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Psalm 39,13

Psalm 39,13

Andachten

Höre mein Gebet, Herr, und vernimm mein Schreien, und schweige nicht über meinen Tränen; denn ich bin beides, dein Pilgrim und dein Bürger, wie alle meine Väter.
Wie so kläglich und herzbeweglich das klingt! Der ganze Psalm, (den man langsam und feierlich lesen muss, so, dass man nach jedem Vers ein wenig feiert,) der ganze Psalm ist ein stetiger Kampf, wie das Auf- und Niederwogen der Wellen eines tief zerrissenen Herzens. Das Regiment Gottes in der Welt ist dem Dichter gar zu bunt und wunderlich erschienen; er konnte keine Gerechtigkeit darinnen finden. Zwar hat er sich vorgesetzt, dass er nicht sündigen will mit seiner Zunge, (V. 1), nicht murren, nicht klagen. Als er aber dann wieder hinschaute, wie's sich trieb und drängte, ist's ihm zu heiß geworden im Herzen und in den erschütternden Klagen, die wir vernommen haben, bejammerte er des Lebens Nichtigkeit. Dann aber hat er in Gott Anker geworfen: „Herr, wes soll ich mich trösten? Ich hoffe auf dich“. Nun ist's stille, aber nicht lange. Bald übermannt es ihn wieder. Der bittere Spott der Feinde, der Jammer über die leiblichen Trübsale und die innere Verderbnis drücken zu hart. „Höre mein Gebet, vernimm mein Schreien, verbirg dich nicht vor meinen Tränen!“ - nicht wahr, die Worte tönen wie die angstvollen Hilferufe eines Versinkenden, der schon lange vergeblich nach einem Retter gespäht hat. Aber doch hören wir zugleich die Stimme des Glaubens, der wieder Grund fasst: „denn,“ so fährt der Psalmist fort, „denn ich bin beides, dein Pilgrim und dein Bürger“. Das lautet so, als ob er sagte: du kannst mich nicht lassen, du musst mich hören; denn ich bin der ich bin: dein Pilgrim, der zu dir zieht, und du bist der du bist: mein Gott und also auch mein Erbarmer.

So schreibt auch der Verfasser des Hebräerbriefs (11,13 und 14) von den Glaubenshelden des alten Bundes: „Diese alle haben bekannt, dass sie Fremdlinge auf Erden sind“; und weiter macht er daraus den Schluss: Diejenigen, die sich Fremdlinge nennen, sprechen damit aus, dass sie ein Vaterland suchen. Das Tier ist kein Pilgrim und Fremdling auf Erden. Es ist hier unten recht eigentlich zu Hause. Hat es hier auf Erden seine Zeit verlebt, so ist sein Zweck und seine Bestimmung erreicht. Mit seinem Tode ist auch sein Ende und sein Ziel erreicht. Ach, und unzählige Menschen erniedrigen sich zum Tiere, indem auch sie erklären, dass sie von der Erde durchaus befriedigt seien, dass auch sie jenseits des Grabes nichts mehr suchen und erwarten. Bei denen ist kein Pilgersinn! In dem Bekenntnis: „Ich bin ein Gast und Fremdling auf Erden“ liegt ausgesprochen, dass wir hier im irdischen Leben nur auf dem Weg sind, der zur Heimat führt. Diese untere, durch Sünde und Tod verwüstete Welt ist das Land der Fremdlingschaft, wo unsere Seele nicht zu Hause ist; das Vaterhaus liegt überwärts dieser Welt und Zeit. „Vorwärts“! ist also die Losung des Pilgers; er darf sich durch nichts, was ihm auf dem Weg vorkommt, hemmen und halten lassen. Aber diesem äußeren, „vorwärts“ entspricht auch ein inneres „vorwärts“, denn die Zeit der Wanderschaft und des Kampfes ist auch die Zeit der Schule und Zubereitung, darin er soll tüchtig gemacht werden, vor des Vaters Angesicht und in des Vaterhauses lichten Hallen würdig zu erscheinen.

Wenn aber die Alten schon festhielten, dass sie Fremdlinge seien, wie viel freudiger sollten wir Kinder des neuen Bundes unsere Pilgerschaft führen! Denn dunkler war ihnen das Land der Fremde und ungewisser das Ziel. Seit das Kreuz Jesu Christi in den Erdboden dieser Todeswelt eingegraben wurde, ist des Todes Stachel zerbrochen und die Macht der Finsternis in ihrem innersten Grund erschüttert. Ein lauterer Brunnen der seligsten Hoffnung ist unter dem Kreuz auf Golgatha allen ewigkeitsdurstigen Herzen aufgesprudelt, und ein Strom reiner Himmelsliebe fließt von dort in tausend Armen hinein in die Reiche der Welt. Das Land des Todes ist schon erleuchtet von den Strahlen der Lebenssonne und Millionen Glieder einer und derselben erlösten Christus-Gemeinde, aus allen Völkern und Zungen, im Himmel und auf Erden, reichen einander siegesgewiss die Geisteshand.

