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Psalm 15,1

Psalm 15,1

Andachten

Ich gehe nun zu meiner Ruhestätte nach vollbrachter, mühsamer Tagesarbeit; ich höre auf mich zu bemühen, vergesse der Welt und lege alle meine Sorgen in Deinen Schoß. Bewahre mich und die Meinigen, Du nimmer schlafender Hüter und Wächter Israels, vor allem, was mir Schaden bringen könnte; halte ab alle, die nicht schlafen, bis sie Böses getan. Behüte mich vor unruhigem Wachen, vor herzfressenden Sorgen, und vor gefährlichen Zufällen. Lass mich mit guten Gedanken einschlafen, unter Deinem mächtigen Schutz sicher liegen, und morgen mit einem fröhlichen Gemüte, mit gesundem Leib und neuen Kräften mein Lager zu rechter Zeit verlassen, und Dir zu Ehren und meinem Nächsten zum Besten ferner dienen, so lange es Dir beliebt, damit ich allezeit wohne in Deiner Hütte und bleibe auf Deinem heiligen Berge.

Die Liebe, mit der ich meinem Nächsten verbunden bin, heißt mich auch für denselben bitten. Schone deren, o Gott, die Dich heute beleidigt haben, und denke an die in Gnaden, die noch nicht ernstlich an Dich denken in Buße und Besserung; erleuchte, die noch in Finsternis wandeln, und deren Namen in Dein Buch geschrieben sind. Erbarme Dich derer, welche die Sonne in ihrem Zorn haben untergehen lassen; stärke, die in der Nacht noch arbeiten müssen; begleite die Reisenden; sei ein Vater aller Trostlosen, ein Arzt und Helfer der Kranken, die elender Nächte viele haben, und erleichtere die Stunden denen, die nicht schlafen können.

Und weil mein Leben einmal wird ein Ende nehmen, so lass mich auch am Ende dieses Tages an das Ende meines Lebens denken. Wann der letzte Abend meines Lebens kommt und mir die Sonne zum letzten Mal untergeht, so fahre sie immer hin: bleib’ Du nur alsdann bei mir, Herr Jesu, Du Sonne der Gerechtigkeit; gehe in meinem Herzen nimmermehr unter, und nimm meine Seele zu Dir. Deine Heiligen werden wie die Sterne droben im Himmel leuchten: lass mich auch, wie das geringste Sternlein, ewig leuchten droben in Deines und meines Vaters Reich, und gib mir aus Gnaden mein Kinderteil, was Du für mich verwahrt und hingelegt hast in dem Himmel. Amen. (Friedrich Arndt)


