Matthäus 26,36
Andachten
Da kam Jesus mit ihnen zu einem Hofe, der hieß Gethsemane, und sprach zu seinen Jüngern: Setzt euch hie, bis dass ich dorthin gehe, und bete. Und nahm zu sich Petrus, und die zween Söhne Zebedäus, und fing an zu trauern und zu zagen. Da sprach Jesus zu ihnen: Meine Seele ist betrübt in den Tod.
Was ist es doch, dass Jesus so trauert und zagt? Für uns liegt er im Staube. An Jesu Angst in Gethsemane vergehe, du Trotz eines Herzens, das da meint, ein gutes und ruhiges Gewissen zu haben. An Jesu Angst erkenne, welche Angst auf dir liegt, liegen muss, wenn du keinen Erlöser hast, der sie für dich getragen. Wenn die Last deines Gewissens so leicht ist, warum hat Er, der unsere Last getragen, so darunter geseufzt? An Jesu Angst erkenne, was die Sünde ist. Willst du nun noch die Sünde hegen und pflegen, über sie lächeln, mit ihr spielen? Aber lerne auch an Jesu Angst zu deinem Troste: Er hat für dich gelitten. Wenn du verzagen willst in deiner Schuld, denk an Gethsemane. Darum hat er gezittert und gezagt, damit du könntest getrost sein, damit du Frieden hättest, und dessen gewiss würdest, dass er deine Last getragen. So wird seine Angst und Pein für uns die Quelle des Friedens und Trostes. So wird seine tiefste Erniedrigung für uns die Kraft des Sieges und Heils. Wir danken dir und preisen dich, treuer Herr und Erlöser, für dein heiliges Opfer! Zerschmelze durch den Anblick deiner mit dem Tode ringenden Liebe unser hartes und kaltes Herz, und lass uns durch dein bitteres Leiden ganz von der Sünde geschieden werden. Hilf uns durch deine Angst alle Angst überwinden, dass, wenn uns gleich bange ist, wir doch nicht verzagen, sondern Frieden haben. Halt uns fest in deiner Hand, dass uns nichts von deiner Liebe scheide. Amen.(Adolf Clemen)
Da kam Jesus mit ihnen zu einem Hofe, der hieß Gethsemane.
Der Ölgarten, in dem der Sohn Gottes für uns gelitten hat, ist ein Heiligtum, vor dem uns ebenfalls zugerufen wird: Ziehe deine Schuhe aus, denn der Ort, wo du stehst, ist heiliges Land. Wir werden das Leiden Christi erst dann recht verstehen, wann unser Stündlein kommen wird und es ans Sterben geht. Wann wir selber von Stufe zu Stufe immer tiefer sinken werden, dass uns zuletzt Leib und Seele verschmachten, da bleibt uns dann nichts Anderes mehr als Gethsemane und Golgatha. Das Verständnis dieser heiligsten Orte auf Erden ist ein Glaubens- und Leidensgeheimnis, das nur Christus selber uns aufschließen kann. Diese Orte sind für den Meister und für die Jünger. Jesus ging nicht allein in den Ölgarten, er nahm auch seine Jünger mit hinein. Der Jünger ist nicht über den Meister; wo ich bin, sagt der Herr, da soll mein Diener auch sein. Ebenso sagt Paulus: Ich bin mit Christo gekreuzigt. Die Leidens- und Sterbensgemeinschaft mit dem Herrn macht auch tüchtig zu der Lebens- und Herrlichkeitsgemeinschaft mit ihm. In Gethsemane hat Christus, als der zweite Adam, die Strafe des ersten Adam getragen. In einem Garten war jener in die Sünde gefallen; in einem Garten hat der zweite Adam durch seine willige Selbstentäußerung das räuberische Gott - Gleichseinwollen des ersten gebüßt und das verlorene Paradies uns wieder aufgeschlossen. Gethsemane lag unten am Ölberge, auf welchem Christus sich gen Himmel erhoben hat; die tiefste Erniedrigung und das Aufsteigen in die Herrlichkeit ist hier für den Sohn Gottes beisammen. Die Tiefen und Höhen im christlichen Leben sind auch für uns oft nahe bei einander, aber in der Nachfolge des Herrn kann weder Hohes noch Tiefes uns scheiden von seiner Liebe. (Friedrich Lobstein)
Und sprach zu seinen Jüngern: Setzt euch hier, bis dass ich dorthin gehe, und bete.
