Psalm 126,5
Andachten
„Die mit Tränen säen, werden mit Freuden ernten.“
Zeiten des Weinens sind geeignet zum Säen: wir wollen den Boden nicht zu trocken haben. Same, der in den Tränen ernster Sorge eingeweicht ist, wird um so eher aussprießen. Das Salz der Gebetstränen wird dem guten Samen eine Würze geben, die es vor dem Wurm bewahrt. Wahrheit, die in fruchtbarem Ernst gesprochen wird, hat ein doppeltes Leben in sich. Statt mit dem Säen innezuhalten um unsres Weinens willen, wollen wir unsre Anstrengungen verdoppeln, weil die Zeit eine so günstige ist.
Unser himmlischer Same könnte angemessenerweise nicht lachend gesät werden. Dieser Schmerz und Bangigkeit um die Seelen andrer sind eine viel passendere Begleitung für das Lehren göttlicher Dinge, als irgend etwas, das dem Leichtsinn gleicht. Wir haben von Männern gehört, die mit einem leichten Herzen in den Krieg zogen, aber sie wurden geschlagen; und es ist meistens so mit denen, welche in ähnlicher Weise säen.
Komm denn, mein Herz, arbeite weiter in deinen Tränen, denn du hast die Verheißung einer frohen Ernte. Du sollst ernten. Du, du selber, sollst einigen Erfolg deiner Arbeit sehen. In so großem Maße sollst du dies, dass du dich freuen wirst, und über eine armselige, verdorrte und kärgliche Ernte würdest du dies nicht können. Wenn deine Augen trübe von silbernen Tränen sind, so denke an das goldene Korn. Ertrage freudig die gegenwärtige Mühe und Enttäuschung; denn der Erntetag wird dich völlig belohnen. (Charles Haddon Spurgeon)
Die mit Tränen säen, werden mit Freuden ernten. Sie gehen hin und weinen, und tragen edlen Samen, und kommen mit Freuden, und bringen ihre Garben.
Niemand nimmt die teure Erlösung Christi zu Herzen, es wirkt auch Christi Blut bei niemandem, ohne der mit Tränen sät. Mit Tränen säen aber heißt: Seine Sünden herzlich bereuen, nach Christo und der Vergebung der Sünden ein herzliches Verlangen haben, wie David, Petrus und Maria Magdalena bitterlich weinen, und sich des Verdienstes Christi von Herzen getrösten, so wird er gewisslich erfreut werden. Ja, mit Tränen säen heißt, das Kreuz Christi auf sich nehmen und Ihm nachfolgen im Glauben, Bekenntnis, heiligem Leben und in Christi Fußstapfen wandeln, und sich darüber verachten, verspotten und verschmähen - hassen und verfolgen, ja endlich um des Namens Christi willen töten und erwürgen lassen, und das alles mit Geduld leiden, so wird er gewiss mit den heiligen Märtyrern mit Tränen säen. Und zeigt der heilige Geist mit diesem tröstlichen Gleichnisse an, dass in unserm Kreuz und Tränen verborgen liege der Samen der künftigen Herrlichkeit. Denn gleichwie der ausgestreute Samen eines Ackermanns eine Ursache der künftigen Freude und Ernte ist; also wird ein Tränen-Sämlein eines Christen viel Freuden Früchte bringen, da soll es dann heißen: Selig sind, die da Leid tragen, denn sie sollen getröstet werden.
Gottes Kinder säen zwar traurig und mit Tränen, aber endlich bringt das Jahr, wonach sie sich sehnen; denn es kommt die Erntezeit, da sie Garben machen, da wird all ihr Gram und Leid lauter Freud und Lachen. (Johann Arnd)
Die mit Tränen säen, werden mit Freuden ernten.
Wie der Baum nur in der dunklen Tiefe der Erde, so kann auch das Leben aus Gott nur in den dunklen Tiefen der Anfechtung in dir wurzeln und reifen. Du bist als Christ geboren und unterwiesen in der christlichen Wahrheit. Nun meinst du, du hättest das rechte Christentum, und hast es doch nicht. Da führt dich Gott in Not und Trübsal. Erst jetzt merkst du, dass du noch nicht beten kannst, dass dein Glaube noch nicht der Sieg ist, der die Welt überwindet. Dein Herz ist noch das alte, noch nicht wiedergeboren. Wenn dann aber unter den Tränen der Buße in dir der alte Mensch gestorben und der neue Mensch geboren ist, dann wirst du's an dem Frieden, der das neue Leben begleitet, aufs Seligste inne: Die mit Tränen säen, werden mit Freuden ernten.