Herr, wer wird wohnen in deiner heiligen Hütte? Wer wird bleiben auf deinem heiligen Berg? Wer ohne Wandel einhergeht und recht tut und redet die Wahrheit von Herzen.
Weil es ein Heiligtum bei uns Menschen gibt, müssen wir uns besinnen: Wer hat dort Zutritt? Was gibt mir das Recht, dass ich dorthin gehen kann? So war es in Israel, als das Zelt Gottes bei ihm war. Wer in das Zelt hineingelassen wird, ist verborgen; das Gastrecht schützt ihn und gewährt ihm Anteil am Tisch des Gastfreundes. Als an die Stelle der „Hütte“ der „heilige Berg“ trat mit dem von seinen Mauern umgebenen Gotteshaus, stellte es vor alle Glieder der Gemeinde die Frage: Für wen öffnen sich die Tore? Für wen gibt es eine Stätte an dem für Gott geheiligten Ort? Hätten wir bei uns kein Heiligtum mehr, so wäre diese Frage für uns erledigt. Aber der alte Tempel ist nicht dazu abgebrochen worden, dass es keinen Tempel mehr gebe. Brecht den Tempel ab, sagte Jesus; ich werde ihn neu bauen. Er ist unser Tempel, weil wir bei ihm in Gottes Gegenwart stehen. Darum ist die Frage des Psalms auch unsere Frage, und je herrlicher das Heiligtum und je größer die Gnade ist, die wir dort finden, desto tiefer bewegt uns die Frage: Wer darf auf deinem heiligen Berg bleiben? Und umso seliger ist die Antwort, die uns sagt, dass es einen Zugang zum Heiligtum gibt und eine ebene Bahn uns dorthin führt, die für alle gangbar ist. Wandle redlich, sagt der Psalmist; tue, was gerecht ist, und rede die Wahrheit, indem dein Wort das sagt, was in deinem Herzen ist. Verstellung, Unrecht und Lüge machen dich unwürdig zum Eintritt in das Heiligtum; denn du findest dort den, der die Gerechtigkeit lieb hat und die Wahrheit beschirmt. Ruft nicht Jesus die Sünder? O ja; so war es auch im alten Heiligtum, wo das Feuer des Altars auch für die brannte, die sich versündigt hatten, und ihr Opfer empfing, damit ihnen die Vergebung gewährt werde. Ebenso ist uns Christus dazu gegeben, damit wir die Vergebung empfangen. Die Vergebung macht aber dem Unrechttun ein Ende und führt aus dem Schein und der Lüge heraus in die Wahrheit hinein. An die Redlichkeit unseres Willens ist das Bleiben auf Gottes heiligem Berg gebunden. Wem dieser Wille Gottes nicht gefällt, für den gibt es kein Heiligtum.
Zu Dir rufst Du uns, herrlicher und heiliger Gott, und bereitest uns ein Heiligtum, in dem wir bei Dir sind. Mache Deinen Ruf in uns kräftig, dass er unredliches Wesen und lügenden Schein von uns treibe, damit wir im hochzeitlichen Kleid als Deine festliche Schar in Lauterkeit und Wahrheit Dir dienen. Amen. (Adolf Schlatter)

Herr, wer wird wohnen in deiner heiligen Hütte? Wer wird bleiben auf deinem heiligen Berg? Wer ohne Wandel einhergeht und recht tut und redet die Wahrheit von Herzen.
Weil es ein Heiligtum bei uns Menschen gibt, müssen wir uns besinnen: Wer hat dort Zutritt? Was gibt mir das Recht, dass ich dorthin gehen kann? So war es in Israel, als das Zelt Gottes bei ihm war. Wer in das Zelt hineingelassen wird, ist verborgen; das Gastrecht schützt ihn und gewährt ihm Anteil am Tisch des Gastfreundes. Als an die Stelle der „Hütte“ der „heilige Berg“ trat mit dem von seinen Mauern umgebenen Gotteshaus, stellte es vor alle Glieder der Gemeinde die Frage: Für wen öffnen sich die Tore? Für wen gibt es eine Stätte an dem für Gott geheiligten Ort? Hätten wir bei uns kein Heiligtum mehr, so wäre diese Frage für uns erledigt. Aber der alte Tempel ist nicht dazu abgebrochen worden, dass es keinen Tempel mehr gebe. Brecht den Tempel ab, sagte Jesus; ich werde ihn neu bauen. Er ist unser Tempel, weil wir bei ihm in Gottes Gegenwart stehen. Darum ist die Frage des Psalms auch unsere Frage, und je herrlicher das Heiligtum und je größer die Gnade ist, die wir dort finden, desto tiefer bewegt uns die Frage: Wer darf auf deinem heiligen Berg bleiben? Und umso seliger ist die Antwort, die uns sagt, dass es einen Zugang zum Heiligtum gibt und eine ebene Bahn uns dorthin führt, die für alle gangbar ist. Wandle redlich, sagt der Psalmist; tue, was gerecht ist, und rede die Wahrheit, indem dein Wort das sagt, was in deinem Herzen ist. Verstellung, Unrecht und Lüge machen dich unwürdig zum Eintritt in das Heiligtum; denn du findest dort den, der die Gerechtigkeit lieb hat und die Wahrheit beschirmt. Ruft nicht Jesus die Sünder? O ja; so war es auch im alten Heiligtum, wo das Feuer des Altars auch für die brannte, die sich versündigt hatten, und ihr Opfer empfing, damit ihnen die Vergebung gewährt werde. Ebenso ist uns Christus dazu gegeben, damit wir die Vergebung empfangen. Die Vergebung macht aber dem Unrechttun ein Ende und führt aus dem Schein und der Lüge heraus in die Wahrheit hinein. An die Redlichkeit unseres Willens ist das Bleiben auf Gottes heiligem Berg gebunden. Wem dieser Wille Gottes nicht gefällt, für den gibt es kein Heiligtum.
Zu Dir rufst Du uns, herrlicher und heiliger Gott, und bereitest uns ein Heiligtum, in dem wir bei Dir sind. Mache Deinen Ruf in uns kräftig, dass er unredliches Wesen und lügenden Schein von uns treibe, damit wir im hochzeitlichen Kleid als Deine festliche Schar in Lauterkeit und Wahrheit Dir dienen. Amen. (Adolf Schlatter)


