Psalm 39,1
Andachten
Deine Pilger sind wir, o Gott! Du willst es, und hast es also geordnet, dass die Dinge um uns her sich in unaufhörlichem Wechsel bewegen, dass auch in unserm Innern Gefühle, Gedanken und Entwürfe vorüberrauschen, und dass der Tod, die größte aller Veränderungen, die Reihe derselben beschließe. Aber Du hast uns nicht dem Gefühl dieser Vergänglichkeit, nicht der niederschlagenden Trauer, nicht der Verachtung des Lebens, die daraus hervorgehen müssten, überlassen. Offenbart hast Du uns das ewig Bestehende, nämlich Dich selbst und die Ratschlüsse Deiner Liebe und Weisheit. Berufen hast Du uns zu einem Streben, das Jugend und Alter, Zeit und Ewigkeit verbindet, und das, weil es auf die Ähnlichkeit mit Dir, dem unendlich Vollkommenen, gerichtet ist, auch niemals aufhören kann. und empfangen soll uns dereinst, wenn wir hier nach Heiligung rangen, die Gemeinschaft mit Dir, heiliger Vater, und Deine ewige Stadt, die auf einem unwandelbaren Grunde erbauet ist. So sind wir denn auch Deine Bürger, sind es schon jetzt, sobald wir das Unvergängliche, wie Du uns dazu aufforderst, ergreifen. Gib denn, o Gott, dass wir stets Dich vor Augen haben, Dich, den Unvergänglichen, wenn Alles verschwindet, Dich, den Unwandelbaren, wenn die Bewegung der irdischen Dinge uns fortreißt. Gib, dass wir jagen nach dem vorgesteckten Ziel, nach dem Kleinode, welches uns vorhält Deine himmlische Berufung in Christo Jesu. Und stärke uns Pilger, wenn wir ermüden, durch das Vorgefühl unsers Bürgerrechts in Deiner herrlichen Stadt, wo der Baum des Lebens ewig grünet und unvergängliche Früchte trägt.
Da will ich immer wohnen,
Und nicht nur als ein Gast,
Bei denen, die mit Kronen
Du ausgeschmücket hast.
Da will ich herrlich singen
Von Deinem großen Tun,
Und frei von schnöden Dingen
In meinem Erbteil ruhn. Amen.
(Friedrich Arndt)
Auslegungen
1. Ein Psalm Davids, vorzusingen für Jedutun. 2. Ich habe mir vorgesetzt, ich will mich hüten, dass ich nicht sündige mit meiner Zunge. Ich will meinen Mund zäumen, weil ich muss den Gottlosen so vor mir sehen. 3. Ich bin verstummt und still, und schweige der Freuden, und muss mein Leid in mich fressen. 4. Mein Herz ist entbrannt im meinem Leib, und wenn ich daran gedenke, werde ich entzündet; ich rede mit meiner Zunge. 5. Aber, HErr, lehre doch mich, dass es ein Ende mit mir haben muss, und mein Leben ein Ziel hat, und ich das von muss. 6. Siehe, meine Tage sind einer Hand breit bei dir, und mein Leben ist wie nichts vor dir. Wie gar nichts sind alle Menschen, die doch so sicher leben! Sela. 7. Sie gehen das her wie ein Schemen, und machen ihnen viel vergebliche Unruhe; sie sammeln, und wissen nicht, wer es kriegen wird. 8. Nun, HErr, wes soll ich mich trösten? Ich hoffe auf dich. 9. Errette mich von aller meiner Sünde, und lass mich nicht den Narren ein Spott werden. 10. Ich will schweigen, und meinen Mund nicht auftun; Du wirst es wohl machen. 11. Wende deine Plage von mir; denn ich bin verschmachtet von der Strafe deiner Han Sela. 13. Höre mein Gebet, HErr, und vernimm mein Schreien, und schweige nicht über meinen Tränen; denn ich bin beides dein Pilgrim, und dein Bürger, wie alle meine Väter. 14. Lass ab von mir, dass ich mich erquicke, ehe denn ich hinfahre, und nicht mehr hier sei.
Der 39. Psalm heißt 1) in seiner Überschrift: Ein Psalm Davids, vorzusingen für Jedutun. So lange die Hand GOttes schwer über David war, so konnte er nach dem vorigen Psalm auch gegen den Menschen sein, wie ein Stummer und Tauber, wie einer, der keine Widerrede in seinem Munde hat. Aber außer dem wurde es ihm schwer, seine Zunge allezeit so zu bezähmen, wie er sichs vorgenommen hatte. Und dies Unvermögen, genugsam an sich zu halten, beklagt er in diesem Psalm, und sucht sich durch Betrachtung des Todes und das Angedenken an seine Sünden und die darauf folgenden göttlichen Züchtigungen so zu fassen, dass er seine Zunge schweigen, und immer gelassener seinem GOtt heimfallen könnte. 2) Bekennt David, wie er sich zwar vorgenommen, seinen Mund zu bezähmen, aber es nicht gehalten habe, weil die Empfindlichkeit im Innern noch zu groß gewesen, deswegen er sich mit demütigem Flehen zu GOtt wendet, V. 2-6. 3) David lässt sich tiefer ein in die Betrachtung der Eitelkeit aller menschlichen Dinge, macht sich von aller betrüglichen Hoffnung darauf los, bekennt, wie viel Ursache er habe, sich vor GOtt zu demütigen, und erneuert also unter Flehen zu GOtt seinen ersten Vorsatz, zu schweigen, V. 7-12. Endlich hält David noch einmal an um die Erhörung seines Gebets und dass ihn doch GOtt noch zur Ruhe bringen wolle, ehe er gar dahin fahre, V. 13. 14. Hast du auch schon an dir erfahren, dass das äußere Bezähmen des Mundes nicht die rechte Wirkung hat, so lange der innere Schmerz und deine Empfindlichkeit nicht durch völlige Verleugnung abgetötet ist; so gehe doch auch mit David in die gute Schule, und lerne dich unter allen Leiden für schuldig erkennen, und dich selbst verschmähen, so wirst du bald erfahren, wie die Ruhe so groß ist, die da fließt aus stillem Geist.
Am Ende vergeht dem Menschen aller Zorn; daher ist es heilsam, jetzt schon sein Ende zu Herzen zu nehmen, und unter Erkenntnis desselben den Zorn zu dämpfen. V. 5. (Karl Heinrich Rieger)