Apostelgeschichte 9,39
Andachten
Petrus aber stand auf, und kam mit ihnen (nach Lydda). Und als er dargekommen war, führten sie ihn hinauf auf den Söller, und traten um ihn alle Witwen, weinten und zeigten ihm die Röcke und Kleider, welche die Rehe machte, weil sie bei ihnen war. Und da Petrus sie alle hinaus getrieben hatte, kniete er nieder, betete, und wandte sich zu dem Leichnam und sprach: „Tabea, stehe auf!“ und sie tat ihre Augen auf; und da sie Petrum sah, setzte sie sich wieder.
Petrus kniete nieder und betete, ehe er das Wunder tat. Daraus ist erstlich zu erkennen, dass er zuvor gewiss werden musste über den Willen seines Herrn, und sodann, dass er die Wunderkraft nur von oben empfangen konnte. Die Jüngerin Tabea war wie ein lebendiger Brunnen in der Gemeinde gewesen, der von lauter Liebe und Guttaten überströmte. Dieser Brunnen sollte noch nicht aufhören zu fließen, des ward der betende Apostel im Geiste versichert, darum durfte er das Wort sprechen: Tabea, stehe auf! Nun blicken wir um uns im Kreise unserer Frauen und fragen: wo sind sie, die in den Fußstapfen dieser Jüngerin wandeln? Ausgestorben sind sie, Gott sei Dank! noch immer nicht, der Herr der Gemeinde hat nicht bloß seinem Apostel die Bitte gewährt, die er von Ihm bat, Er hat auch dafür gesorgt, dass der Tabea-Sinn und der heilige Dienst der Frauen nicht aussterbe; Petri Gebet auf den Knien am Sarge jener ersten Tabea ist über alles Bitten und Verstehen erhört worden. Dennoch aber müssen wir fragen: wo sind denn die Neune? denn unter Zehnen ist doch immer nur Eine Tabea. Die Andern sind kalt, eitel, töricht, weltlich. Haarflechten, Goldumhängen, Kleideranlegen füllt ihr Leben aus, ach, wie armselig! wie bejammernswert! Was bleibt denn, wenn man sie zum letzten Mal gewaschen und in den Sarg gelegt hat? Weinende Witwen mit Röcken und Kleidern gewiss nicht. Gott helfe uns, dass der Tabea-Seelen viele werden! (Nikolaus Fries)