HErr! wer wird wohnen in deiner Hütten der wird wohl bleiben.

Aus diesem ganzen Psalm kann man den Unterschied der wahren und falschen Christen, und ihre Kennzeichen lernen. Es ist nichts unter dem Himmel, das seine Kennzeichen nicht hätte, ob es gut oder böse, falsch oder gerecht sei: Vielmehr aber ein Mensch, welchen man an seinem Leben, als einen Baum an seinen Früchten erkennt. Willst du nun einen guten Baum, den der HErr gepflanzt hat, und einen wahren Bürger des Himmelreichs erkennen, so lese diesen Psalm. Wenn sich bei einem Menschen 1) Redlichkeit des Herzens und Gerechtigkeit des Wandels, 2) Wahrhaftigkeit und Freundlichkeit der Zunge, 3) Verachtung der Gottlosen und Verehrung der Gottesfürchtigen, 4) getreue Leistung der Zusage, 5) Vermeidung des Wuchers, und 6) Hass gegen den Geiz, ich sage, wenn sich alles dieses bei einem Menschen in der Tat und Wahrheit findet, so ist er ein wahrer Christ, hat den rechten Glauben und ist auf den Felsen Christum erbauet. Darum wenn ein Ungewitter kommt, so wird er stehen bleiben; es wird ihn kein Unglück überwältigen und umstürzen.

Erhalt uns bei dem Glaubensgrunde, den Du den Eckstein hast genennt, dass man Dich nicht nur mit dem Munde, auch mit dem Herzen selbst bekennt. Wenn uns die Welt Verfolgung dräut, so gib, o HErr, Beständigkeit! (Johann Arnd)

Auslegungen

1. Ein Psalm Davids. HErr, wer wird wohnen in deiner Hütte? Wer wird bleiben auf deinem heiligen Berg? 2. Wer ohne Wandel einher geht, und recht tut, und redet die Wahrheit von Herzen; 8. Wer mit seiner Zunge nicht verleumdet, und seinem Nächsten kein Arges tut, und seinen Nächsten nicht schmäht; 4. Wer die Gottlosen nichts achtet, sondern ehret die Gottesfürchtigen; wer seinem Nächsten schwört und hält es; 5. Wer sein Geld nicht auf Wucher gibt, und nimmt nicht Geschenk über den Unschuldigen. Wer das tut, der wird wohl bleiben.

Der 15. Psalm heißt in seiner Überschrift: 1) Ein Psalm Davids; macht sodann 2) eine wichtige Frage V. 1.; 3) bekommt eine umständliche Antwort V. 2. 3. 4. 5.; 4) welche Antwort mit einem gläubigen Schlusswort versiegelt wird: Wer das tut, der wird wohl bleiben. So hat David schon zu seiner Zeit das Trachten nach dem Reich GOttes und nach Seiner Gerechtigkeit geübt, und dazu kann man diesen Psalmen auch noch jetzt beim Licht des Evangelii brauchen. Man sehe nur, wie ihn der HErr JEsus in Seiner Bergpredigt Matth. 5. 6. 7. erklärt hat, und lasse dadurch sein Herz in den rechten Hunger und Durst nach der Gerechtigkeit gesetzt, und bis zur Willigkeit, darüber zu leiden, erweicht werden, so wird es einen am evangelischen Seligwerden aus Gnaden nicht hindern, sondern den richtigsten Weg dazu führen.

