Judas 1,20
Andachten
Ihr aber, meine Lieben, erbaut euch auf euren allerheiligsten Glauben durch den heiligen Geist, und betet und behaltet euch in der Liebe Gottes, und wartet auf die Barmherzigkeit unseres HErrn JEsu Christi zum ewigen Leben!
Siehe, da hat der Apostel uns das Bild der Gemeinde gezeichnet, wie sie fortschreitet und heranreift dem Ziel ihrer Berufung entgegen; Zug für Zug ein Gegenbild zu dem Bilde der wachsenden Ungerechtigkeit und Bosheit. Dort der Quell der Sündenlust, hier der Brunnen der Gottesgnade; dort das Wachstum im Dienst der Sünde, hier das Erstarken im Gehorsam des Glaubens; dort Murren und Lästerung wider Gott, hier der Lobpreis dankbarer Liebe; dort ein schreckliches Warten des Gerichts, hier ein freudiges Hoffen auf Gottes Barmherzigkeit. Und die Warnung im Hinblick auf den Weg der Sünde und die Mahnung im Hinweis auf den Weg des Heils, sie fasst sich zusammen in den Ruf des HErrn: „Wachet und betet, wacht, dass ihr nicht in Versuchung fallt, betet, dass ihr in der Anfechtung besteht!“ Und was der HErr in diesen Worten sagt, das tut wahrlich uns allen not. Denn wessen Herz ist so rein, dass in ihm die böse Lust keinen Raum fände, und wessen Glaube ist so fest, dass er nicht der tieferen Begründung bedürfte? Darum, auf dass wir bewahrt werden vor Verleugnung und Abfall, und bestehen mögen vor der Zukunft des HErrn, so lasst uns tun nach Seinem Wort und treulich im Wachen und Beten beharren! Der HErr aber bekenne Sich aus Gnaden zu uns und helfe uns nach Seiner Barmherzigkeit, abzutreten von der Ungerechtigkeit, dass wir Seinem Gericht entgehen, und uns zu erhalten in Seinem Bund, dass wir unsere Seelen behalten zum ewigen Leben! Amen. (P. Hörschelmann.)
Achtet auf das große Kennzeichen des echten Gebets: „Durch den Heiligen Geist.“ Die Saat der Andacht, die Gott angenehm ist, muss aus dem Vorratshause des Himmels stammen. Nur das Gebet, das von Gott kommt, steigt wieder zu Gott empor. Das Verlangen, das Er in eure Herzen schreibt, bewegt sein Herz und bringt einen Segen auf euch hernieder, aber des Fleisches Wünsche und Begehren haben keine Macht über Ihn.
Durch den Heiligen Geist beten, heißt inbrünstig beten. Kalte Gebete begehren vom Herrn nicht, dass Er sie höre. Wer nicht inbrünstig betet, betet gar nicht. Du kannst ebenso gut von einem lauen Feuer reden, als von einem lauen Gebet; es ist unerlässlich, dass es glühend heiß ist. Das Gebet durch den Heiligen Geist ist anhaltend. Der wahre Beter gewinnt im Beten Kräfte und wird inbrünstiger, wenn Gott mit seiner Erhörung verzieht. Je länger die Tür verschlossen bleibt, umso heftiger setzt er den Türklopfer in Bewegung, und je länger der Engel im Ringkampfe anhält, umso fester wird sein Entschluss, Ihn nicht zu lassen, Er segne ihn denn. Köstlich ist in Gottes Augen ein tränenvolles, ringendes, unüberwindliches Anhalten im Gebet. Das Gebet muss demütig sein, denn der Heilige Geist ist allem Stolze abhold. Es ist sein Amt, uns unsrer Sünde zu überführen, und also uns zu beugen in Reue und Herzenszerknirschung. Wir werden nie singen: Ehre sei Gott in der Höhe, wenn wir nicht vorher zu Gott flehen: Aus der Tiefe rufe ich, Herr, zu Dir. Aus der Tiefe müssen wir schreien, sonst gelangen wir nie zur Herrlichkeit in der Höhe. Das Gebet muss von Liebe durchdrungen sein. Die Liebe ist des Gebets süßer Geruch: die Liebe zu unsern Miterlösten und die Liebe zu Christo. Das Gebet muss voll Glaubens sein. Ein Mensch empfängt nur so viel, als er glaubt. Der Heilige Geist ist der Anfänger des Glaubens und stärkt uns so, dass wir im Glauben an Gottes Verheißung leben. Ach, dass doch alle diese seligen Eigenschaften der göttlichen Gnade als eine unschätzbare und liebliche Würze des Gebets bei uns überwiegen möchten, weil der Heilige Geist in unsern Herzen wohnt! O du hochgelobter Tröster, wirke nach Deiner mächtigen Kraft in uns, und hilf unsrer Schwachheit im Gebet auf! (Charles Haddon Spurgeon)
Ihr aber, meine Lieben, erbaut euch auf euren allerheiligsten Glauben durch den heiligen Geist, und betet.
