Apostelgeschichte 17,22
Andachten
Paulus aber stand mitten auf dem Richtplatz, und sprach: Ihr Männer von Athen, ich sehe euch, dass ihr in allen Stücken allzu abergläubig seid. Ich bin herdurchgegangen und habe gesehen eure Gottesdienste, und fand einen Altar, darauf war geschrieben: Dem unbekannten Gott. Nun verkündige ich euch denselbigen, dem ihr unwissend Gottesdienst tut.
Die Inschrift jenes Altars zu Athen: „Dem unbekannten Gott“, ist ein wahrhaft erschütterndes Zeugnis, erstlich von dem Jammer der Heidenwelt, welche bei all' ihren Götzen, und aller Pracht und Schönheit der Götzenbilder, doch sich so grenzenlos elend fühlt; und sodann von dem Sehnen nach einem Gotte, der all' den Jammer und Hader stillen möchte und Frieden schaffen, ach ja, Frieden der armen friedlosen Kreatur. Das Herz des großen Apostels hat Beides vernommen: den Jammerschrei und den Sehnsuchtsseufzer, und dass sein erstes Wort gerade anhebt mit dem unbekannten Gott, ist ein klarer Beweis, nicht bloß des klugen Scharfblicks seiner vom Geiste erleuchteten Augen, sondern auch seines in Liebe und heiligem Mitleid brennenden Jünger-Herzens. Der auferstandene Jesus löst Sein Wort ein: Sorgt nicht, wie oder was ihr reden sollt, denn es soll euch zu der Stunde gegeben werden, was ihr reden sollt. Es ist, als stünd' Er selbst hinter Seinem Apostel und als sähe man das Leuchten Seines Antlitzes, davor all' diese strahlenden Götzenbilder, durch menschliche Gedanken gemacht, von ihren hohen Standorten herab, in Staub und Asche sinken. Geht es denn anders mit dem modernen Heidentum? Hört man nicht deutlich den Jammerschrei dieses elenden Geschlechts, das sich selbst vergöttert in seinen Helden, Denkern, Dichtern, und hat doch keinen Frieden? sieht man nicht die flehentlich aufgehobenen Hände Derer, welche, in ihrer Friedlosigkeit sterbend, dahinfahren, ohne den unbekannten Gott gefunden zu haben, der da hilft und vom Tode errettet? Müsste man nicht von Stein sein, wenn man nicht Alles daran setzte, ihnen den unbekannten Gott bekannt zu machen, damit sie zum Frieden kommen? O, hilf uns, Jesu! dass wir in Kraft Deines Geistes der verlorenen Welt Gutes predigen und Heil verkündigen! (Nikolaus Fries)