Je mehr das Verderben überhand nimmt, je mehr mögen in einem um den Schaden Josephs, bekümmerten Gemüt dergleichen Fragen aufstehen: ja, wer kann denn noch selig werden? (Karl Heinrich Rieger)

Predigten

Arndt, Johann - Erbauliche Psalter-Erklärung - Psalm 15.

Dieser Psalm nennt uns sechs Kennzeichen der wahren Diener Christi und Bürger des Himmelreichs, nämlich Redlichkeit des Herzens, Freundlichkeit der Zunge, Verachtung der Gottlosen, getreue Leistung der Zusage, Vermeidung des Wuchers und Abscheu gegen den Geiz. Diese Beschreibung der wahren Diener Christi beginnt David mit der Frage:

V. 1. HErr, wer wird wohnen in deiner Hütte, und wer wird bleiben auf deine in heiligen Berge? D. i. ach lieber Gott, weil Jedermann den Namen eines Christen führt und doch nichts Christliches tut, für fromm will gehalten sein und doch die Kraft und Tat der Gottseligkeit verleugnet, und also die Welt voll Heuchler und Gleißner ist, so frage ich billig, woran ich diejenigen erkennen soll, die wahre Bürger der christlichen Kirche und deines ewigen Himmelreiches sind, die ewig bei dir leben und bleiben werden.

Es ist nichts unter dem Himmel, das nicht seine Kennzeichen hätte, ob es gut oder böse, falsch oder gerecht sei, um wie viel mehr erkennt man einen Menschen an seinem Leben, wie einen Baum an seinen Früchten. Willst du nun einen guten Baum erkennen, den der HErr gepflanzt hat, einen wahren Bürger des Himmelreiches, so lies diesen Psalm. St. Paulus hat es in einem schönen Spruch zusammengefasst (2 Tim. 2,19): Der feste Grund Gottes besteht und hat dies Siegel: Gott kennt die Seinen, und es trete ab von der Ungerechtigkeit, wer den Namen Christi nennt. Von der Ungerechtigkeit abtreten, umfasst die ganze Buße und Bekehrung des Menschen und das ganze neue Leben. Ein neues Leben, das nach Christo gebildet ist, das ist das Kennzeichen eines wahren Christen.

Die christliche Kirche wird aber hier zuerst genannt eine Hütte Gottes nach der Stiftshütte des Alten Testaments, da Gott seine Gegenwart verheißen und den Gottesdienst gestiftet hat; zugleich werden wir aber erinnert, unser Leben als eine Pilgrimschaft nach den ewigen Hütten Gottes anzusehen. Dann aber heißt die christliche Kirche auch Gottes heiliger Berg wegen des Tempels, der auf dem Berge Morija erbaut war, und erinnert uns, dass Gott seine Kirche als einen festen Berg gründet, den auch die Pforten der Hölle nicht sollen überwältigen, da wir eine bleibende Stätte und Ruhe, das rechte, gewisse, beständige Vaterland finden können.

Das rechte Kennzeichen eines wahren Christen ist:

V. 2. Wer ohne Wandel einhergeht und recht tut und redet die Wahrheit von Herzen. Hier beschreibt der Psalm einen Christenmenschen nach dem Herzen und zeigt den Christenwandel aus dem Grund des Herzens. Da soll erstlich im Herzen Gerechtigkeit, Redlichkeit und Wahrheit sein. Weil aber ein fleischliches, natürliches Herz nicht also ist, sondern voll Ungerechtigkeit, Falschheit und Betrug, so fordert der Psalm hier erstlich die Buße, d. i. Erkenntnis der angeborenen Ungerechtigkeit, die so tief in der Menschen Herzen verborgen ist, dass sie der Mensch an sich selbst nicht erkennt. So lange blinde Eigenliebe in dir herrscht, kannst du dich selbst und deine Sünde nicht erkennen, noch zur wahren Buße kommen. Dazu ist erforderlich die wahre göttliche Reue über deine Blindheit und Bosheit und der wahre Glaube, der das Herz reinigt und erneuert nach Christo Jesu, unserem HErrn. Der Mensch muss von Innen heraus gerechtfertigt werden durch den Glauben an Christum, es muss in ihm auch ein neues Herz geschaffen werden durch den heiligen Geist, der Mensch muss neu geboren werden, dass Christus in ihm wohne und er in Christo. Dann folgt die herrliche Frucht, davon unser Psalm sagt: wer ohne Wandel einhergeht und recht tut.