Was heißt sich erbauen? Man geht oft so leer aus der Kirche, und die Schuld ist nicht immer an dem Prediger, sondern öfter an uns selber. Auch beim Lesen der Schrift geht man über sehr viel Erbauliches hinweg, weil man es nicht zu finden weiß. Ja, auch in kleineren Kreisen, wo man sich unter Brüdern Erbauung versprach, findet man nicht immer, was man suchte. Man kann eben nur dann sich erbauen, wenn das Herz zuerst etwas Festes gefunden hat. Judas schreibt: Meine Lieben, erbaut euch auf euern allerheiligsten Glauben. Es muss also schon ein Glaubenswerk da sein, wenigstens ein Anfang davon, der Grundstein muss gelegt sein, erbauen heißt ja nichts Anderes, als auf dem gelegten Grund weiter bauen. So lang eine Seele noch nicht Frieden mit Gott hat, geht auch jedes Erbauungsmittel an ihr verloren. Da hat man bloß Empfindungen, vorübergehende Eindrücke, aber man kommt nicht weiter, die Hauptsache fehlt. Darum fliegen so viele Predigten über die Köpfe, und so viele Samenkörner werden von den Vögeln weggetragen. Man muss zuerst mit sich selber ins Reine kommen; je tiefer hinunter, je höher hinauf. Ist der arme Sünder geboren, so ist auch der Glaube geboren, und Nahrung für denselben bleibt nicht aus. Die Erbauung ist aber immer ein Werk des heiligen Geistes und nicht unser Eigenwerk. Judas sagt: Erbauet euch auf euern allerheiligsten Glauben, durch den heiligen Geist, und betet. Ist der Geist des Gebets erst recht bei uns eingekehrt, da wird gewiss das Brot des Lebens uns recht schmackhaft werden. Überall, in der Kirche und außer der Kirche, findet man dann ein Wort, das trifft, das auf uns berechnet war, Jesum und die Ewigkeit uns näher bringt, und den Glauben, auf dem wir stehen, uns zum Aller, heiligsten macht. (Friedrich Lobstein)
Ihr aber, meine Lieben, erbaut euch auf euren allerheiligsten Glauben.
Der Apostel Judas Thaddäus hatte die Christen, an die er seinen Brief schrieb, und die er Berufene nennt, die geheiligt seien in Gott dem Vater, und behalten in Jesu Christo, vor gottlosen Spöttern gewarnt, die damals Rotten machten, und die Gräuel, die diese begingen, mit einer falschen Lehre schmücken wollten. Im Gegensatz gegen dieselben nennt er den Glauben der Christen ihren allerheiligsten Glauben. Der Urheber desselben ist nämlich der heilige Gott. Auch erfordert dieser Glaube die Heiligung des Menschen und wirkt sie. Bei allen andern Religionen, auch bei der jüdischen (nicht zwar wie sie von David, Jesaias und Anderen, sondern von den jetzigen Juden gefasst und ausgeübt wird), ist noch Raum zum Sündigen, und überdies ein Mangel an der Wahrheit, welche von der Sünde frei machen könnte: der christliche Glaube hingegen ist ein sehr heiliger Glaube, und wird eben dadurch als göttlich und wahr ausgezeichnet. Auf diesen unsern allerheiligsten Glauben sollen wir uns erbauen. Wir sollen ihn durch die Erleuchtung des Heiligen Geistes bei der Aufmerksamkeit auf das Wort Gottes, das wir hören und lesen, recht und völlig verstehen lernen. Dabei soll aber dieser Glaube auch unser Glaube sein, so dass wir ihn annehmen, die Kraft desselben empfinden, und dem Vorbild der Lehre, dem wir ergeben sind, auch von Herzen gehorsam werden, wie Paulus Röm. 6,17. schreibt. Je reiner und völliger bei uns die Erkenntnis unseres allerheiligsten Glaubens, je fester unsere Überzeugung von der Wahrheit desselben, und je reicher unsere Erfahrung von der Kraft desselben ist, desto weniger werden wir von allerlei Wind der Lehre umgetrieben werden, desto ruhiger und leichter werden wir Alles, was unserem allerheiligsten Glauben zuwider ist, von uns abweisen können. Es gibt Menschen, welche, ehe sie auf den allerheiligsten Glauben recht erbaut sind, sich aus Vorwitz allerhand fremde und neue Meinungen bekannt machen, und sich als unerfahrene und unbefestigte Leute ins Disputieren einlassen, da es dann leicht so weit mit ihnen kommen kann, dass sie an Allem zweifeln, oder den Lügen glauben. Aber o Christ, erbaue dich zuvörderst auf deinen allerheiligsten Glauben, so wirst du ohne gelehrtes Disputieren Alles, was demselben zuwider ist, als unnötig, schwach, schädlich und lügenhaft erkennen, ketzerische Menschen, wenn sie von dir oder Anderen ein oder abermals ermahnt worden sind, meiden, und falsche Propheten an ihren Früchten erkennen. Doch sagt Judas auch dieses: betet durch den Heiligen Geist, und behaltet euch in der Liebe Gottes, und wartet (bei dem Leiden dieser Zeit) auf die (völlige Erweisung der) Barmherzigkeit unseres HErrn Jesu Christi zum ewigen Leben, und haltet (in Ansehung derer, die noch zu retten sind) diesen Unterschied, dass ihr Etliche, die zweifeln, mit Gründen überweiset, Einige aber so rettet, wie man etwas rettet, das man schnell aus dem Feuer reißt, mit Anderen aber doch nicht ohne Furcht barmherzig redet und handelt, dabei aber den befleckten Rock des Fleisches, das ist die sündliche Unreinigkeit, nicht entschuldigt, sondern hasset, V. 21.22.23. Diese Anweisung ist auch zu unserer Zeit sehr nötig. (Magnus Friedrich Roos)