Matthäus 26,37
Andachten
Und nahm zu sich Petrum und die zween Söhne Zebedäi.
Der Herr teilte die Jünger in zwei ungleiche Häuflein; die schwächeren und zahlreichern lässt er am Eingang des Hofes; die künftigen Säulen seiner Kirche, Petrus und die beiden Söhne Zebedäi, nimmt er tiefer mit sich in den Garten. Es sind dies dieselben drei, welche den Meister auf den Berg Thabor begleitet hatten und Zeugen seiner Verklärung gewesen waren. Die Jünger, die der Herr am höchsten hinauf führt, dieselben führt er auch am tiefsten hinunter, damit sie sich ihrer hohen Offenbarungen nicht überheben. Die schwächeren Jünger sind immer zahlreicher als die stärkeren, und der Herr weiß am Besten, wem er weniger Bitteres zuteilen muss, und wem er mehr einschenken kann. Würde der Herr seine auserwählten Jünger verschonen, so wäre ihr Reich mehr von dieser als von jener Welt, und dies liegt nicht in seinem Ratschluss. Wie es von ihm selber heißt, als von dem Her zog unserer Seligkeit, dass er durch Leiden des Todes gekrönt und vollkommen gemacht worden ist, so gibt es auch für die liebsten Jünger des Herrn keinen andern Weg, als den schmalen; hat der Herr eine Dornenkrone getragen, wollten wir uns auf Rosen betten? Aber man frage jene drei Jünger, ob sie die Stunden in Gethsemane dran gegeben hätten für die Genüsse und Reichtümer dieser Welt, und man wird gleich den Wert jener Leidensplätze schätzen lernen. Wer nicht in der nächsten Nähe des Herrn gerungen hat, der hat immer nur ein oberflächliches Christentum; die heiße Liebe zu ihm, der uns zuerst geliebt hat, findet man nicht am Eingang des Gartens, sondern im tieferen, dunkleren Heiligtume. (Friedrich Lobstein)
Und fing an zu trauern und zu zagen.
Es wird nie ein Menschenmund jenes Trauern und Zagen beschreiben können. Die Engel selber, die vom Himmel herab in jenen Seelenkampf des Herrn hineinschauten, werden eine Ewigkeit dazu brauchen, um ihn zu ergründen; was sollen wir von uns sagen? Aber etwas wenigstens davon können wir begreifen, ja, an uns selbst erfahren. Steigen wir in die Tiefe unsers eignen, von Gott losgerissenen Herzens, so fühlen wir auch gar oft ein Trauern und ein Zagen, eine unendliche Angst und Wehmut, wir dürfen unser Gewissen nur reden lassen. Aber auch an uns hat der Sohn Gottes gedacht in seinen Angststunden. Wo kein Menschenauge hineindringt, da ist seine Liebe siegreich hineingedrungen, und in Allem, was uns nun anklagt und foltert, überwinden wir weit um des willen, der uns geliebt hat. Trauern und Zagen, das ist's, was die Sünde uns eingebracht hat. In jedem Freudentaumel der Welt, ja auch in den unschuldigsten Genüssen, birgt auf dem Grunde sich ein Trauern; und ebenso in dem heldenmütigsten Gebärden steckt ein Zagen, das den Starken schwach macht, wenn seine Stunde kommt. Die Sünde bricht nicht immer hervor, wie die Molche und Drachen in den Meeresgründen nicht immer auf die Wasserfläche kommen; aber die Sünde ist und bleibt ein Fall, und es ist der Zustand, in den die Sünde uns gerissen hat, nicht die Werke der Sünde, welcher der Grund unsers Trauerns und Zagens ist. Um das Sündenverderben mit seinen Wurzeln auszureißen, ist der Sohn Gottes in Gethsemane eingetreten, hat dort all unser Zagen und Trauern auf sich genommen, und kann heut uns zurufen: Ihr habt nun Traurigkeit; aber ich will euch wieder sehen, und euer Herz soll sich freuen, und eure Freude soll niemand von euch nehmen. (Friedrich Lobstein)
Jesus nahm zu sich Petrum und die zwei Söhne des Zebedäus, und fing an zu trauern und zu zagen, und sprach zu ihnen: Meine Seele ist betrübt bis in den Tod.
Wir sind bei diesen Worten Zeugen des wunderbarsten Kampfes. Acht Jünger ließ Jesus an dem Eingange des Gartens Gethsemane zurück, mit dreien ging er weiter. Auch von diesen entfernte er sich eines Steinwurfs weit. Und was sehen wir nun? Er lag an der Erde und fing an zu zittern, zu zagen und zu klagen: „Meine Seele ist betrübt bis in den Tod.“ Er rang mit dem Tode, und sein Schweiß war wie Blutstropfen, die fielen zur Erde. Da könnte man wohl fragen: „Ist denn das derselbe, der gesagt hat: „Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, ob er gleich stürbe. Und wer da lebt und glaubt an mich, der wird nimmermehr sterben.““ Wenn dies ein Zittern und ein Zagen um sein eigen Leben wäre, so wäre er nicht derselbe. Es muss sich hier um etwas ganz Anderes, um das Höchste und Teuerste, um seine größte Aufgabe handeln. Nein auf seiner Seele lag die ganze Schuld unseres Geschlechts, die es scheiden konnte von der Seligkeit. Durch seine Seele bebte der ganze Sturm des Gerichts. Und dazu nahm der alte Feind noch einmal einen Anlauf. Er brachte die Frage in seine Seele: „Muss denn dieser Kampf gekämpft sein? Kann ich mich ihm nicht entziehen?“ Und in dem allem war er allein. Die Jünger, für die er mit kämpfte, lagen dort und schliefen. Und über das Alles breitete sich die Nacht.
Herr Jesus Christus, nie hat Jemand getragen wie du, denn auf dir hat die Schuld der ganzen Welt gelegen, und an deinem Kampfe hing das Heil aller Menschenkinder. Gegen dich haben sich alle Mächte der Finsternis aufgemacht, und die irdischen Mächte sind in ihren Dienst getreten. So ist nie ein Menschenkind angefochten worden und wird nie eins angefochten werden. Du hast allein gekämpft. Wir finden, wenn wir danach suchen, schon auf der Erde brüderliche Hilfe, und obenan haben wir dich, den Siegesfürsten, der du Keinen zu Schanden werden lässt, der dich demütig und gläubig anruft. Herr, stärke uns den Glauben, lehre uns den guten Kampf unter deiner Fahne kämpfen. Hilf uns gnädig durch, dass wir endlich gewinnen und den Sieg behalten. Amen. (Friedrich Ahlfeld)