Johannes 14,26
Andachten
Aber der Tröster, der Heilige Geist, welchen der Vater senden wird in Meinem Namen, derselbe wird’s euch Alles lehren.
Ein Tröster oder Beistand ist derjenige, der einem Schwachen und Unwissenden angibt, was er tun oder reden solle. Als der Heiland sichtbar bei Seinen Jüngern war, war Er ihr Tröster; denn Er lehrte sie bei jeder Gelegenheit, was sie tun sollten, und gaben ihnen die Worte in den Mund, welche sie reden sollten, wenn Er sie aussandte. Als Er aber zu ihnen sagte, Er gehe zu Vater, und sie werden Ihn über ein kleines nicht sehen: so wurden sie traurig, weil sie sich ihrer Schwachheit und Unwissenheit bewusst waren, und ohne Seine tägliche Unterweisung durchzukommen nicht hofften; deswegen tröstete Er sie damit, dass Er zu ihnen sagte, Joh. 14,16.: Ich will den Vater bitten, und Er soll euch einen andern Tröster oder Beistand geben, einen solchen nämlich, der alles dasjenige an euch tue, was Ich bisher getan habe, der euch so deutlich und so zuverlässig und so treulich unterweise, wie Ich bisher mit Meiner menschlichen Stimme getan habe. Er nannte auch diesen Tröster, und sagte, er sei der Heilige Geist, den Er senden werde (Joh. 16,7.), den aber auch der Vater in Seinem Namen, das ist um Seines Verdienstes und um Seiner Fürbitte willen senden werde. Derselbe, setzt Er hinzu, wird euch Alles lehren, was ihr glauben, reden und tun sollt. Der Heiland hat also Seinen Aposteln kein großes Buch voll Regeln mitgegeben, da Er sie in die Welt ausschickte, das Evangelium zu predigen; denn die Menge und die Verschiedenheit der Fälle, die vorkommen, ist so groß, dass bei allen Regeln noch Vieles zu fürchten und zu fragen überbleibt, wenn nicht ein göttlicher Lehrer der Seele beisteht. Und wer will der Schwachheit der Menschen aufhelfen, wer will ihr Unvermögen stärken? Wer will sie von der Lust und Furcht, womit sie gebunden sind, und wodurch sie am Tun des Willens Gottes gehindert werden, befreien, wenn es nicht der Heilige Geist tut? Damit wir aber nicht meinen, als ob der Heilige Geist nur der Beistand der Apostel habe sein sollen, so wollen wir bedenken, dass der Geist des himmlischen Vaters in allen Gläubigen wohne (Röm. 8,11.), dass Er als der Geist Seines Sohnes in die Herzen aller Kinder Gottes gesandt werde (Gal. 4,6.), dass Er sie alle treibe oder leite (röm. 8,14.), dass Er ihrem Geist Zeugnis gebe, dass sie Gottes Kinder seien (V. 16.), dass Er ihrer Schwachheit bei dem Beten aufhelfe, und, da sie nicht wissen, was sie beten sollen, wie sich’s gebührt, sie aufs Beste mit unaussprechlichem Seufzen vertrete; da dann, der die Herzen forscht, weiß, was des Geistes Sinn sei; denn Er vertritt die Heiligen nach dem, das Gott gefällt (V. 26.27.). Er wird den Gläubigen als ein Geist der Weisheit und der Offenbarung zur Erkenntnis Gottes, als ein Geist der Kraft und der Liebe und der Zucht zu einem wohlgeordneten Wandel, als ein Siegel zur Versicherung ihres Gnadenstandes und als ein Angeld des himmlischen Erbes zur Erweckung und Stärkung ihrer Hoffnung gegeben. Beweist Er sich also nicht an ihnen allen als ein Tröster oder Beistand? Lehrt Er sie nicht auch, was sie nötig haben? Wenn sie aber dem Heiligen Geist widerstreben, wenn sie sich Ihm entziehen und Seine Leitung und Inwohnung ausschlagen, so kommt ein unreiner Geist über sie, und macht sie zur Ausübung der Bosheit stark und witzig, kühn und behänd: so dass sie hierin mehr tun können, als man von ihrer Natur erwarten könnte. Weil also die menschliche Seele nicht ohne die Einwirkung und Regierung eines andern Geistes sein kann, so will ich Gott bitten, dass Er mich immer durch Seinen Heiligen Geist regiere. Ich will mich der Rede Christi Luk. 11,11.12.13. erinnern, wo mich der Heiland so schließen lehrt: so ihr irdischen Väter, die ihr arg seid, euren Kindern auf ihre Bitte Brot und andere gute Gaben geben könnt: wie vielmehr wird der Vater im Himmel den Heiligen Geist geben denen, die Ihn bitten? (Magnus Friedrich Roos)
Derselbige Geist wird euch erinnern alles dessen, das Ich euch gesagt habe.