Du musst erst einen guten Baum pflanzen, ehe er gute Früchte bringen kann, so muss denn auch im Menschen der Glaube zuerst da sein, dann folgen seine Früchte. Der Glaube zieht Christum in sich und vereinigt sich mit ihm, ergreift in Christo Gottes Gnade, Versöhnung, Vergebung der Sünden; das ist die Rechtfertigung. Dieser Glaube ändert dann das menschliche Herz, macht es Christo gleichförmig, nämlich liebreich, demütig, sanftmütig, freundlich, barmherzig; das ist die Erneuerung. Durch den Glauben wirkt der Heilige Geist täglich seine geistlichen, himmlischen Früchte. Wo aber der Glaube nicht ist, da ist auch Christus und der Heilige Geist nicht, da ist das Herz unrein, falsch, verkehrt, da ist auch der Wandel nicht recht und gehört unter den Fluch. Ach, lernt recht gründlich, von Herzen Buße tun, das böse, falsche Herz ändern und reinigen, dass Alles, was ihr mit Gott und Menschen handelt, von Herzensgrund gehe ohne Heuchelei und Gleisnerei; denn der Glaube kann nicht in einem solchen Herzen wohnen, Christus und der Heilige Geist auch nicht, ein solcher Mensch gehört nicht in die Hütte Gottes, sondern unter das Otterngezüchte.

Das andere Kennzeichen eines wahren Christen ist:

V. 3. Wer mit seiner Zunge nicht verleumdet und seinem Nächsten kein Arges tut und seinen Nächsten nicht schmähet. Wenn das Herz des Menschen gereinigt ist durch den heiligen Geist, und Christus in dem Menschen wohnt, so redet er auch durch des Menschen Mund und macht des Menschen Zunge holdselig, freundlich, lieblich und heilsam, und eines frommen, gläubigen Christen Worte kommen aus Gott, aus Christo und dem heiligen Geist. Da haben wir das andere überaus schöne Kennzeichen eines wahren Christen; wie zuvor die Liebe im Herzen leuchtet, so hier die Liebe in der Zunge. Daraus schließt unser Psalm, dass der in der Hütte Gottes nicht wohnen wird, noch auf Gottes heiligem Berge bleiben, d. i. dass der kein Christ ist, noch Teil hat am Himmelreich, der mit seiner Zunge verleumdet.

Warum beginnt aber der Psalm gleich mit Verleumdung? Darum weil das erste und ärgste Wert des Satans Verleumdung und Lüge ist; deshalb heißt er auch ein Vater der Lügen. So ist denn auch das erste Werk des Satans im Menschen Lüge und Verleumdung. Wie kann ein solcher ein Christ sein? Er ist nichts anderes denn ein Werkzeug des Satans; denn wie Christus durch eines gläubigen Menschen Mund redet, so der Satan durch den Mund der Verleumder.

Es ist aber wohl zu merken, dass der Psalm dazufügt: und seinem Nächsten kein Arges tut, um anzudeuten, dass man dem Nächsten nichts ärgeres tun kann denn verleumden. Darum sagt wohl Sirach (28,25): seine Geißel ist ärger denn die Hölle, und seine Plage bitterer als der Tod. Es ist auch nicht auszureden, was für Arges und Übles eine böse Zunge anrichtet. Darum nennt Jakobus (3,6.8) die Zunge ein unruhiges Übel voll tödlichen Giftes, eine Entzündung der Hölle, eine Welt voll Ungerechtigkeit.