Dennoch ist auch unser Wandel eine Pilgerschaft geblieben und bleibt es, bis wir vor dem Thron Jesu stehen. Auch heute noch klingt's herzbeweglich, wie vor Jahrtausenden, von so manchen Lippen: „Höre mein Gebet, vernimm mein Schreien, verbirg dich nicht vor meinen Tränen!“ Auch heute noch heißt's in jedem Christenmund: „Ich bin dein Pilgrim.“ „in der Welt habt ihr Angst!“ - das hat Jesus allen seinen Jüngern in den Pass geschrieben. Finsternis und Dunkel sind oft um uns her und nicht selten sind die göttlichen Führungen im Lauf der Welt mark- und beinerschütternd. Und gefährlicher noch wie die großen Heimsuchungen sind die tausenderlei kleinen Verdrießlichkeiten, die täglichen immer sich wiederholenden Widerwärtigkeiten, die uns so leicht innerlich schlaff und matt machen. Und gefährlicher wie die Anfechtungen von Außen, gefährlicher wie die Verlockungen, die aus der Welt her kommen und uns bald zur Sinnenlust, bald zum Unglauben reizen, - gefährlicher sind die Versuchungen zu Trotz und Verzagtheit, die in dem eigenen Herzen ihren Ursprung haben. Aber der Herr ist treu und nah ist das Ziel. Es gilt nur immer wieder sich aufraffen, nur immer wieder sich einsenken in diese unendliche Herrlichkeit der Hoffnung, die uns in Christo erschienen ist. Sage dir nur immer: Sei ein Pilger! Strebe vorwärts und immer vorwärts dem Ziel zu! Sei ein Pilger! Bereite dich in jeder Stunde und lasse dich bereiten, dass du tüchtig wirst, vor dem Vater zu erscheinen. Lebe im Ziel und lass dich durch nichts fesseln, durch nichts niederbeugen, - nur weiter, immer weiter, durch kein Toben und Schelten der Welt, durch keine Erfolge und Misserfolge, durch kein Lieb' und Leid der Zeit auf gehalten, weiter, immer weiter durch Kraft des Schauens in Jesu Christi Angesicht. (O. Funcke)


Warum ist dieses unbegriffne Sehnen In das Herz des Menschen tief gesenkt? Sprich, was sollen seine Seufzer, Tränen, Oft wenn er an Glück hienieden denkt? Mahnen sie nicht mitten in der Freude An des Erdenlebens Eitelkeit? Sieh, wie bald die blütenreiche Heide Angetan ihr kaltes Winterkleid. Kühlung fächelnd rauschten sanft vom Baume Grüne Blätter - wehe, wie geschwind Welkten sie, am öden Waldessaume Wirbelt in die Lüfte sie der Wind! Bald verlöscht der Fackel Helle Flamme, Düstrer Rauch erfüllt das frohe Licht. Lächelnd sitzt das Kind im Schoß der Amme, Ahnt nicht, dass ihr einst das Auge bricht. Rufst Du, Gott, zu kurzen Erdenfreuden Deinen Menschen in dies Jammertal? Büßt er diese arme Lust mit Leiden? Lohnt sein Glück ihn für den Kummer all? Hast Du darum, HErr, Dich hingegeben, Und Dich selbst zum Opfer dargebracht, Dass nach früh verblütem Erdenleben Ich versinke in des Todes Nacht? Nein! für unsere Wünsche, unser Sehnen Gibt es jenseits noch ein weites Feld, Und die Seufzer, Schmerzen, Leiden, Tränen Sind die Freudensaat für jene Welt. Unsre Sehnsucht wird sich dort erfüllen, Unsre Sehnsucht nach dem Vaterland. Gott wird selber Schmerz und Leiden stillen, Unsre Tränen trocknen Seine Hand. Was wir Fahnten, werden wir erkennen, werden schauen, was wir hier geglaubt, Wiederfinden um uns nie zu trennen, Alle, die der Tod uns hier geraubt, Wann der Geist, befreit von ird'schen Banden, Wiederkehrt zu jenem großen Geist, Dort in jenen ewig frohen Landen Mit den Cherubim den Schöpfer preist. Aber Fremde bleiben wir hienieden, Ohne Ruhe ist der Wanderstab, Jenseits find't das arme Herz erst Frieden, Wenn die Hülle ruht im Kühlen Grab. Amen. (Heinr. von Kügelgen.)