Die Jünger sollen sich setzen, die einen am Eingang des Gartens, die andern tiefer in demselben; sie sollen Zeugen des Leidenskampfes sein, der nun ihren Meister erwartet. Es ist ein Zeichen, dass Gott uns noch nicht reif zum Leiden erkennt, wenn er uns zuerst einem fremden Leiden zusehen lässt; in der Leidensgemeinschaft des Herrn aber sammelt man die nötigen Kräfte, um später ebenfalls den bittern Kelch nehmen und das Kreuz tragen zu können. Die Jünger sollen sich setzen; der Herr hat demnach im Sinn, sie einige Zeit in jenem Gärten zu lassen; man kommt oft so schnell nicht wieder aus dem Leidensgarten heraus. Sind unsere Kämpfe nur flüchtige, vorübergehende, so lernen wir nicht bis aufs Blut widerstehen und die Kreuzesfrüchte treiben nicht sehr in die Höhe. Es steckt freilich in dem Herzen eine tiefe Leidensscheu; man ist so bald müde zu kämpfen und man möchte die Krone vor der Zeit; ja, wenn man oft nur von ferne ein Kreuz ahnt, so flieht man davor wie vor einer Schlange. Aber die Jünger sind nicht allein in Gethsemane, der Herr ist bei ihnen, und was er dort für uns durchgekämpft hat, kommt uns in allen unsern Sünden- und Leidenskämpfen zu gut. Wenn der Herr uns an Orte oder in Lagen versetzt, wo sich ein Dunkel um unsere Seele zieht und die eigene Kraft zerrinnt, so ist es nur, dass wir uns desto fester an ihn selber anschließen; seine Gnade genügt uns. Er führt hinein und führt heraus; harre des Herrn und sei stille; so wird man stark und ein gesegneter Kreuzträger. (Friedrich Lobstein)
Da kam Jesus mit ihnen zu einem Hof, der hieß Gethsemane, und sprach zu seinen Jüngern: Setzt euch hier, bis dass ich dort hingehe und bete. Und nahm zu sich Petrum und die zwei Söhne Zebedäi, und fing an zu trauern und zu zagen.
Matth. 26, 36. 37.
Jesus war mit seinen Jüngern in den Garten Gethsemane getreten. Acht derselben ließ er am Eingange sich lagern, drei aber, Petrum, Jakobum und Johannem, nahm er tiefer mit sich ins Gebüsch hinein. Sie waren die ersten unter den Jüngern, am innigsten mit Jesu verbunden. Jakobus und Johannes hatten sich auf dem Wege herauf nach Jerusalem selbst anheischig gemacht, seinen Kelch bis auf den Boden mit trinken zu wollen, und Petrus war nicht nur der älteste unter den Jüngern, sondern zeichnete sich auch bei jeder Gelegenheit als der mutigste und entschlossenste aus. Auch hatte er früher schon einmal ein herrliches Bekenntnis von Jesu getan, und erst auf dem Herwege versichert, er werde den Herrn nicht verlassen, und wenn er gleich mit ihm sterben sollte. Diesen Ruhm sollten sie nun durch ihre Gegenwart bei der Todesangst des Herrn in der Tat beweisen. Sie sollten als die Stärksten auch seine tiefste Erniedrigung mit ansehen. Die Schwächeren dagegen und die Kleingläubigeren sollten fern bleiben, damit sie nicht irre würden an ihm. Wer erkennt nicht hierin die Weisheit des Herrn? Er legt den Seinen Kreuz auf, um ihre Seelen zu sich zu ziehen. Aber er legt keinem mehr auf, als er zu tragen imstande ist, damit er nicht durch eine übergroße Last von ihm hinweg gedrückt würde. Gerade, was recht ist. Der alte Jakob war ein bewährter Kreuzträger, er war des Kreuzes von Jugend auf gewöhnt; darum musste er zweiundzwanzig Jahre lang um Joseph sich ängsten. Joseph hatte ein zarteres, in der Kreuzschule weniger geübtes Herz; darum währte sein Elend nur dreizehn Jahre. Und so ist es heute noch. Wer starke Schultern hat, dem legt der Herr viel auf; aber keinen versucht er über sein Vermögen, sondern lässt allezeit die Versuchung ein solches Ende gewinnen, dass mans ertragen kann.
Doch nicht bloß darum, weil Petrus, Johannes und Jakobus die stärksten Jünger waren, durften sie Zeugen seines Todeskampfes sein; der Herr hatte noch einen andern Grund. Er hatte sie zuvor ebenfalls allein mit sich auf den Berg der Verklärung genommen. Er hatte sie dort einen Blick tun lassen in seine höchste Herrlichkeit hinein; so sollten sie ihn nun auch in seiner tiefsten Erniedrigung sehen, damit sie ihn beides, als wahrhaftigen Gott und als wahrhaftigen Menschen, recht lebendig erkennen und nachmals um so besser von ihm zeugen möchten. Ach, oft, Herr Jesu! machst du es auch mit uns so, und lässt uns dergleichen Wechsel empfinden. Bisweilen führst du die Seele gen Tabor, und lässt sie von den Kräften der zukünftigen Welt schon im Voraus etwas schmecken und sehen. Es ist ihr da so wohl, dass es ihr däucht, als sei sie schon halb im Himmel. Aber bald führst du sie wieder vom Tabor herunter und an den Ölberg, hin nach Gethsemane. Da tobt's und stürmt's und braust's auf einmal um uns her, da ist's so kalt, so trüb' im eigenen Herzen, da ist's, als ob der heilige Geist mit seinem Troste uns verlassen hätte, als ob du selbst an uns vorübergehen wolltest und uns allein lassen, wie die acht in Gethsemane. Herr Jesu! in solchen bangen Stunden gönne uns einen Blick auf den Wechsel deiner Herrlichkeit und Niedrigkeit, und lehre uns erkennen, dass du auch hierin uns ein Vorbild gelassen hast! Schenke uns Gnade, dass wir uns in deine Weise schicken lernen, an Sonnenschein und Regen uns gewöhnen, und dich lieb behalten, es mag zu Jerusalems Toren ein oder aus, nach Bethanien oder Gethsemane, zum Tabor oder Ölberg gehen! (E. Bachmann.)