Auf die Verleumdungen folgen endlich Schmähungen; denn wie Verleumdungen heimlich sind, so Schmähungen öffentlich. David hatte viel Kreuz, aber über nichts klagt er im Psalter mehr als über die bösen Zungen; und ähnlich tut auch Hiob. Was aber sagt die Schrift? Der Geist der Herrlichkeit ruht auf euch (1 Petr. 4,14). Und was ist es anderes als der alten Schlange Feindschaft, die Christum in die Ferse sticht? Musst du solches leiden, so verbirg dich unter die Schmach Christi und habe Verlangen nach der Gemeinschaft der Himmelsfürsten, der heiligen Engel; da wirst du die höchste Ehre haben, die besser ist denn Ehre vor allen Menschen auf Erden.

V. 4. Wer die Gottlosen nichts achtet, sondern ehret die. Gottesfürchtigen. Das setzet unser Psalm weiter unter die Kennzeichen der Kinder Gottes. Wahr ists: wenn gottlose Leute reich und mächtig sind, so werden sie hochgehalten in der Welt; Jedermann ehrt sie und begehrt ihre Freundschaft, Niemand will sie gerne erzürnen; dagegen ein Armer, der fromm und gottesfürchtig ist, wird verachtet und unterdrückt. Vor solchem verkehrten Wesen soll sich nun ein Kind Gottes hüten und soll lernen, dass das eine große Sünde ist. Denn die Gottlosen sind wider Gott und Gott ein Gräuel; wer nun einen Gottlosen hoch achtet, der tut wider die Liebe Gottes. Es wird aber auch der Unterschied zwischen Tugend und Laster, zwischen Ehrbarkeit und Schande aufgehoben, und alle Furcht Gottes gedämpft und ausgerottet. Und wenn man die gräulichsten Untugenden für Tugend hält, die Lügen für Wahrheit, die Ungerechtigkeit für Gerechtigkeit, so muss Fluch und Untergang darauf folgen. Es werden aber auch die Kinder Gottes, wenn sie die Gottlosen wegen ihres Reichtums hochachten, von diesen verachtet und verspottet als lose Leute, die nur froh sind, wenn sie der Gottlosen Freundschaft und Gnade bekommen können. Und obwohl ein Christ ein demütiges Herz haben soll gegen Jedermann, so soll er doch in seinem Glauben, in der Liebe und Furcht Gottes so hohen und adligen Gemütes sein, dass er keinem gottlosen Reichen zu Gefallen etwas Böses tun oder etwas Gutes unterlassen möchte. Kurz der Welt Freundschaft ist Gottes Feindschaft.

Gleich wie nun das eine große Sünde ist, die Gottlosen hochachten und ehren, so ist das auch eine große Sünde, einen frommen, gottesfürchtigen Menschen verachten darum, weil er arm ist. Denn darin zeigt sich, wie klein die Liebe Gottes bei einem solchen Menschen ist; wer Gott lieb hat, der hat auch alle christlichen Tugenden lieb, sie seien bei einem Armen oder einem Reichen. Und Gott selbst hält den Gottesfürchtigen hoch und weit über alles, was in der Welt herrlich ist; denn der HErr hat Gefallen an denen, die ihn fürchten (Ps. 147,11), und Sirach sagt (10,27): Fürsten und Könige sind groß, aber so groß nicht, als der Gott fürchtet. Und wenn fromme, gottesfürchtige Leute auch arm sind, so sind sie doch Gottes Freunde und Erben des ewigen Reiches, welche die ewige Herrlichkeit und Seligkeit besitzen werden. Da wird es einmal offenbar werden, mit welchen Leuten wir Freundschaft gemacht haben.

