Titus 2,11
Andachten
Es ist erschienen die heilsame Gnade Gottes allen Menschen, und züchtigt uns, dass wir sollen verleugnen das ungöttliche Wesen und die weltlichen Lüste, und züchtig, gerecht und gottselig leben in dieser Welt.
In dem Kind zu Bethlehem ist uns die Gnade Gottes persönlich, leibhaftig erschienen. In diesem Kind sehen wir hinein in das Herz Gottes; in diesem Kind haben wir die Gnade Gottes als gewissen Besitz; in ihm haben wir Vergebung, Leben und Seligkeit. Aus dieses Kindes Augen leuchten Sonnenstrahlen des Trostes hinein in die dunkle Welt; dieses Kindes Hände halten die Fülle des Segens für Alle. O darum sei gesegnet du Himmelskind, in dir ist uns erschienen die Gnade Gottes! Ohne dich möchte ich nicht leben auf Erden! Denn was wäre diese Erde ohne Bethlehem, was wäre unser Leben, wenn nicht alle Jahre wieder Weihnachten käme! Aber nun ist erschienen die Gnade Gottes. Darum, erlöste Menschheit, rühme und preise und danke ewiglich. Denn es ist erschienen die Gnade Gottes allen Menschen. Auch dir. Bist du je erwärmt unter den Strahlen dieser Sonne? Ist dir in den zwanzig oder vierzig Christtagen, die du gefeiert, auch nur einmal schon ein recht voller Schein von dieser Weihnachtsgnade Gottes ins Herz gefallen? Oder bist du der heilsamen Gabe Gottes bisher fern geblieben, als wärst du dafür zu gerecht, oder zu verloren? O dann höre es doch heute, zu deiner Seligkeit: Es ist erschienen die heilsame Gnade Gottes allen Menschen. Und züchtigt uns, dass wir verleugnen das ungöttliche Wesen und die weltlichen Lüste. Dir ist erschienen die Gnade Gottes, du bist also nun nicht mehr ein Kind der Welt, sondern Gottes Kind. Darum lebe auch nicht mehr wie die Welt! Verleugne vielmehr das ungöttliche Wesen und die weltlichen Lüfte! Meide, fliehe sie, sie sind zu schlecht für dich. Gesegnet dies Weihnachtsfest, wenn du also heute irgend einer weltlichen Lust entsagen wolltest, wenn du fortan züchtig, gerecht und gottselig leben wolltest in dieser Welt. Lass das deinen Weihnachtsdank sein für Gottes große Gabe und Gnade. Großer Gott, wir beten an deine unendliche Liebe. Hilf uns, dass wir des Heils recht wahrnehmen, das du uns in deinem lieben Sohn schenkst. Heilige uns dir selbst zum Opfer dafür. Lass uns stets in deiner Liebe ruhen. Lass deine Gnade uns züchtigen, die Sünde zu hassen, die Welt zu verleugnen mit ihrer Lust, dir zu leben und zu sterben. Amen. (Adolf Clemen)
„Denn es ist erschienen die allen Menschen heilsame Gnade Gottes.“
Allen Menschen heilsam - d.h. ohne diese Gnade wird kein Mensch von seinem natürlichen Schaden geheilt, ohne diese Gnade geht jeder Mensch an sich selbst zugrunde. Man braucht nicht an grobe Laster zu denken - aber es steckt doch in einem jeden von uns schon viel erbliche Belastung von bösen Anlagen. Darum durfte die Gnade nicht verborgen bleiben, sondern musste erscheinen. Sonst ist manches von der Herrlichkeit und Schönheit Gottes verborgen, aber diese eine der Menschheit zugekehrte Seite hätte gar nicht wirken können, wenn sie vor aller Welt verborgen geblieben wäre. Nun ist es zu Weihnachten so deutlich geworden, was Gott vorhat, dass er seine Gnade als ein menschliches Kind unter uns hat geboren werden lassen, dass seine Gnade persönlich in unser Leben hineinkam, damit alle, die daran glauben, persönliche Hilfe erleben sollten. Heilsam, Gnade, erschienen - drei Gedanken zu einer Weihnachtsbetrachtung für dich! Denke jeden in seinen Wirkungen für dich selbst durch und bete darüber, dann wird's eine stille, gesegnete Feststunde für dich werden, und die alte Weihnachtsbescherung wird dir neuen Glanz und neue Freude bringen.
Wir danken dir, lieber Vater im Himmel, dass du dich unseres Elends so tiefgründig erbarmt hast und so viel Heilkraft in deine Gnade gelegt hast, die da Jesus heißt. Lass uns wieder aus seiner Fülle nehmen Gnade um Gnade. Amen. (Samuel Keller)
„(Die heilsame Gnade Gottes) züchtigt uns“
Merkwürdig: Gnade und Züchtigen in einem Atem genannt. Gnade vergibt, Gnade heilt, Gnade richtet auf, Gnade rettet - alles mögliche lässt sich mit ihr vereinen und von ihr aussagen; aber wie sollen wir das verstehen, dass sie züchtigt? Wer so fragt, hat wohl die Gnade noch nie erlebt. Solch eine volle, rettende Gnade, die alle alten Sünden verzeiht, als hätte man sie nie gehabt, noch getan, dass man sich ihr gegenüber vorkommt wie in einer mächtigen Liebeswelle, bringt die Eiskruste des Misstrauens gegen Gott zum Schmelzen und schafft ein neues Leben. Sie zieht uns in einen Liebesumgang mit Gott hinein, wo wir einfach außerstande sind, die alten Schlechtigkeiten gutzuheißen und listig zu verstecken. Sie entwaffnet uns und beschämt uns, sie überbietet alles, was wir uns hatten träumen lassen, und zwingt uns neue Entscheidungen und Entschlüsse ab. Wir können hinter solcher Hingabe Gottes in Christo nicht zurückbleiben. Er vertraut uns und glaubt an unsere Änderung: können wir solch einen großartigen Gott enttäuschen? Wir müssen mit der Erneuerung unseres Lebens Ernst machen, wie Gott Ernst machte mit der Tilgung der alten Schuld. Die Gnade wird unser weiser, starker Erzieher, dem wir gehorchen müssen.
