Psalm 77,10
Andachten
Hat denn Gott vergessen, gnädig zu sein, und seine Barmherzigkeit vor Zorn verschlossen.
So überzeugt David war, dass die Barmherzigkeit Gottes keine Grenzen habe, seine Güte und Gnade ewig währe; so kam er doch oft in solche Gemütszustände, dass es ihm schien, seine Barmherzigkeit habe denn doch jetzt ein Ende gegen ihn, und seine Gnade und Güte habe sich von ihm gewendet. Wenn dich, Lieber, der Herr in ähnlichen Wegen führt; wenn er sein Angesicht vor dir verbirgt oder dir unfreundlich und zürnend erscheint, so verzage nicht. Das haben die Vertrautesten Gottes erfahren müssen. Rede dann nur auch so, wie sie, mit ihm, und sage und klage ihm, was dein Herz fühlt. Musst du heute zu ihm sagen: Ist es denn ganz und gar aus mit deiner Gnade! so wirst du morgen oder ein andermal seine Gnade nicht genug rühmen können. Der Herr wird dir ein neues Lied in deinen Mund geben. Am Ende wirst du allemal laut bekennen müssen: Seine Güte währet ewiglich. Hast du dieses einmal recht erkannt und erfahren, so glaube daran, und halte es im Glauben fest, auch dann, wenn du es nicht fühlst, wenn du das Gegenteil erfährst. Glaubst du doch, dass die Sonne hell und leuchtend ist und bleibt, auch wenn sie bei einer Finsternis wie mit einem schwarzen Flor bedeckt ist. Der Herr ist immer derselbe, auch wenn er dir des Tages siebenmal anders erscheint. Halte du dich an sein Wort, nicht an die Erscheinungen deiner Sinne. (Johannes Evangelista Gossner)