Das vierte Kennzeichen eines wahren Christen nennen uns die folgenden Worte:

Wer seinen Nächsten schwört und hält es, d. i. wer mit seinem Nächsten treulich, redlich, aufrichtig handelt und Zusage hält. Darf und kann aber ein Christ mit gutem Gewissen schwören, da doch Christus, unser HErr spricht (Matth. 5,34.37): ich sage euch, dass ihr allerdings nicht schwören sollt: eure Rede sei Ja, Ja, Nein, Nein; was darüber ist, das ist vom Übel? Antwort: der HErr verbietet das leichtfertige Schwören, welches geschieht ohne Not; denn das ist ein Missbrauch des Namens Gottes, der doch in unserem Herzen heilig und herrlich sein soll, und so lieb als Gott selbst. Dass aber ein Christ im Notfall schwören kann mit gutem Gewissen, das gibt Gott im zweiten Gebot zu verstehen: du sollst den Namen des HErrn, deines Gottes nicht missbrauchen oder unnützlich führen. Sonach mag man ihn wohl nützlich führen und recht brauchen zur Bestätigung der Wahrheit, aber nur nicht unnützlich, vergeblich. Daher heißt es (5 Mos. 6,13): du sollst bei dem Namen deines Gottes schwören und nicht bei denen, welche die Wahrheit nicht also bezeugen können als Gott selbst. Denn der rechte Eid ist eine Anrufung des Namens Gottes. In schweren Handlungen muss man eine Gewissheit haben; nun kann man in zweifelhaften Sachen keine größere Vergewisserung haben, denn so man Gott, der die Wahrheit selbst ist, zum Zeugen anruft, der nicht betrügt noch betrogen werden kann. Darum spricht die Epistel (Heb. 6,16): der Eid macht ein Ende alles Haders, dabei es fest bleibt unter ihnen. So lehrt uns die Schrift zwei Gründe, welche den Eid gestatten, die Ehre unseres Gottes und unseres Nächsten Notdurft, Nutz und Heil. Gottes Ehre ist die Bestätigung der Wahrheit und Gerechtigkeit, des Nächsten Nutz ist die Liebe in Errettung seines Leibes, Gutes und Ehre. Haben wir diese Ursachen, so mögen wir bei Gottes Namen wohl schwören. Diese Eide sollen streng gehalten werden bei Verlust der ewigen Seligkeit; denn auf dieser hat man in dem Eid verzichtet, wo man falsch schwört oder den Eid nicht hält.

V. 5. Wer sein Geld nicht auf Wucher gibt. Das ist das fünfte Kennzeichen eines wahren Christen. Vom Wucher wird viel und mancherlei geredet; das ist aber die Summe, dass Gott, der HErr, den Wucher ernstlich verboten hat: du sollst an deinem Bruder nicht wuchern weder mit Geld noch mit Speise, noch mit Allem, damit man wuchern kann, auf dass dich Gott segne in Allem, das du vornimmst (5 Mos. 23,19); du sollst deinem Bruder dein Geld nicht auf Wucher tun, noch deine Speise auf Übersatz austun (3 Mos. 25,37). Wenn man diese und andere Sprüche genauer besteht, so findet sich's, dass unser lieber Gott solchen Wucher verboten, dadurch der Nächste in Schaden und Verderben gebracht und allein des Wucherers Geiz befriedigt wird. Wer sein Geld also ausleiht, dass er nur seinen unersättlichen Geiz fülle, und den Nächsten aussauget, der begeht eine große Sünde, die wider Gott und alle christliche Liebe, wider die Ehrbarkeit und alle Vernunft geht. Deshalb wurden solche Leute auch bei den Heiden nicht für ehrbar gehalten: viel weniger sollten sie bei Christen für Christen gehalten werden.