Wir danken dir, Herr Jesus, dass du unsere persönliche Gnade geworden bist, dass du uns von innen heraus erneuerst und zu dir ziehst. Jetzt lass unser Mund und Leben dein Lob verkünden! Du bist es wert. Amen. (Samuel Keller)
Du lieber Vater im Himmel! Wir danken Dir von Herzensgrund, dass Du uns Deinen Sohn geschenkt hast. Wir waren in Nacht und Finsternis; nun ist Er unser Licht und unser Tag. Du gütiger und barmherziger Heiland hast nicht unsere Armut und Schuld angesehen, sondern allein Deine Barmherzigkeit. Du sahst uns im Blute liegen und sprachst, wir sollen leben. Nun leben wir durch Deine Liebe; nun sind wir wieder Deine Kinder! Du warst von dem Halleluja aller Engel umtönt und bist zu uns gekommen, um den Angstschrei unseres Gewissens und den Notschrei nach Hilfe zu hören. O HErr JEsu, Du gnadenreicher, Heiland, wie sollen wir Dich genugsam dafür preisen! (Adolf Stöcker)
Die heilsame Gnade züchtigt uns, dass wir warten auf die selige Hoffnung und Erscheinung der Herrlichkeit des großen Gottes und unsers Heilandes Jesu Christi.
Auf was wartest du, mein lieber Mensch? Vielleicht auf gute Tage in dieser Welt, die noch kommen sollen; vielleicht auf ein Ehrenamt, das dir noch zu Teil werden soll; vielleicht auf einen Reichtum, der dir noch zufallen soll? Wie aber, wenn dein Warten vergeblich wäre? Alsdann wärest du äußerst missvergnügt. Und wie, wenn dein Warten und Hoffen erfüllt würde? Alsdann wärest du auch missvergnügt; denn Salomo, der Alles bekam, was ein Mensch auf Erden begehren kann, sagt, es sei doch Alles Eitelkeit und Mühseligkeit gewesen, und unter der Sonne bleibe einem Menschen nichts übrig, oder er finde kein bleibendes Gut, Pred. 2,1.; ja, es habe ihn verdrossen zu leben, denn Alles, was unter der Sonne sei, habe ihm übel gefallen, weil es so gar eitel und Mühe sei, V. 17. Auf dieses Missvergnügen läuft alles Begehren und Warten derjenigen hinaus, welche unter der Sonne ihr höchstes Gut suchen; wie auch die Lebensläufe vieler Menschen, die sehr glücklich zu werden schienen, einen Jeden belehren können. Auf was sollst du also warten, mein lieber Christ, wenn das Wort Salomos Spr. 10,28. an dir erfüllt werden soll: das Warten der Gerechten wird Freude werden? Du sollst warten auf die selige Hoffnung, du sollst nämlich warten, dass die Hoffnung, welche an sich schon selig macht, und welche auf eine vollkommene Seligkeit gerichtet ist, an dir ganz erfüllt werde. Du sollst warten auf die Erscheinung der Herrlichkeit des großen Gottes und Heilandes Jesu Christi, welche dich unaussprechlich erquicken, und zu einer herrlichen und völlig vergnügten Kreatur machen kann. Auf dieses sollst du warten. Ist aber das Erwartete auch gewiss? Es ist an sich selbst gewiss, denn der wahrhaftige Gott, der nicht lügen kann, hat es verheißen. Es soll aber auch in Absicht auf dich selbst gewiss sein, damit du nicht vergeblich wartest, und bei deinem Warten zu Schanden werdest. Darum, mein Lieber, weil du darauf warten sollest, so tue Fleiß, dass du vor dem HErrn unbefleckt und im Frieden erfunden werdest, 2 Petr. 3,14. Zu diesem Ende soll dich die allen Menschen in Christo erschienene heilsame Gnade züchtigen, das ist anleiten und anweisen, dass du verleugnest das ungöttliche Wesen und die weltlichen Lüste, und züchtig, gerecht und gottselig lebst in dieser Welt. Diese Welt ist aber eine böse Welt. So überwinde sie denn durch den Glauben. Wie aber, wenn ich bei einem solchen Leben in dieser Welt überall zurückstehen und Schaden und Schmach leiden muss? Alsdann tröste dich mit jener Hoffnung und Erscheinung. Wenn jene Hoffnung erfüllt werden, und jene Erscheinung geschehen wird, so wirst du viel reicher, vornehmer, herrlicher und vergnügter werden, als du in dieser Welt bei einer königlichen Würde geworden wärest. Dieses Warten währt aber solange? Was sagt aber die Schrift Hab. 2,3.4.? Die Weissagung wird noch erfüllt werden zu seiner Zeit, und wird endlich frei an den Tag kommen, und nicht außen bleiben. Ob sie aber verzeucht, so harre ihr, sie wird gewiss kommen, und nicht verziehen. Siehe, wer halsstarrig ist, wird keine Ruhe in seiner Seele haben; denn der Gerechte lebt seines Glaubens. (Magnus Friedrich Roos)