2. Mose 20,8
Andachten
„Gedenke des Sabbattages, dass du ihn heiligest.“
Den Sabbat heiligen, heißt ihn aussondern von den andern Tagen als einen Ruhetag im Gegensatz zu den Arbeitstagen. Das soll geschehen, nicht nur um von den leiblichen Anstrengungen auszuruhen, sondern auch zur Ehre Gottes, um Gottes und Seiner Sache in Ruhe zu gedenken, also auch geistliche Erquickung zu bekommen. Dessen, so sagt der HErr, sollte Israel eingedenk bleiben. Und wie für Israel, so sollte es auch für uns eine dauernde Pflicht sein, den Tag zu heiligen, weil wir so auch Gott selber heiligen. Ernstlich hat's Gott mit diesem Gebot gemeint, da dasselbe oft und mit vielen Worten und Auslegungen in der mosaischen Gesetzgebung und in den Propheten ausgesprochen wird. Und man sieht es deutlich, dass Gott damit des Menschen leibliches und geistliches Wohlergehen im Auge hatte, wie auch unser Heiland sagt, „Der Sabbat ist um des Menschen willen gemacht“ (Mark. 2, 27). Es ist auch wirklich der Erfahrung gemäß, dass der Sonntag als Ruhetag eine außerordentliche Wohltat für den Menschen ist - und wer ihn missachtet, hat lauter Schaden davon.
Es sind aber zwei Gefahren zu vermeiden.
Die erste ist die, -dass man leicht ein Gesetzeswerk daraus macht, wie wenn alles getan wäre, wenn man nur strenge Sabbatregeln hielte! Es gibt christliche Länder, in denen man gar zu streng und übermäßig den Sonntag - welcher jetzt für den Sabbat gilt - hält; und man hat ihm Gesetze angehängt, die ganz den „Aufsätzen der Ältesten“ gleichen, die der HErr so sehr tadelt (Mark. 7, 3). Auf diese Weise macht man sich das, was Gott uns hat zu einer Erquickung gönnen wollen, zu einer Last, die unter Umständen sehr drückend, fast unerträglich werden und leiblich und geistlich schaden kann. Geistlich schadet's hauptsächlich auch darum, weil man nur gar zu leicht Verdienstliches darin findet - und um so mehr, je peinlicher man's ausführt! Der HErr aber will nur die gewohnten Erwerbsgeschäfte und die eigentliche Arbeit eingestellt wissen, wie sie sich nur zu Wochentagen eignet. Er will aber für die Tagesbedürfnisse, die auch der Sonntag hat, alle Freiheit lassen.
Indem man aber dieser Gefahr ausweichen will, geraten viele in die andere, insofern als sie doch glauben, manche Geschäfte mit unterlaufen lassen zu dürfen, die nicht taugen. „Nur ein wenig“ wollen sie tun - kommen aber immer weiter, bis der Ruhetag nicht mehr zu sehen ist! Mit solcher Nachsicht ist's bei vielen soweit gekommen, dass ihnen der Sonntag fast wie ein Werktag geworden ist. Es ist, wie wenn sie meinen würden, es sei schade, dass ihnen der Tag für den Erwerb verlorengehe! Die es so machen, müssen es mit der Zeit schwer büßen. Denn sie verkümmern sich damit ihr Leben, kommen immer mehr von Kräften, werden namentlich gerne aufgeregt und hitzig. Und sie ziehen sich nur gar zu häufig Krankheiten, wohl auch einen frühzeitigen Tod zu. Groß ist der Schaden ohnehin nach der Seite, dass man so gar nie zu einer inneren Sammlung kommt, was der ganzen Familie bezüglich ihrer Haltung zum Christentum ein Unsegen ist. Es rächt sich somit von selbst an Leib und Seele die Missachtung des gnädigen Willens Gottes, der so klar und deutlich und annehmbar mit offenbarem Wohlwollen von Gott ausgesprochen worden ist.
Ohne den Sonntag wäre der Christen ganzes Wesen bald wieder ein heidnisches - und man kann das sehen, wenn man drauf achtet. (Christoph Blumhardt)
Gedenke des Sabbattages, dass du ihn heiligst.