Weil aber ein Mensch des andern Hilfe bedarf, und Mancher mit eines Andern Geld seinen Bissen Brot und Nahrung schaffen kann, und darum einen Handel und Vertrag macht, so ist es nicht alsbald für wucherisch zu schelten, wenn die christliche Liebe den Vertrag regiert und das Gesetz der Natur: Alles, was ihr wollt, dass euch die Leute tun sollen, das tut ihnen auch. Denn wenn du einem mit deinem Geld dienst, wie du in gleichem Fall dir wolltest gedient haben, so ist das nicht wider Gottes Gebot. Aber in solchem Fall darf ein Christenmensch nicht allein auf der Obrigkeit Ordnung, und was diese erlaubt, sehen, sondern auf das, was die Liebe verlangt, dass der Nächste nicht verderbt werde, und du vor Gott nicht verklagt werdest; denn vor Gott wird dich das weltliche Recht nicht entschuldigen. Gewöhnlich leihet Niemand gerne den Notdürftigen, welchen oft mit Wenigem zu einer Nahrung zu verhelfen wäre, sondern Jedermann leiht lieber dem Reichen und Vermögenden, sein Einkommen und Gut zu mehren, und gute, müßige Tage damit zu schaffen. Wer aber allein dahin sieht, und nur sich selbst versorgen will, Niemanden von dem Seinen Gutes tut und seinen Nächsten vor seinen Augen verderben lässt, der wird ein Ende davon bringen wie die, so nicht reich in Gott sind. Das ist nun die Summa, dass du deinen armen notdürftigen Nächsten leihst und ihn nicht zu Schaden bringest.

Und nimmt nicht Geschenk über den Unschuldigen. Dies geht erstlich das richterliche Amt der Obrigkeit an, welches aufrichtig ohne Ansehen der Person geführt werden soll. Du sollst nicht Geschenk nehmen; denn die Geschenke machen die Sehenden blind, und verkehren die Sache der Gerechten (2 Mos. 23,8). Solches hält der Prophet Jesajas (1,23) der Stadt Jerusalem vor: deine Fürsten sind Abtrünnige und Diebsgesellen, sie nehmen alle gerne Geschenke und trachten nach Gaben, den Waisen schaffen sie nicht Recht, und der Witwen Sache kommt nicht vor sie. Aber nicht allein die Obrigkeit ist gemeint, sondern alle die, die sich mit Geld bewegen und erkaufen lassen, andre Leute fälschlich zu belügen, wie gar oft falsche Zungen erkauft werden, oder sonst den Nächsten um Glimpf und Ehre, Leib und Gut bringen. Das sind Judasgesellen, die unschuldiges Blut verraten und verkaufen; sie werden auch Judaslohn empfangen.

Bei dem sich nun diese Kennzeichen christlichen Lebens finden, von dem sagt der Psalm:

Wer das tut der wird wohl bleiben. Er bezeugt damit, dass er ein wahrer Christ ist und den rechten Glauben hat und auf den Felsen Christum erbaut ist. Es wird ihn kein Unglück überwältigen und stürzen. Und weil alle jene Kennzeichen Früchte des wahren Glaubens sind, so gefallen sie Gott wohl, und Gott, der HErr, wird um Christi willen ihm seine Sünde vergeben, die übrigen Gebrechen heilen und zudecken, ihn ewig selig machen; so wird er ewig wohl bleiben. Denn die Welt vergeht mit ihrer Lust, wer aber den Willen des HErrn tut, der bleibet in Ewigkeit. Amen.

Gebet.

HErr, allmächtiger Gott, himmlischer Vater, du hast uns dein Gesetz gegeben, dass wir deinem Willen sollen gehorsam sein, und forderst von uns, dass wir sollen fromm, redlich, ehrbar, keusch und züchtig unter einander leben und ohne allen Betrug einander dienen, wollen wir anders in deiner Hütte wohnen und deine Kinder sein und bleiben. Wir bitten dich, du wollest uns deinen heiligen Geist ins Herz geben, dass wir stets auf deinen Willen und Gebot sehen, des Geistes und Glaubens Früchte und guten Werken gegen dich und unseren Nächsten immerdar üben und beweisen. Verleihe uns ein redliches Herz, du frommer Gott, um Christi willen durch deinen heiligen Geist, auf dass wir allezeit deine Gnade und Gunst behalten, und nach den Gottlosen und ihrem Glück nichts fragen, sondern nur auf dich und dein Wort und auf die Gottesfürchtigen wohl achten und allezeit den Glauben und gutes Gewissen behalten. Amen.

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