Römer 14,7
Andachten
Unser keiner lebt sich selber. Leben wir, so leben wir dem Herrn.
Gibt es Unterschiede in der Christenheit? O ja, sogar Unterschiede im Glauben. Paulus sprach von solchen, die im Glauben schwach, und von solchen, die im Glauben stark seien. Noch viel mehr gibt es Unterschiede in unserer Erkenntnis, in der uns gegebenen Pflicht, in dem uns zugeteilten Beruf. Gibt es denn noch ein gemeinsames Merkmal aller Christen? Lässt sich noch eine Grenze zwischen denen ziehen, die in der Gemeinde stehen, und denen, die nicht zu ihr gehören? O ja, sagt Paulus; diese Grenze ist unverrückbar. Keiner gehört zur Christenheit, der für sich selber lebt; jeder von uns lebt für den Herrn. Auch die Natur prägt uns in ihrer Weise ein, dass keiner für sich selber lebt. Sie gibt jedem das Leben, damit er es anderen gebe, und gestattet keinem, nur für sich selber Eigentum anzusammeln; ob er will oder nicht, er muss es anderen lassen. Aber die Natur verhindert es nicht, dass wir ihre Gaben eigensüchtig missbrauchen und den Versuch machen, mit dem, was sie uns gibt, für uns selbst zu leben. Anders steht es aber da, wo Jesus als der Herr regiert. Denn Er stellt uns vor Gott und dadurch ist es mir ganz unmöglich gemacht, für mich selbst zu leben. Sowie mein Blick Gott erreicht, ist die selbstische Verengung meiner Gedanken und Ziele zersprengt. Gott ist größer als ich. Wie könnte ich mich über Gott erheben und ihn zu meinem Diener machen, wie seine Gabe nur dazu benützen, um mich in meiner Ichheit zu stärken und zu vervollkommnen?
Die weltweite Größe seiner Gnade, die eins ist mit seiner regierenden Majestät, hat er mir dadurch gezeigt, dass er Christus zu meinem Herrn gemacht hat. Indem ich an ihn glaube, gründe ich mein Leben auf das, was er mir gibt; er gibt aber seine Gaben nicht einzig mir. Indem mir sein Wille heilig wird, bin ich ihm untertan und ihm gehorsam gemacht; er führt mich aber zu denen, die wie ich sein eigen sind, und verpflichtet mich für sie. Nicht nur sein Gebot verbietet mir, dass ich für mich selber lebe, sondern die von ihm mir gegebene Gestaltung meines Lebens macht mir dies zur Unmöglichkeit. Freilich kann ich auch meinen Christenstand meinem Eigennutz dienstbar machen und sein Wort nur dazu hören, damit es mich erleuchte, und seine Gabe nur dazu begehren, damit ich selber von Schuld, Schande und Gericht befreit und ewig selig sei. Dann weiß ich aber auch, dass ich unter der Verurteilung stehe, die Jesus mit gewaltigem Wort und heißem Ernst auf alle die gelegt hat, die Gottes Gnade nicht von ihrer boshaften Eigensucht befreit.
Bei Dir, heiliger Vater, vergeht das Elend, das mich plagt, solange ich für mich selber leben will. Gepriesen sei Deine Gnade, die in unserer armen, dunklen Welt Deine Kirche schuf, in der keiner für sich selbst lebt. Aus Dir zu Dir schufst Du sie und zeigst uns dadurch Deine Liebe. Durch sie töte unsere Eigensucht. Amen. (Adolf Schlatter)
Unser keiner lebt ihm selber, und keiner stirbt ihm selber. Leben wir, so leben wir dem Herrn; sterben wir, so sterben wir dem Herrn. Darum, wir leben oder sterben, so sind wir des Herrn.
Das heißt dem Herrn leben, auf dem Platz, dahin uns Gott gestellt, so unsre Schuldigkeit tun, dass Gottes Gesetz unsre höchste Richtschnur ist, dass wir allerwege seine Stimme hören und sprechen: Herr, auf dein Wort. Wer ihm selber lebt, der ist einsam in aller Freundschaft, arm in allem Reichtum, unbefriedigt, ob auch alle Wünsche sich ihm erfüllten. Wer dem Herrn lebt, wie wird dessen Leben so geadelt und verklärt auch in niedrigem Stande; wie wird sein Herz so still, sein Auge so hell, sein Gang so fest auch auf dunklen Wegen und in schwierigen Lagen! Versuch es doch einmal mit einem Leben im Dienst des Herrn; verlass den Dienst der Welt, der dir ja doch bisher nichts eingebracht als getäuschte Hoffnungen, und tritt mit allem Ernst in den Dienst deines Gottes und Heilandes, und versuch es einmal, ob du es da nicht besser hast. Fürchte nicht, er könnte dich zurückstoßen. Meinst du wirklich, wenn du heute mit aufrichtigem Herzen dich zu ihm kehrst, bittend, dass er dir deine Vergangenheit vergebe und deine Zukunft in seine Hand nehme du könntest vergeblich bitten. Dazu ist ja Christus gestorben und auferstanden und wieder lebendig geworden, dass er über Tote und Lebendige Herr sei, dass wir nicht mehr uns selbst leben, sondern dem, der für uns gestorben und auferstanden ist. Darum wohlan, die Liebe Christi dringe uns also. Lasst uns ihm leben, dass wir ihm sterben, leben in seiner Furcht, dass wir sterben in seinem Frieden. O Gott, bewahre uns vor dem Elend und der Vereinsamung dessen, der sich selber stirbt. Das sei unser Frieden im Tobe, dass wir dir sterben. Das sei unsere Kraft im Leben, unser Vertrauen in allen Stürmen und Gefahren, unsre Sicherheit in allem Dunkel: Wir leben oder sterben, so sind wir des Herrn. Amen. (Adolf Clemen)