Psalm 110,1
Andachten
Luther nannte diesen Psalm den rechten, hohen Hauptpsalm von unserm lieben Herrn Jesu Christo. Jesus selbst gibt ihm das Zeugnis, dass er im heiligen Geiste gesungen sei, und er wird im neuen Testament häufiger angeführt oder klingt durch als irgend eine andere Stelle des alten Testaments. (Die alte Kirche sang diesen Psalm an allen Festtagen, Weihnachten, Ostern, Himmelfahrt und Pfingsten. Cassiodor nennt ihn die Sonne unseres Glaubens, einen Spiegel des himmlischen Geheimnisses, eine Rüstkammer der h. Schrift. Er ist kurz in Worten, aber groß durch das Gewicht seiner Gedanken, weshalb Chrysostomus sagt, dass wir viele Augen haben müssen, ihn recht zu lesen und genau zu verstehen.) David besingt in demselben den Sieg des Messias als eines priesterlichen Königs, der beide Gewalten, die des Priesters und des Königs, in sich vereinigt. Er sieht Ihn zur Rechten des Herrn, als Genossen der Macht und Herrschaft des Allmächtigen, der darum mit seinen Feinden leichtes Spiel haben wird. Er erblickt zugleich ein heiliges Volk Ihm von oben geschenkt, das sich dem Herrn willig opfert, dem der Sieg nicht fehlen kann. Er schaut zuletzt Gott den Herrn, wie Er zur Rechten seines Gesalbten kämpft und alle Widerstrebenden überwindet, wie der Gesalbte Gottes weithin unter den Heiden seine Siege verbreitet, und ohne Rast und Aufenthalt kämpft und sein Haupt kühn erhebt, gleich dem rechten Helden, der unverwöhnt und ohne sich aufhalten zu lassen, vom Bache am Wege trinkt. – Was hier David prophetischen Geistes schaut, ist vom Himmelfahrtstage an erfüllt worden und erfüllt sich fortwährend bis ans Ende der Tage. Wir haben in Christo einen solchen König, der der Herr zu Gottes Rechten, und also ewig, allmächtig, allwissend, allgegenwärtig, gerecht und heilig, zugleich aber von großer Güte und Treue ist; und zugleich einen Hohenpriester in Ewigkeit, auf dessen vollgültiges Opfer, kräftige Fürbitte und reichen Segen wir im Glauben uns allezeit verlassen dürfen. Mangelt’s uns je an irgend einer Gabe: der Vater weiset uns mit höchster Beteuerung selbst zu seinem Sohne, dem Segensmann, der Alles in Händen hat und uns immer mehr Licht, Gnade, Kraft und Heil kann mitteilen aus seiner unendlichen Gottesfülle. Mögen wir nur Sein rechtes Volk sein und bleiben immerdar! Amen. (Friedrich Arndt)
Der HErr sprach zu meinem HErrn: setze Dich zu Meiner Rechten.
Es war eine große Herablassung der göttlichen Liebe, dass den Menschen zuweilen geoffenbart wurde, was in der heiligen Dreieinigkeit eine göttliche Person zu der andern sprach. Die Worte: setze Dich zu Meiner Rechten usw. sind Worte, die Gott der Vater zu dem Messias Seinem Sohn spricht. Ps. 2,7.8.9. redet der Sohn Gottes selber, und führt die Worte an, die der Vater zu Ihm gesprochen habe; und eben dieses tut Er auch Jes. 49,6.8. Reden des Sohnes Gottes mit Seinem himmlischen Vater kommen Ps. 22.10.69.109. Zach. 1,12. Matth. 11,25.26. Joh. 17. Luk. 23,34.46. vor. Hingegen ist dasjenige, was Ps. 110,2-7. steht, und wo der Redende sich sowohl von dem Vater als von dem Sohn unterscheidet, und Anderes von dieser Art, eine Rede, worin sich der Heilige Geist als eine besondere göttliche Person geoffenbart hat. Die Worte des Vaters: setze Dich zu Meiner Rechten, kann man als eine Antwort auf das Begehren des Sohnes ansehen, der Joh. 17,5. zu Ihm sagte: verherrliche Du Mich bei Dir selbst mit der Herrlichkeit, die Ich bei Dir hatte, ehe die Welt war, denn zur Rechten des Vaters sitzen, heißt so bei dem Vater sein, wie das wesentliche Wort bei Gott war, ehe die Welt gewesen war. Und welch’ eine Herrlichkeit kann größer sein, als die Herrlichkeit desjenigen, der sich setzen darf zur Rechten der Majestät in der Höhe, Hebr. 1,3., oder zur Rechten auf dem Stuhl der Majestät im Himmel, Hebr. 8,1., oder zur rechten Hand Gottes Mark. 16,19.? Wer so weit erhöht ist, ist so hoch als der Vater, ist ein so großer König, als der Vater auf Seinem Stuhl oder Thron ist; seine Majestät ist der Majestät des Vaters gleich. Er hat also eine göttliche Herrlichkeit, wie die Herrlichkeit war, die das wesentliche Wort schon vor der Schöpfung bei Gott gehabt hat. Man kann ferner die Worte des Vaters: setze Dich zu Meiner Rechten als eine Antwort ansehen auf das Heischen des Sohnes, welches der Vater selber von Ihm begehrt hatte, da Er Ps. 2,8 zu Ihm sprach: heische von Mir, so will Ich Dir die Heiden zum Erbe geben, und der Welt Ende zum Eigentum; auch kann man eine Erklärung derselben Matth. 28,18. Phil. 2,9.10.11. finden. Man kann aber auch das Sitzen Jesu Christi zur Rechten als einen Gegensatz gegen den Stand Seiner Erniedrigung betrachten. In diesem Stand war Er ein Pilgrim, Er arbeitete, ER kämpfte, Er diente. Nun sitzt Er aber, nun ruht Er, nun herrscht Er über Alles, nun hat Er Freude die Fülle.
David nennt in diesen Worten den Messias, der sonst auch sein Sohn hieß, seinen HErrn, und freilich ist der Messias, ungeachtet der Abstammung von ihm, sein und aller Geschöpfe HErr, weil Er nicht nur wahrhaftiger Gott und der Schöpfer aller Dinge ist, sondern weil Er auch als Menschensohn von Mutterleibe an die höchste Würde, und das Recht, über Alles zu herrschen, hatte, durch das Sitzen zur Rechten Gottes aber zum völligen Genuss dieser Würde und zur völligen Ausübung Seines Rechts nach dem Wohlgefallen Seines Vaters gelangt ist. Er ist auch mein HErr. Ich bete Ihn an, und bin gern Sein Untertan und Sein Eigentum. Unter allen Dingen, die der Vater unter Seine Füße getan oder geordnet hat (Eph. 1,22.), will ich auch gerne sein. Er bewahre mich aber selber, dass ich nie zum Schemel Seiner Füße oder unter Seine Füße gelegt werde, denn dieses ist nur das Los Seiner Feinde, Ps. 110,1. 1 Kor. 15,25. Es müsse auch in unsern Tagen geschehen, was der Heilige Geist V. 3. gesagt hat: nach Deinem Sieg wird Dir Dein Volk williglich opfern im heiligen Schmuck; Deine Kinder werden Dir geboren, wie der Tau aus der Morgenröte. (Magnus Friedrich Roos)