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Lukas 2,44

Lukas 2,44

Andachten

Sie meinten aber, er wäre unter den Gefährten, und kamen eine Tagereise, und suchten ihn unter den Gefreundten und Bekannten. Und da sie ihn nicht fanden, gingen sie wiederum gen Jerusalem, und suchten ihn. Und es begab sich nach dreien Tagen, fanden sie ihn im Tempel sitzen, mitten unter den Lehrern, dass er ihnen zuhörte, und sie fragte. Und alle, die ihm zuhörten, verwunderten sich seines Verstandes und seiner Antwort.
Während des ersten Tages der Wanderung hofften die Eltern immer noch, der leichtfüßige Knabe werde sie einholen. Wie oft mögen sie sich sehnsuchtsvoll nach ihm umgeschaut haben! Doch, er kam nicht. Als er aber auch Abends in der Karawanserei immer noch nicht gefunden wird, befällt sie ein namenloses Bangen. „Da muss etwas Außergewöhnliches, Schreckliches passiert sein!“ denken sie; denn sie kannten des Kindes Gehorsam und treue Anhänglichkeit. So pilgern sie den zweiten Tag mit sorgenvollem Herzen rückwärts. Aber wie viele Pilger sie auch befragen, da ist keiner, der Kunde geben kann, und größer und größer wird ihre Angst. Ach, wer einmal auch nur auf eine Viertelstunde ein Kind verloren hat, kann das mit ihnen fühlen. Und nun dies Kind, wie nie ein Kind war, - dies Kind, in dem aller Welt Heil beschlossen war und darüber sie Rechenschaft ablegen sollten!

Auch in Jerusalem suchen sie am dritten Tag den Knaben lange vergeblich, bis sie endlich zum Tempel ihren Schritt lenken. Da, wie sie in die prächtigen Marmorhallen (wahrscheinlich in den Vorhof der Weiber) eintreten, - welch ein Anblick! Da sitzen die Schriftgelehrten und Rabbiner im Kreise, alte Herren mit weißen Bärten, Pergamentrollen auf ihren Knien und zu ihren Füßen - das Jesuskind! Er ist friedereich und still, bescheiden und demütig wie ein Kind, aber in hoher geistiger Bewegung mit den Lehrern des Volks sich unterhaltend. Er disputiert nicht mit ihnen, noch weniger sucht er diese alten Meister zu meistern; das wäre ganz und gar unnatürlich gewesen. Er fragt sie, die ihm damals noch so ehrwürdig waren, und sie fragen ihn; so ist's kindlich und so erzählt's die Schrift. Aber seine Fragen, (die sich ohne Zweifel auf die Festgottesdienste, auf die Opfer, Zeremonien, Symbole und verlesenen Schriftabschnitte beziehen) sind so wunderbar einfaltsvoll, so unmittelbar in das tiefste Wesen der Dinge eindringend, dass diese Theologen, die nur zu sehr an der Oberfläche der Dinge herumklauberten, darüber in tiefes Staunen versinken.

Wir kennen ja wohl alle die Macht der Kindesfragen. Wie können die Einen oft erschüttern, beschämen und Mark und Bein zittern machen! Es ist gerade das Kindliche an den Kindern, das Unbewusste, Einfältige, was so mächtig durchschlägt. Wenn Erwachsene uns ermahnen und belehren, so verletzt uns das gerade, dass sie etwas wollen, wir haben so leicht das Gefühl, dass sie sich über uns erheben, und werden dadurch zum Widerstand gereizt. „Man merkt die Absicht und wird verstimmt.“ Die Kinder aber reden ohne Tendenz, aus ihrer Unschuld heraus, weil's ihnen gerade so um's Herz ist.

Wenn ein Kind in der Sonntagsschule gehört hatte, „Joseph habe die Sünde mehr gefürchtet als alle Leiden der Welt“, und daheim fragt es seinen rohen Vater: „Vater, fürchtest Du auch die Sünde so sehr?“ - wenn ein kleiner Bube in einem christlichen Haus das Tischgebet kennen gelernt hat und fragt nun seine Eltern ganz traurig: „Warum beten wir denn nicht? dürfen wir das nicht?“ - so verstehen wir, wie solche kurze Fragen wie ein unauslöschlicher Bußruf tief in die Herzen der Eltern eingedrungen sind. Wir verstehen es, wie eine Mutter, die so eben zur Witwe geworden und ganz untröstlich war, wunderbar aufgerichtet und durchleuchtet wurde, als ihr fünfjähriges Söhnlein sie fragt: „Mama, ist der liebe Vater im Himmel denn auch tot?“ Wie mögen auch die Fragen des Jesusknaben in die Herzen der gelehrten Männer gedrungen sein! Denn ob er auch schon 12 Jahre alt war, so wohnte doch in Ihm eine vollkommene Kindlichkeit, Unbefangenheit und Unschuld, so dass an etwas Absichtliches gar nicht zu denken war. Wir werden gut tun, wenn wir uns auch einmal ein wenig von Ihm ausfragen lassen, wie's mit unserer Liebe zu Gott im Himmel und zu den Menschen auf Erden, mit unserem Gebets-, Glaubens- und Hoffnungs-Leben bestellt ist?

Holder Knabe
Mit dem Stabe,
Der die Löwen weiden kann:
Denk der kleinen
Armen deinen,
Der du Jüngling warst und Mann!
Lass sie weiden
In den Freuden
Deiner Kindheit, Jesu Christ!
Lehr' sie stündlich
Treu und kindlich
Sein, wie du gewesen bist. (Otto Funcke)

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nt/42/lukas_2_44.txt · Zuletzt geändert: von aj
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