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Psalm 103,15

Psalm 103,15

Andachten

Der Mensch blühet wie die Blume auf dem Felde; wenn der Wind darüber gehet, so ist sie dahin und ihre Stätte kennet man nicht mehr.
So ist's mit Allem, was die Erde erzeugt; so ist's mit dem Jahre, das nun bald ins Grab der Zeit 'hinabgestiegen sein wird. Wohl empfinden wir noch eine Zeit lang die Eindrücke, die es auf unser Gemüt gemacht, die Veränderungen, die es in unserem Leben hervorgebracht, die glücklichen Tage, mit welchen es uns erfreut, die Wunden, die es unserem Herzen geschlagen hat. Aber bald ist es vergessen mit all seinen Freuden und Leiden, mit all seinen guten und bösen Tagen, mit all seinen Frühlingsmorgen und Winterstürmen. So lässt der Nachen in der Flut, die er durchschifft, wohl Furchen zurück, aber bald glätten sich diese auf der ebenen Fläche und man sieht den Weg nicht mehr, den er wandelte. Wenn ein Geliebter von uns schied, bleibt uns wohl noch manches Denkmal seines Lebens und seiner Liebe zurück; aber er selbst kehret nicht wieder.

So gehet das Jahr in seinem rauschenden Fluge zu Ende, und mit der letzten Stunde des letzten Tage ist es für uns unwiederbringlich dahin. Ach, es liegt ein geheimes Grauen in dem Gedanken, dass ein köstliches Gut für uns unwiederbringlich verloren ist. Viele unserer Fehler lassen sich verbessern und wieder gut machen; manche Verluste lassen sich ersetzen; mancher Schade kann vergütet werden: aber die verlorene Zeit ist durch Nichts in der Welt wiederzugewinnen. Die Stunden, die wir verträumt und versäumt, die Tage, die wir in Trägheit und Leichtsinn verloren, die kostbare Zeit, dir wir durch Sorglosigkeit und Unentschlossenheit getötet: wir müssen sie abziehen von der Summe unseres Lebens. Und wollten wir alle Güter der Welt darum geben, wollten wir im heißen, inbrünstigen Flehen vor Gott liegen, wollten wir heiße Tränen weinen: kein Körnlein der verlorenen Zeit tritt in des Lebens Sanduhr je zurück. Taten, die einmal vollbracht sind, lassen sich nicht ungeschehen machen; die Gelegenheit zum Lernen, zum Gutestun, zur Aussaat für die künftige Ernte kommt nicht wieder; die Verhältnisse, in denen wir gelebt und gewirkt, kehren nicht um; die Freuden, die abgeblühet haben, keimen nicht von Neuem.

So ist die Zeit unseres Lebens in schneller, rastloser Bewegung. Indem wir ihr ins Auge schauen und sie festhalten wollen, ist sie schon vorübergeeilt. Und dies Verschwinden ist so still, so geräuschlos, so leise, dass wir den Verlust kaum bemerken. Ist sie aber verloren, ach, so ist sie auch unwiederbringlich, sie ist ewig verloren. Und ich sollte nicht mit Ernst das Leben betrachten? nicht jeden Augenblick sorgsam benutzen? nicht fleißig sein zu guten Werken? nicht Gattin und Kinder, Freunde und Brüder herzlich lieben, ihnen Freude bereiten und für ihr zeitliches und ewiges Heil sorgen? Ich sollte nicht streben, täglich zu. wachsen an Gnade und Weisheit, an Tugend und Gottseligkeit? Weiß ich denn die Stunde, in welcher der Herr kommen wird? Werde ich denn noch einmal am Ausgange eines alten Jahres stehen? oder wird mich nicht das kommende in seinem Schoße begraben? Herr, lehre mich bedenken, dass ich sterben muss, damit ich weise werde.

Wie fleucht dahin der Menschen Zeit!
Wie eilen wir zur Ewigkeit!
Wie Mancher hat, eh' er's gedacht,
Zur Todesnacht
Sein kurzes Leben schon gebracht.

Dies Leben ist gleich einem Traum;
Gleich einem leichten Wasserschaum
Ist alle seine Herrlichkeit,
Der Strom der Zeit
Reißt schnell uns fort zur Ewigkeit.

Amen! (Christian Wilhelm Spieker)

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