Dieser Verheißung haben wir’ zu danken, dass vier Männer, nämlich Matthäus, Markus, Lukas und Johannes die Reden Jesu viele Jahre nach Seiner Himmelfahrt treulich haben beschreiben können; denn obschon Markus und Lukas nicht unter den zwölf Aposteln waren, so haben sie doch von diesen ächten Nachrichten von demjenigen, was Jesus geredet hat, vernehmen und alsdann schreiben können. Die Apostel selbst haben’s dieser Verheißung zu danken gehabt, dass sie einen guten Kampf kämpfen, einen richtigen Lauf durch die Welt machen, und bis ans Ende Glauben halten konnten: denn nichts hat sie dabei so sehr stärken und leiten können, als die Erinnerung der Reden Jesu. Sie hatten zwar auch die Schriften des Alten Testaments: allein die Reden Jesu enthielten mehr Licht als jene, und passten auf den Zustand und die Schicksale der Apostel genauer als jene.
Auch unser Gedächtnis soll, wie unsere ganze Seele, der Wirkung des Heiligen Geistes offen stehen. Wie oft kommt ein Fall vor, wobei man in der Gefahr steht, in eine Sünde zu fallen, und auf einen Schmerzens-Weg zu geraten: aber ein zur rechten Zeit ins Angedenken gebrachter Spruch, oder eine im Gemüt erneuerte schriftmäßige Wahrheit, wenn sie auch nicht mit Schriftworten ausgedrückt ist, hält den Menschen von dem Fall und Irrweg zurück. Hiermit wird erfüllt, was Ps. 25,8.9. steht: der HErr ist gut und fromm, darum unterweiset Er die Sünder auf dem Wege, Er leitet die Elenden recht, und lehret die Elenden Seinen Weg; und was Ps. 32,8. steht: Ich will dich unterweisen und dir den Weg zeigen, den du wandeln sollst: Ich will dich mit Meinen Augen leiten. Kann ein böser Engel oft einem gottesfürchtigen Menschen wider seinen Willen ärgerliche Dinge ins Angedenken bringen: warum sollte nicht der Heilige Geist Gottes an wahre und kräftige Worte Gottes, worauf sich der Mensch selber nicht zur rechten Zeit besinnen kann, erinnern können. Ohne diese göttliche Hilfe würde kein Christ bei der Schwachheit seiner Natur, und bei dem täglichen Umtrieb, dem er ausgesetzt ist, auf dem Weg des Lebens fortschreiten können.
