Hiob 8,14
Andachten
Denn seine Zuversicht vergeht, und seine Hoffnung ist eine Spinnwebe.
Viele Zuversichten gibt es, die vergehen, und viele Hoffnungen, die sind wie Spinnweben. Und doch fährt der nämliche Mensch auf die nämliche Weise fort zu hoffen und zu spinnen. Man frage den Ersten Besten, was er für einen Grund und Boden habe für sein Christentum: was wird er antworten? Je nun, ich tue, was ich kann, und Gott wird nicht mehr verlangen. Ich handle nach bester Überzeugung und strenge mich an nach besten Kräften und so meint er jeden Tag ein wenig weiter zu kommen, bis er zuletzt, wo nicht das Ziel der Vollkommenheit, doch einen gewissen Grad von Heiligung erreiche, der Gott genüge und Jeden selig machen könne. Lauter Spinnweben! Eine Zuversicht, wie die eines Menschen, der sich selbst beim Schopf nimmt, um sich aus einem Morastmeer herauszuziehen, und dann einen Strick webt, um an demselben bis in den Himmel zu klettern. Tausende, die eine Bibel zu Hause haben und denen jeden Sonntag das Evangelium gepredigt wird, haben dieselbe Spinnweben-Religion. Sie helfen sich selber, vervollkommnen sich selber und poussieren sich zuletzt bis in den Himmel, sie dürfen nur jeden Tag einen neuen Anlauf nehmen. Ihre Zuversicht zu ihnen selber steht so fest, dass sie Niemand davon abbringen kann. Haben sie gleich schon manche Schlappe erhalten, die ihnen zeigen sollte, wie es mit ihnen steht und mit ihren blauen Hoffnungen, so fangen sie doch morgen wieder an zu spinnen und in derselben Richtung fortzufahren. Was soll man da sagen? Wenn nicht Gott ein Wunder tut, so gehen eben solch einem Menschen die Augen nicht auf. Seine spießbürgerlichen Selbstanstrengungen werden fortdauern, bis er sich darin zu Tode gearbeitet hat und dann erst das Gewissen ihm aufgeht. Die erste Stunde, wo der natürliche Mensch zur Wahrheit kommt, ist die, wo der Heilige Geist ihm in die Ohren schreit: Wache auf, der du schläfst, und stehe auf von den Toten, so wird Christus dich erleuchten. (Friedrich Lobstein)