Sechs Tage sollen wir arbeiten, aber am siebenten sollen wir ruhen, gleich wie Gott in sechs Tagen die Welt geschaffen hat, am siebente Tage aber ruhte Er. Dieses Gebot ist jetzt, wo wir im Schweiße des Angesichts arbeiten müssen, eher eine gnädige Erlaubnis, denn ein Gebot zu nennen, denn wer weiß es nicht, wie süß die Ruhe nach der Arbeit ist? Wer? Nur die, welche nie recht zu arbeiten pflegen und die, welche so arbeiten, dass sie sich nie Ruhe gönnen. Jene brauchen keinen besonderen Ruhetag, und diese wollen keinen. Wenn du aber sechs Tage lang deine Wochenarbeit treu verrichtet hast, und es kommt nun der Feiertag, wie freust du dich! Gott hat aber diesen Nachlass von der über den Menschen nach seinem Falle verhängten mühevollen Arbeit zu einem Gebote gemacht, weil Er wollte, dass der Mensch zu Seinem Dienste Ruhe haben sollte. Deine Ruhe soll eine heilige Ruhe sein. Denn gleich wie Gott nach der Schöpfung am siebenten Tage seine Werke ansah und sich ihrer freute, so soll der Mensch auch seine Werke und Gottes Werke anschauen, sich dieser freuen und jene an Gottes Werken und Worten prüfen. Israel kannte freilich keine anderen Werke Gottes als die der Schöpfung und Erhaltung der Welt, und von der Erlösung kannte es nur die aus dem leiblichen Diensthause Ägyptens. Aber wir Christen kennen auch das Werk der Erlösung unsrer Seelen aus dem Diensthause der Sünde. So sollst du am Feiertag der unendlichen Liebe und Barmherzigkeit deines Gottes gedenken und dich prüfen, wie weit deine Seele der Erlösung teilhaft geworden ist. Und da du dies nur im Licht des göttlichen Wortes tun kannst, so sollst du am Feiertage Gottes Wort lesen und hören. Nur so wird der Feiertag geheiligt, nämlich wenn du ihn machst zu einem Tage der Erquickung für Leib und Seele. - Wir haben aber einen Sonntag und keinen Sabbat mehr, weil wir auf dem Boden einer neuen Schöpfung stehen, welche durch die Auferstehung Jesu von den Toten und durch die Ausgießung des Heiligen Geistes vollendet worden ist, und diese beiden großen Tatsachen sind, bezeichnend genug, am ersten Tage der alten Woche geschehen, eben zum Zeichen, dass sie der Anfang einer neuen Schöpfung sind. So hat denn auch der christliche Sonntag einen andern Charakter als der jüdische Sabbat. Beim Sabbat waltet das Verbot vor, beim Sonntag aber die Erlaubnis. Das Sabbatsgebot konnte im buchstäblichen Sinne ein ehrlicher Israelit halten, Sonntag feiern kann nur ein wieder geborener, lebendiger Christ. Nirgends gilt wohl das Wort des Herrn mehr als hier: der Buchstabe tötet, aber der Geist macht lebendig. Den Sabbat hält man, und stirbt dabei, den Sonntag feiert man und lebt dadurch. Ja, wer das glauben wollte, der könnte leben. Denn die Verachtung des Sonntags mit allen seinen Segnungen, die ist's, welche uns die Adern des Lebens unterbindet. Mühevolle irdische Arbeit in der Woche, und mühevolle irdische Arbeit am Sonntage oder ein Leben ohne Arbeit und ohne Zweck und Ziel in der Woche und nicht anders am Sonntag, oder ein Seufzen unter der Last der Wochenarbeit und wilde Lust am Sonntag eine Woche voller irdischer Sorgen, und ein Sonntag ohne Feier, - voller langen Weile wie willst du dich denn bei solchem Sinne freuen auf die ewige Sonntagsfeier, auf die Zeit ohne Zeit, wo alle Arbeit, aber auch alle Zerstreuungen und Lustbarkeiten aufhören? Gähnt dich nicht grässliche Langeweile und eine grauenvolle Nacht an, wenn du an das Jenseits denkst? Wie willst du denn den großen, ewigen Sabbat mit Freuden feiern, wenn du deine Sonntage in der Zeit vergeudet hast! (Anton Camillo Bertoldy)