Will uns aber der Heilige Geist an die Worte Gottes bei jeder Gelegenheit erinnern, so ist nötig, dass wir wachen und nüchtern seien. Der Weg des Lebens ist so beschaffen, dass auch die Toren, wenn sie aufmerksam sind, darauf nicht irren können, Jes. 35,8. Wenn aber ein aufmerksamer Christ eine Erinnerung von dem Heiligen Geist bekommt, so versteht sich’s von selbst, dass er sich nach derselben zu richten verbunden sei. Ist’s ein Trost, so soll er sich dadurch stärken und aufrichten lassen: ist’s eine Warnung, so soll er sich durch dieselbe von etwas zurückhalten lassen: ist’s ein Gebot, so soll er sich dadurch zu etwas antreiben lassen; denn wer sein eigenes Gutdünken behaupten, und seinen eigenen Willen durchsetzen will, wird von dem Heiligen Geist vergebens erinnert, und hat hernach wegen derselben eine desto größere Verdammung in seinem Gewissen. Freilich kann es auch geschehen, dass der Satan, wenn er sich in einen Engel des Lichts verstellt, den Menschen zuweilen durch Worte der heiligen Schrift zu einem gefährlichen Schritt verleiten will, wie er’s bei Christo in der Wüste versucht hat, oder, dass das böse Herz solche übel verstandene Worte zur Rechtfertigung seiner bösen Begierden und Anschläge missbraucht: allein, wer geistlich gesinnt ist, und geübte Sinnen hat, merket diesen Betrug leichtlich; denn es ist kein Licht und keine Kraft dabei, und die falsche Deutung der Worte Gottes ist dem klaren Verstand anderer Worte zuwider. (Magnus Friedrich Roos)
Der Tröster, der Heilige Geist
Unsere Zeit ist vorzüglich die Zeit, wo der Heilige Geist an uns wirkt, wo der Herr Jesus uns nicht so sichtbar mit seiner persönlichen Gegenwart erquickt, wie er es nach und nach tun will, sondern durch die Zuwendung und beständige Nähe seines Heiligen Geistes, der jederzeit der Tröster seiner Gemeinde ist. Das ist sein Amt: die Herzen der Kinder Gottes zu trösten. Er überführt uns unserer Sünde; er erleuchtet und unterweist uns; aber dennoch besteht der wesentliche Teil seiner Arbeit darin, dass er die Herzen der Wiedergeborenen fröhlich macht, die Schwachen stärkt und alle Niedergeschlagenen erhebt. Er bewirkt dies dadurch, dass er ihnen den Herrn Jesus offenbart. Der Heilige Geist richtet uns auf, aber Christus ist die Hilfe. Um ein Bild zu gebrauchen: der Heilige Geist ist der Arzt, aber Jesus das Heilmittel. Er heilt die Wunde, aber er tut es damit, dass er uns die heilige Salbe des Namens und der Gnade Christi auflegt. Er nimmt es nicht von dem Seinen, sondern von dem, das Christi ist. Wenn wir dem Heiligen Geist den Namen „Tröster“ geben, dann überträgt unser Herz auf unseren Herrn und Heiland den Namen: „Er ist unser Trost!“ Wenn dem Christen für sein Bedürfnis eine so reichliche Hilfe gewährt wird, warum sollte er noch traurig und niedergeschlagen sein? Der Heilige Geist hat gnadenvoll zugesagt, dass er dein Tröster sein will; meinst du nun, du schwache und zaghafte, gläubige Seele, dass er seine heilige Pflicht versäumen werde? Wie darfst du voraussetzen, dass er etwas unternommen habe, was er nicht vollenden könne oder möge? Wenn es seine besondere Aufgabe ist, dich zu stärken und zu trösten, meinst du, er habe vergessen, was er sich vorgenommen hat, oder fürchtest du, dass es ihm mit der liebevollen Fürsorge, die er für dich trägt, misslingen werde? Ach, denke doch nicht so unwürdig von dem liebevollen, gütigen Heiligen Geist, dessen Name heißt: „Der Tröster“. Es ist ihm eine Wonne, die Trauernden mit Freudenöl zu salben, und den niedergebeugten, mühseligen Seelen das Feierkleid der Freude herzureichen. Vertraue auf ihn, so wird er dich gewisslich trösten, bis dass das Haus der Trauer auf immer verschlossen wird und die ewige Hochzeitsfreude beginnt. (Charles Haddon Spurgeon)