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Lukas 9,36

Lukas 9,36

Andachten

Und indem solche Stimme geschah, fanden sie Jesum allein.
Entschwunden waren den Jüngern die verklärten Himmelsgestalten, entschwunden die ganze entzückende Gottesherrlichkeit - dunkle Wolken legten sich um den Gipfel des eben noch hellleuchtenden Tabor; entschwunden war auch bald ihre eigene Entzückung und hohe Begeisterung; der verklärte Christus war wieder in den schlichten, unscheinbaren Erdenpilger verwandelt. Er allein war geblieben, Ihn allein sahen sie, sonst Niemanden. Und dass wir Niemand sehen, als Jesum allein, dahin muss es, (wenn man solches Wort nur recht fasst,) mit jedem Christen kommen. Wir müssen es in seiner Erziehung allmählig lernen, dass Er allein es ist, der uns beseligen und befriedigen kann, und dass wir nur in Ihm Alles haben dürfen, wenn wir es ohne Schaden für unsere Seele haben wollen. Nur Wenige kommen zu dieser Erkenntnis anders als in schmerzlichen Wegen. Ach, wie manche glänzende Lebenshoffnung muss da zunichte werden, wie mancher feine zukunftsreiche Plan muss da, einem Kartenhaus gleich, zusammenbrechen, - wie manches frisch begonnene schöne Werk unvollendet bleiben, um unserer Ohnmacht willen; - wie müssen wir uns bitter täuschen in so manchen Menschen, auf deren Liebe und Treue wir Schlösser bauten, und wiederum wie unerbittlich wird oft die Gemeinschaft mit Denen zerrissen, ohne die uns das Leben eine Wüste zu sein scheint, wie schmerzlich ist es, innerlich erfahren zu müssen, dass alle Ehren, Freuden und Genüsse der Erde uns doch schließlich im innersten Grunde unseres Herzens arm und kalt lassen; am härtesten aber ist es zu erfahren, dass man mit allem eigenen Rennen und Laufen, mit aller eigenen Tugend, Bravheit und Gerechtigkeit auf den Sand geraten ist, das Alles, auf dass nichts und Niemand bleibe als - Jesus allein! Wohl dem Mann, der in dem allgemeinen Schiffbruch seine Hand gefunden hat, der wird dann in Ihm Alles wieder finden, was er je verlor und tausendmal mehr, sich selbst, seinen Gott, ewiges Leben und alle Kreatur im Stande der Verklärung.

Etlichen Menschen freilich ist es anders beschieden; sie brauchen nicht diesen Weg der äußeren Entblätterung zu gehen, wie oben angezeigt. Jahr um Jahr geht ihr Leben dahin über sonnige Höhen und alles Vornehmen ihrer Hand gelingt ihnen. Sie sind die Beneideten des menschlichen Geschlechts, aber sie sind auch die Gefährdetsten. Sie müssen am meisten darüber zittern, dass sie nicht, (ob auch in feiner Weise,) ihre Seele in den Elementen dieser Welt verlieren und des Einzigen, der uns ewig bleibt und ewig beglückt, entbehren zu können meinen. O du Glückskind, sage es dir täglich, dass du nach der Ewigkeit dürstest und dass Niemand die Güter der Ewigkeit dir spenden kann als Jesus allein; lass dich nicht verblenden durch den Glanz um dich her, - er wird schwinden, vielleicht entsetzlich bald, und er wird in Finsternis verwandelt werden. Einmal kommt die Stunde, wo dir Alles entfällt, was dir jetzt teuer ist, - dein Gut, Genuss, Besitz, Bildung, Verdienste, Ehren, Tugenden und Gerechtigkeit. Dann können auch die teuersten Menschen dein Lager nur ohnmächtig und seufzend umstehen; weiter können sie dann nichts. Nicht einmal verstehen, nicht einmal mit dir fühlen können sie dann, geschweige dir Hilfe bringen. Dann ist Nacht Alles um dich her, und du sinkst und sinkst; tiefer und tiefer und immer tiefer; o wie entsetzlich, wenn da Keiner ist, der Macht hat, dich, den Sinkenden, mit starker Hand zu fassen! Der Eine aber, der das kann, wer ist's? Keiner anders als Jesus allein. Selig, wer in der finstern Todesnacht die hehre Lichtgestalt des verklärten, holdseligen, allmächtigen Christus über die schwarzen Wasser schreiten sieht, Ihn auf sich zuschreiten sieht, mit ausgestreckter Liebeshand; - selig, wer dann durch den Glauben Macht hat anzuschauen Jesum allein; nicht anzuschauen Sünde und Satan, die dich verklagen, nicht anzuschauen die Hölle, die dich verschlingen will, nicht anzuschauen den Tod, der nach dir greift, nicht anzuschauen die Welt, die neben dir und unter dir in Trümmer fällt, - sondern einfältig und glaubensvoll anzuschauen Jesum allein.

Solcher Gnaden aber wird nur teilhaftig sein, wem jetzt schon alle Tage die Gemeinschaft mit dem unsichtbaren Jesus innigstes Bedürfnis ist. „Jesus über Alles, alles in Jesu, Alles mit Ihm und nichts ohne Ihn“, das sei unser Wahlspruch. So wird freilich unser zeitliches Leben nicht ohne ein unaufhörliches inneres Sterben sein, dafür aber wird dann auch unser äußeres Sterben nichts Anderes denn eine lichte Freudenpforte zum ewigen Leben.

Es ist noch eine Ruh' vorhanden!
Auf, müdes Herz, und werde licht
Du seufzest hier in deinen Banden,
Und deine Sonne scheinet nicht:
Sieh' auf das Lamm, das dich mit Freuden
Dort wird vor seinem Stuhle weiden!
Wirf hin die Last und eil' herzu!
Bald ist der heiße Kampf geendet,
Bald, bald der saure Lauf vollendet:
So gehst du ein zu deiner Ruh'. (Otto Funcke)

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nt/42/lukas_9_36.txt · Zuletzt geändert: von aj
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