist denn die Errettung der Seele eine Sache, die man auf gelegenere Zeit verschieben kann? Es heißt ja: Trachtet am Ersten nach dem Reiche Gottes und nach seiner Gerechtigkeit! Jetzt ist der Tag des Heils, jetzt ist die angenehme Zeit! Heute, so ihr seine Stimme hört, verstockt euer Herz nicht!„ Was gibt es denn Wichtigeres und Dringenderes für Menschen, deren Leben dahineilt, als flögen sie davon, die heute noch über dem Staub der vorangegangenen Geschlechter wandeln, und morgen selbst in des Todes Staub dahinsinken - als ihre Seligkeit zu schaffen mit Furcht und Zittern? Ist die Zeit der Jugend etwa nicht die gelegene Zeit - wo habt ihr eine Anweisung auf hohes Lebensalter? Sind die gesunden Tage euch nicht gelegen und wollt ihr warten, bis ihr krank werdet und die Not des Leibes den Geist ganz in das Fleisch hinunterzieht? Und ist denn das „wenn ich gelegenere Zeit habe, will ich dich her lassen rufen“ - so ganz in unserer Macht? Ist denn das, was wir jetzt verschmähen, weil es uns ungelegen ist, dann so nur herbeizurufen, wenn es uns gelegen ist? Liegt es denn an jemandes Wollen und Laufen, und nicht vielmehr an Gottes Erbarmen? Wann fand denn Felix die gelegenere Zeit? Er ließ zwar den Apostel noch oft herrufen und besprach sich mit ihm. Aber nicht, um von dem Glauben an Christum zu hören; er suchte bei dem Lehrer der himmlischen Gerechtigkeit nur zeitlichen Gewinn; - der unsaubere Geist war zu ihm zurückgekehrt, und hatte sieben andere Geister mit sich genommen, und war mit ihm ärger geworden als zuvor. Und nach zwei Jahren kam Portius Festus als Landpfleger an Felix Statt. Da war es für ihn mit dem „Herrufen lassen“ gar aus und vorbei. Er mag wohl an die gelegene Zeit in Cäsarien zurückgedacht haben. Wenn ihn sein Gewissen späterhin von der Gerechtigkeit und der Keuschheit und dem zukünftigen Gericht predigte und endlich der Tod ihm den Stachel der Sünde ins Herz stieß - da mag er geseufzt haben: „Jetzt wäre mir's gelegen; wenn ich dich doch jetzt könnte her lassen rufen!“ (Carl Philipp Johann Spitta)
Da aber Paulus redete von der Gerechtigkeit und von der Keuschheit und von dem zukünftigen Gericht, erschrak Felix und antwortete: Gehe hin auf diesmal; wenn ich gelegene Zeit habe, will ich dich her lassen rufen.
O trauriger Ausgang einer vielversprechenden Gnadenstunde! Felix entlässt den Apostel in Gnaden, ja er behält sich vor, ihn zu gelegener Zeit weiter zu hören. Aber was ist das anders als eine Ausflucht, womit er seine Flucht vor Gottes Wort zu verstecken, womit er den Apostel und sich selbst zu täuschen sucht. Wenn ich gelegene Zeit habe.“ Ja, so entschlüpft man auch heute noch so gern den Anfassungen des göttlichen Worts. Man wills nicht ganz abweisen, aber man wills auch fürs erste noch nicht Meister werden lassen. Wenn ich alt bin, denkt man, oder wenn ich des Lebens Lust genossen habe, oder wenn‘s zum Sterben geht, dann soll mir der Seelsorger willkommen sein, dann will ich das Wort Gottes gern ankommen lassen, dann will ich mich bekehren, dann will ich mich auf die Ewigkeit bereiten. Jetzt aber hab ich keine Zeit, jetzt nimmt die Welt, das Geschäft, die Gesellschaft, das Leben mich in Anspruch. Aber wie gehts? Die gelegene Zeit kommt immer nicht, und ehe sie kommt, gehts von der Zeit hinüber in die Ewigkeit. Aber wehe, wenn‘s dann zu spät ist, wehe wenn dann Gott unser leichtfertiges: „Gehe hin für diesmal!“ heimgibt mit seinem furchtbaren: „Geht hin, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer!“ „Wenn ich gelegene Zeit werde haben.“ Wir lesen nicht, dass sie dem Felix noch gekommen wäre, diese gelegene Zeit. - „Wenn ich gelegene Zeit werde haben.“ O täusche sich doch keiner mit dieser Ausflucht. Wann ist die gelegene Zeit zur Buße? Immer für den, der nur will, denn täglich und auf allerlei Weise ruft uns Gott zur Buße, durch äußere Führung und innere Rührung, und immer und in jedem Berufe kann der Mensch Zeit finden, auf Gottes Wort zu hören. Aber nimmer kommt die gelegene Zeit für den, der nicht will; wann Gott ihn auch rufen mag, nie ists dem Fleische gelegen, und wann er einst nach Gott rufen möchte in der letzten Not, dann kanns zu spät sein, dann kann er die Antwort bekommen: Ihr werdet mich suchen und nicht finden!“ (Joh. 8, 21.) Darum was noch heute kann gescheh'n, lass bis morgen nicht ansteh'n! Schmiedet das Eisen, weil es heiß ist! Das sind Regeln auch im geistlichen Leben. Jetzt ist die angenehme Zeit, jetzt ist der Tag des Heils. Heute, so ihr seine Stimme hört, so verstockt eure Herzen nicht! Es kann noch ein Morgen kommen, es können noch Jahre kommen, und doch die Gnadenstunde kommt vielleicht nie mehr so wie heute.
Besser ist kein Tag zur Buße, Mensch, für dich, als eben heut! Kehre wieder auf dem Fuße, Heut ist noch die Gnadenzeit. Morgen kommt vielleicht der Tod; Heut ist dir die Buße not. Heute lass dich noch erretten! Wirf von dir dein Übertreten! (Carl von Gerok)