Psalm 70,1
Andachten
Ist das nicht der wesentliche Inhalt der Bitte des bußfertigen Schächers? Wie beschämt er mich mit seiner Buße und mit seinem Glauben nach allen Stücken desselben! Wie hell ist seiner Erkenntnis von Dir, Herr Jesu, wie gewiss sein Beifall, wie zuversichtlich sein Vertrauen auf Dich! Und Du lässt ihn nicht nur keine Fehlbitte tun, sondern antwortest ihm so, wie er es gewiss nicht erwartete; denn Du versprichst ihm viel mehr als er von Dir gebeten. Wer Dein Herz noch nicht kennt, der mag nur auf Golgatha gehen und auf Dein Verhalten gegen Sünder Achtung geben, und auf Deine so süßen Worte. So oft Du Deinen Mund öffnest, so oft schüttest Du gleichsam Dein Herz mit den Worten aus. Wie froh bist Du, wenn Dich ein armer Sünder um etwas bittet! Wie wartest Du gleichsam mit Verlangen darauf, damit Du nur Deine Willigkeit ihm zu helfen beweisen kannst! Wie bittet man doch nie zu viel von Dir! Du gibst immer noch mehr; denn Dein Herz ist eine unerschöpfliche Segensquelle. Und weil oft einer schüchternen Seele Deine Antwort zu köstlich für sie dünkt: so bekräftigst Du ihr die teuersten Verheißungen mit einem Eidschwur und mit einem doppelten Wahrlich. - Je größer die Not, je mehr eilest Du mit Deiner Hilfe. Der Schächer hatte wenig Zeit zu leben, da er Dich um Dein Andenken in Deinem Reiche bat; darum eilest Du, die Verheißung an ihm zu erfüllen: „Ich will Dich nicht verlassen noch versäumen;“ Du versäumest ihn keinen Augenblick, sondern nimmst diesen Sünder als eine Kreuzesbeute mit ins Paradies. Ach, da sehe ich wohl, dass Du Dich nicht nur der Sünder nicht geschämt hast auf der Welt, sondern dass Du Dich ihrer auch im Himmel nicht schämest, ja, mit ihnen prangest als mit einer Siegesbeute. Du magst ohne errettete Sünder nicht im Himmel sein, auch nicht einmal hineingehen, ohne einen mitzunehmen; so sehr liebst Du ihre Gesellschaft. – Herr, ich bin auch ein Sünder, ein großer, todeswürdiger Sünder; ich muss auch schreien: „Herr, gedenke an mich;“ o erbarme Dich denn auch über mich und sei mir armen Sünder gnädig jetzt im Leben und dereinst in meinem Sterben. Amen. (Friedrich Arndt)