Aber wie die Geburt, so kann auch das Wachstum des neuen Menschen nur geschehen unter tausend Schmerzen. Du hast den Herrn gefunden, du fühlst dich so selig in seiner Gnade: „Wenn ich dich nur habe, frage ich nichts nach Himmel und Erde.“ Aber fühltest du also in allen Stunden seine Nähe, so liefest du Gefahr, dich zu überheben. Darum entzieht er sich dir zu Zeiten. Er schickt dir Zeiten innerer Anfechtung und Zweifel, Zeiten innerer Dede, da es dir ist, als hättest du ihn wieder verloren. Da sollst du lernen, nicht sehen und doch glauben. Du sollst vor Allem lernen, auf Gottes Wort allein dich verlassen und dich daran halten. So ist das die Ordnung für alle Kinder Gottes: Aus Tränensaat die Freudenernte, aus der Tiefe in die Höhe, durch das Miserere zum Hallelujah. Nun, Herr, so will ich mich nicht länger wehren und sträuben, wenn du auch mich diesen Weg führst. Um das Eine nur bitte ich dich: Wenn ich leide und das Kreuz trage, lass es nicht vergebens fein an meiner Seele. Sondern erfülle es an mir: Durch Tränensaat zur Freudenernte; ja zur ewigen Freudenernte, droben bei dir! (Adolf Clemen)
Die mit Tränen säen, werden mit Freuden ernten. Sie gehen hin und weinen und tragen edlen Samen, und kommen mit Freuden und bringen ihre Gaben.
Psalm 126, 5. 6.
Das hat sich einst an jenem armen Häuflein der Kinder Israel zu Jerusalem groß und herrlich erfüllt. Es kam der Tag, wo der Tempel Gottes wieder in ihrer Mitte stand und die Mauern aufgerichtet waren um ihre Stadt. Da hielten sie die Einweihung des Hauses Gottes mit Freuden. Da opferten sie die Dankopfer und sangen die Loblieder zu Ehren des Gottes, der sie fröhlich gemacht und seine Barmherzigkeit und Herrlichkeit aufs neue unter ihnen offenbart hatte. Die Verheißung des Psalms wird sich auch an uns erfüllen. Aber wir müssen mit Tränen säen, damit wir auch dereinst mit Freuden ernten. Die Tränen sind hier nicht die Saat, welche gesät wird. Es heißt nicht: die da Tränen säen, sondern: die mit Tränen säen, werden mit Freuden ernten. Man hat dieses Wort Gottes oft ganz falsch gedeutet und angewendet. Es gibt Christenleute, welche meinen, durch einige Tränen der Rührung, die sie hier oder da im Gottesdienste weinen, ihre Seligkeit zu schaffen. Es gibt Christenleute, welche meinen, dass die Tränen der weltlichen Traurigkeit, die sie in ihrer Trübsal weinen, ihnen Anspruch und Recht geben auf die zukünftige Herrlichkeit. Das ist ein großer und gefährlicher Irrtum. Unsere Tränen tun es noch lange nicht. Wenn die Leute dort zu Jerusalem nur Tränen geweint hätten, wahrlich, ihr Tempel wäre nicht zu Stande gekommen, und die Mauern zu Jerusalem wären nimmermehr fertig geworden. Aber mit der einen Hand bauten sie, mit der andern hielten sie die Waffen. Ihr Fleiß und Eifer, womit sie an das Werk gingen, das ihnen befohlen war, ihr Glaube, womit sie sich auf die Gnade und Hilfe des Herrn verließen, und die Gebete, die täglich aus ihrem Herzen zu ihm hinaufstiegen: das war die Saat, die sie ausstreuten und mit ihren Tränen benetzten. Das war der edle Same, den sie weinend trugen, und der ihnen hernach die Freudengarben einbrachte. Und welches ist die Saat, die wir ausstreuen sollen? Die heiligen Gedanken, die unser Herz bewegen, die heiligen Worte, die wir reden, die heiligen Werke, die wir in unserm Stande und Berufe zu unserm Heil, zum Wohlergehen unserer Brüder, in der Furcht und Liebe Gottes und zu seiner Ehre verrichten: das ist der edle Same, den wir tragen und ausstreuen sollen. Diesen Samen sollen wir mit unsern Tränen benetzen: mit den Tränen der Buße, dass wir noch lange nicht genug getan und so manches schlecht gemacht haben, mit den Tränen des Schmerzes darüber, dass wir nicht mehr tun können, mit den Tränen der Liebe und des Mitleidens über das Elend unserer Brüder, mit den Tränen der Sehnsucht und des Verlangens nach der himmlischen Heimat. Dann wird alles, was wir denken, reden und tun, in der Furcht Gottes und in der Liebe der Menschen geschehen. Wenn dann auch unsere Arbeit manchmal vergeblich oder kümmerlich erscheint, wenn wir dann auch oft verspottet und verachtet werden, ja, wenn wir selber mit uns unzufrieden sind, so wollen wir deshalb nicht verzagen. Wenn es nur edler Same ist, den wir ausgestreut haben, wenn wir es nur an unserm Gebet und an unsern Tränen nicht fehlen haben Lassen, so wird die Freudenernte nicht ausbleiben. (Friedrich Ziethe.)