“Ich bin Dein Pilgrim.“
Ja, o Herr, ich bin ein Pilger, ein Fremdling bei Dir, aber doch nicht von Dir. Deine Gnade hat alle meine natürliche Entfremdung von Dir wirksam entfernt; und nun wandle ich in Deiner Gemeinschaft durch diese sündige Welt als ein Pilgrim im fremden Lande. Du bist ein Fremdling in Deiner eignen Welt. Der Mensch vergisst Deiner, verunehrt Dich, untersteht sich, Gesetz und Sitte zu ändern und kennt Dich nicht. Dein teurer Sohn kam in sein Eigentum, und die Seinen nahmen Ihn nicht auf. Er war in der Welt, und die Welt ward durch Ihn erschaffen, und die Welt erkannte Ihn nicht. Nie war je ein buntgefiederter Vogel unter dem einheimischen Gevögel so fremd, wie Dein geliebter Sohn unter den Brüdern seiner Mutter. Was kann mich's denn noch befremden, wenn ich als Jünger und Nachfolger Jesu hienieden unbekannt und ein Fremdling bin? O Gott, ich möchte da kein Bürgerrecht besitzen, wo mein Herr Jesus ein Fremdling ist. Seine durchgrabene Hand hat die Seile gelockert, die einst meine Seele an diese Erde fesselten, und nun bin ich ein Fremdling geworden im Lande. Meine Sprache scheint diesen Babyloniern, unter denen ich wohne, eine ausländische Mundart, meine Sitten sind ihnen auffallend, mein Tun ist ihnen befremdend. Ein Hottentotte würde sich in meiner Heimat behaglicher fühlen, als ich mich je im Umgang mit Sündern fühlen könnte. Aber das ist das Liebliche meines Loses; Ich bin ein Fremdling bei Dir, „Dein Pilgrim“. Du bist mein Mitgenosse in der Trübsal, mein Mitpilger. O, welche Wonne, in so seliger Gemeinschaft zu pilgern! Brennt nicht mein Herz in mir, wenn Er mit mir redet auf dem Wege; und ob ich gleich ein Wanderer bin, so bin ich doch weit glücklicher als die, die auf Thronen sitzen, und fühle mich heimischer bei Ihm, als die, die in getäfelten Häusern wohnen, bei ihren Schätzen.

„Mein Leben ist ein Pilgrimstand,
Ich reise nach dem Vaterland,
Nach dem Jerusalem dort oben.
Da, wo die hehre Gottesstadt
Mein Herr und Heil gegründet hat,
Da werd' ich einst Ihn ewig loben.
Mein Leben ist ein Pilgrimstand,
Ich reise nach dem Vaterland.“ (Charles Haddon Spurgeon)


. Ich bin beides, dein Pilgrim und dein Bürger, wie alle meine Väter.

Ich bin ein Pilger, schon das Morgen ist ungewiss; am Abend weiß ich nicht, ob ich wieder erwachen werde. Schneller, als ichs denke, werde ich von den Menschen vergessen sein; öfter sollte ich mich fragen, wer noch meiner nach dem Tode gedenken oder für mich beten wird! Ich bin ein Pilger, aber kann ich auch mit David sprechen: Ich bin dein Pilger? Das kann nur sagen, wer zugleich das Andre weiß: Ich bin dein Bürger. Bin ich denn nun Gottes Bürger, habe ich droben im Himmel meine Heimat, ist mein Herz da zu Haus mit seinem Trachten und seiner Hoffnung? Und wenn meine Sünde mich vom Himmel ausschließt und mich da fremd gemacht, habe ich dann das himmlische Bürgerrecht wiedererlangt durch den Glauben an Den, durch welchen wir Zugang haben zum Vater, weil er uns durch sein Kreuz versöhnt hat? O mein Gott, mache du mich durch deine Gnade zu deinem Bürger; stärke meinen Glauben, dass ich meiner Versöhnung und meines ewigen Heils gewiss werde; dann werde ich auch dein Bilger werden und nimmer vergessen, dass ich hier keine bleibende Statt habe. Dann werde ich trachten nach dem, was droben ist, und nicht nach dem, was auf Erden ist.

Dann werde ich mein Herz frei erhalten von der Lust und Liebe dieser Welt, und werde dem nachpilgern, der hienieden auch nicht zu Hause war, und uns droben die Stätte bereitet hat. Dann werde ich mich recht erweisen als dein Pilger und dein Bürger, und kann sprechen: Unser Wandel ist im Himmel, von dannen wir auch warten des Heilandes Jesu Christi, des Herrn. (Adolf Clemen)

Predigten

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at/19/psalm_39_13.txt · Zuletzt geändert: von aj
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