Klagelieder 3,22
Andachten
Die Güte des Herrn ist, dass wir nicht gar aus sind; seine Barmherzigkeit hat noch kein Ende, sondern sie ist alle Morgen neu, und deine Treue ist groß.
Klagelieder 3,22.23
Diesen Lobgesang hat Jeremias angestimmt, da er auf den zerstörten Mauern Jerusalems saß und das Volk des Herrn in das Gefängnis nach Babel geführt war. Das ist ein köstlich Ding, dem Herrn danken können, auch dann, wenn er seine schwere Hand auf uns legt. Wer das kann, ist geschickt zum Himmelreich. Wir können es alle sehr schlecht, aber der Herr will uns darin üben.
Ach, wie gut, dass wir ein Lied von der Barmherzigkeit singen dürfen, die kein Ende nimmt, und von der großen Treue unseres Gottes! Wenn man es lernt, was im dritten Kapitel Vers 39 der Klagelieder der Prophet Jeremias uns zu lernen aufgibt: „Ein jeglicher murre wider seine Sünde,“ wenn in allem Schweren und Demütigenden, das Gott zulässt, ein jedes nicht nur fremde Sünde, sondern vor allem die eigene Sünde, den Mangel an Treue im Wachen und Beten, den Mangel auch in der Fürbitte für andere erkennt - das ist Segen, auch in Demütigungen.
Gottes Treue ist groß, groß in der Wachsamkeit über uns, dass wir nur nicht auf ewig verloren gehen möchten. Groß ist seine Treue im Demütigen, damit das Schrecklichste nur nicht über uns komme, die geistliche Hoffart, die sicher zur Verdammnis führt. Groß ist seine Treue aber auch im Mäßigen der uns auferlegten Züchtigungen und Versuchungen. Er macht, dass alle Versuchung und Anfechtung solch ein Ende gewinne, dass wir nicht darunter zu erliegen brauchen. Groß ist die Treue Gottes in allen Führungen unseres Lebens, in Gesundheit und Krankheit, in Lieben und Leiden, bei Tag und bei Nacht. Er ist besonders treu in seinem Wort. Darauf kann man sich verlassen, ganz unbedingt. „Sein Wort ist wahrhaftig, und was er zusagt, das hält er gewiss.“
Der großen Treue Gottes gegenüber steht unsere große Untreue im Großen und Kleinen, im Wachen und Beten, im Kämpfen und Streiten. Ach ja, wir sind untreu in dem, was wir tun, noch untreuer in dem, was wir nicht tun und doch tun sollten. Wo sollten wir hin mit unserer Rechnung? - Zur Barmherzigkeit Gottes. Sie hat noch kein Ende, und seine Treue ist groß. Nur wer sich an diese Treue auch im Vergeben der Sünden hält, der wird treu sein. Paulus sagt, er habe Barmherzigkeit erlangt, treu zu sein, und dann wieder: „Nachdem uns Barmherzigkeit widerfahren ist, so werden wir nicht müde“. Gottes unermüdliche Barmherzigkeit macht treu; wenn man von ihr täglich lebt, so gibts Kraft zu allem, was Schweres zu tragen ist. (Friedrich von Bodelschwingh)
Jerusalem war von Nebukadnezar zerstört, das Volk größtenteils gefangen geführt, und nur ein kleiner Teil saß auf den Trümmern, im Lande zerstreut. Unter ihnen stand der trauernde Knecht Gottes Jeremia und sprach obige Worte. So konnte nur ein demütiger Mann reden, der sich vollständig unter das Gericht Gottes über sein Volk beugte. In dem Übriggebliebenen stand ihm Gottes Güte, Barmherzigkeit und Treue vor Augen. Völlige Beugung unter Gottes züchtigende Hand erleichtert Vieles. Warum stehen Manche so gar gedrückt und mutlos da? Es fehlt ihnen an gründlicher Beugung vor Gott, an Erkenntnis ihrer Schuld; deshalb kommt es ihnen vor, als habe es der Herr zu arg gemacht. Sie sehen nur auf das, was er ihnen genommen, nicht auf das, was er ihnen noch gelassen hat. Rechten wir doch nie mit unserem Gott, sondern seien wir recht demütig, besonders in Tagen der Heimsuchung. Er geht immer weiter in seiner Güte, als wir es verdienen. Von besonderer Wichtigkeit ist es, dass wir in schweren Zeiten den Halt nie fahren lassen, sondern „alle Morgen“ uns wieder aufrichten an Gottes Barmherzigkeit und Treue. Wer das versäumt, kommt leicht auf bedenkliche Weise unter die Macht der Finsternis. Gottes Erbarmen und Treue über Israel konnte kein Ende haben, weil sein Bund, mit Abraham gemacht, fest stand und in Christo der volle Segen kam. Sollte es in unseren Tagen da und dort so traurig aussehen, als zur Zeit Jeremias, und scheinen, als sei fast Alles verwüstet, so dürfen wir den Mut doch nicht aufgeben. Der Herr wird wieder kommen, seine Treue ist unabänderlich, und mit ihm kommt dann volle Hilfe für sein Volk. Des trösten wir uns und sind dankbar.
Herr, ich will es bekennen zu Deinem Ruhm, dass Du auch mit mir es immer schonend gemacht. Ich bin nicht wert aller Barmherzigkeit und Treue, die Du mir erwiesen hast. Lass Deine Güte auch ferner über mir walten! Amen. (Elias Schrenk)