Johannes 2,4
Andachten
Jesus spricht zu ihr: Weib, was habe ich mit dir zu schaffen! Meine Stunde ist noch nicht gekommen.
Des Herrn Wort: „Meine Stunde ist noch nicht gekommen“, soll uns im Gebet nicht lässig machen, wenn es auch scheint, als sage er manchmal dasselbe auf unsere Gebete, weil immer keine Hilfe erfolgen will auf wiederholte Bitten; dennoch sollen wir nicht müde werden zu beten, zu harren, zu hoffen, und es ihm immer wieder zu sagen. Die Stunde kommt gewiss; er kann sie beschleunigen. Und ,,wenn die Stunden sich gefunden, bricht die Hilf' mit Macht herein“; denn wenn er oft hilft, ehe die Stunde geschlagen, was wird's sein, wenn die Stunde kommt! D, wenn einmal die große Stunde der allgemeinen und ewigen Hilfe kommt, wenn der Tag der vollkommenen Erlösung erscheint, welche Freude wird das sein? Darauf harren wir. Die Welt kann sich darauf nicht freuen, denn für sie kommt dann die Stunde des ewigen Verderbens; aber der Christ, der hier aufs Harren, Hoffen, Warten, zur Geduld gewiesen ist, der geht einer Stunde entgegen, die ihm mit einemmale alle Not, Mangel, Elend und Jammer abnimmt, alle Tränen abwischt, und in ewige, ungestörte Freude, in einen Reichtum und Überfluss ohne Mangel versehen wird; denkt euch, wir harren der großen Stunde des Herrn, wo er die Seinigen erlösen wird mit ewiger Erlösung, wo er allen Wein seiner Freude über sie ausschütten, wo er all' ihr Wasser der Tränen des Herzeleids, alle Not, alle Leiden, Kämpfe, Seufzer in lauter himmlischen Freudenwein verwandeln, wo er nicht nur unseren Geist, unsere Seele himmlisch und der seinen ähnlich machen, sondern selbst unseren nichtigen Leib verklären und seinem herrlichen Leibe ähnlich machen wird. Aber noch ist diese Stunde nicht-jetzt ist die Stunde der Versuchung, der Prüfung, des Leidens, Glaubens, wo Geduld not ist. Dann aber wird die Stunde des Schauens, des Lohnes, des Sieges, Triumphs und der ewigen Herrlichkeit kommen. Werdet nicht müde, auszuharren und entgegenzuharren der Stunde, dem Tage des Herrn, wo alles, was jetzt drückt und trübt, sich verwandeln wird in unaussprechliche Freude und Seligkeit. Der in Kana Wasser in Wein verwandelte, kann alles ändern, alles göttlich und himmlisch machen. Ein solcher ist unser Freund, dem wir glauben, auf den wir hoffen, zu dem wir beten, den wir im Herzen tragen. Kinder! sagt er, jetzt ist meine Stunde, euch recht und ganz zu helfen, noch nicht, harrt noch ein wenig, geduldet euch noch und dazu will ich euch auch helfen, dazu ist meine Stunde immer, euch zu unterstützen, euch in der Trübsal zu stärken und zu trösten, aber meine Stunde kommt, wo ich euch ganz und ewig glücklich machen will, wo ihr auch sein sollt, wo ich bin. diese Stunde freue ich mich, sie wird, sie muss kommen! Wie wird da der Freudenwein schmecken dem, der hier lauter Bitterwasser getrunken und Tränenbrot gegessen hat! Warum bleibt die Stunde des Herrn so lange aus? möchte mancher fragen. Seine Geduld und Langmut, die nicht will, dass ein Mensch verloren werde, sondern dass alle selig werden, ist es, die sie immer hinausschiebt. Darum müssen die Frommen warten und leiden, weil der Herr auch die Gottlosen noch selig machen möchte, dass ihrer mehrere sich freuen und mitgenießen. Darum muss man sich gedulden. Die Freude wird um so größer sein, je länger man warten muss, je mehrere dann dazu gelangen. (Johannes Evangelista Gossner.)