1. Johannes 1,7
Andachten
Das Blut Jesu Christi, des Sohnes Gottes, macht uns rein von aller Sünde.
Es gibt für uns, die wir uns auf dem Wege der Ewigkeit bewegen dürfen und bald vor den Richterstuhl Christi gestellt werden, eine Reinigung von den Sünden. Dank sei dem Herrn! Ungewiss ist die Stunde unseres sicheren Todes. Heute noch kannst du vor dem Angesicht dessen erscheinen müssen, der Augen hat wie Feuerflammen, der dich darum durch und durch kennt. „Eure Sünden scheiden euch von eurem Gott!“ Jes. 59. Die Sünde trennt vom Licht, denn sie ist Finsternis. Sie macht deine Seele und deinen Nervenleib finster. So musst du als eine schauerliche, finstere Gestalt vor den Gott des Lichtes treten. Dann wirst du auf dein Gewand blicken, auf deine hässliche Erscheinung, auf deine greifbar gewordene Sünde -, kannst du dir's denken, was dann geschehen wird? - Der Mensch ist sein eigener Verräter. Seine in Finsternis, in Sünde eingehüllte Seele zeigt alles an, was er getan hat bei Leibesleben. Ohne die Reinigung von den Sünden kannst du nicht ruhig und getrost dem Tode und dem Richterstuhl Christi entgegensehen. Und ohne die Reinigung von deinen Sünden kannst du in den Tagen deines Erdenlebens nicht glücklich sein. Du kannst dich wohl lustig machen, von einem sinnlichen Vergnügen zum anderen jagen, kannst lachen und scherzen, aber glücklich sein kannst du nicht. Hast du noch Dinge, die dir ein Bedürfnis sind, obschon du weißt, dass du dich damit gegen deinen Gott versündigst? O lass dich heilen durch das Blut Jesu Christi! Glaube an die Kraft dieses Blutes; auch dich reinigt es. (Markus Hauser)
Das Blut Jesu Christi, des Sohnes Gottes, macht uns rein von aller Sünde.
Dass ein Mensch von der Sünde gereinigt werden müsse, wenn er Gott gefallen und in Seiner Gemeinschaft selig sein solle, sagt einem Jeden sein Gewissen; dass man aber durchs Blut Jesu Christi davon gereinigt werde, sagt uns das Evangelium. Die Reinigung durch das Blut Christi bezieht sich teils auf das Gewissen, teils auf die ganze Seele. Wenn dem Menschen um des vergossenen Blutes Jesu Christi willen alle seine Sünden vergeben sind, und er dessen auch in seinem Gewissen vergewissert wird, so wird sein Gewissen von den toten Werken gereinigt, zu dienen dem lebendigen Gott, Hebr. 9,14. Wenn aber auch seine ganze Seele von der Sünde gereinigt ist, so sind seine Kleider im Blut des Lammes gewaschen und helle gemacht, wie Off. Joh. 7,14. gesagt wird. Johannes fasste dieses Alles ohne Zweifel zusammen, da er sagte: das Blut Jesu Christi, des Sohnes Gottes, macht uns rein von aller Sünde. Wenn die Gläubigen im Licht wandeln, wie Gott im Lichte ist, so haben sie Gemeinschaft unter einander, und das Blut Jesu Christi, des Sohnes Gottes, macht sie rein von aller Sünde. Wenn eine Anklage in ihrem Gewissen wegen eines Versehens entstanden ist, und ihren Frieden mit Gott stören will so hebt das Blut Jesu Christi, das für sie und für Viele zur Vergebung der Sünden vergossen worden, diese Anklage wieder auf, wenn sie sich gläubig dazu hinwenden, und dabei nicht sagen, sie haben nicht gesündigt, sondern ihre Sünden bekennen. Weil sie aber überdies auch täglich bekennen müssen: sie haben und fühlen noch Sünde in sich, und ihre Heiligung sei noch nicht vollendet, so bitten und hoffen sie, dass das Blut Jesu Christi ihre Seele immer mehr von der anklebenden Sünde reinige und frei mache, und sie also durch die Kraft desselben in der Heiligung fortfahren können, bis sie in der seligen Ewigkeit ganz vollendet sein wird.
Dass das Blut Jesu Christi die Kraft habe, von der Sünde zu reinigen, die keine Anstrengung der natürlichen Vernunft und Kraft und keine äußerliche Zucht wegzubringen vermag, erhellt daraus, dass dasselbe das Blut des Sohnes Gottes ist. Es ist also nicht nur an sich selbst ein reines und kostbares Blut von einem unendlichen Wert, sondern auch, wegen der Vereinigung der göttlichen und menschlichen Natur in Christo, mit göttlichen Kräften durchdrungen. Es hat so viel gegolten, dass dadurch das ganze Geschlecht der Sünder hat können erlöst und ihre ungeheure Schuldenlast bezahlt werden: es hat aber auch die Kraft, Menschenseelen von ihrem Unflat zu säubern, und ihnen eine Gott gefallende Schönheit, welche in der Ähnlichkeit mit dem Ebenbild des Sohnes Gottes besteht, mitzuteilen. Der Heilige Geist ist hierbei nicht ausgeschlossen; denn Er ist’s, durch den der HErr Jesus sich selbst ohne allen Wandel Gott geopfert hat (Hebr. 9,14.), welches ohne Blutvergießen nicht geschah, und Er ist’s auch, der das Blut Christi dem Gewissen und der ganzen Seele nahe bringt, und durch dasselbe die Reinigung wirkt. Von aller Sünde will mich das Blut Jesu Christi, des Sohnes Gottes, reinigen, wenn ich im Licht wandle: ich soll also auch keine beibehalten wollen. Wenn meine ganze Seele von aller Sünde wird gereinigt sein, so wird sie unter die Geister der vollendeten Gerechten gerechnet werden, sie wird ganz selig sein. Nichts wird sie mehr am Dienst Gottes hindern, nichts verfinstern, plagen und ermüden. Ihr wird nichts mehr fehlen, als das Neue, das der Tag Jesu Christi noch mit sich bringen wird. Dieses sei das Ziel, wonach ich laufe, das Kleinod, worüber ich kämpfe. Die Gnade Jesu Christi verhelfe mir dazu. (Magnus Friedrich Roos)
So wir aber im Licht wandeln, wie er in Licht ist, so haben wir Gemeinschaft unter einander und das Blut Jesu Christi seines Sohnes macht uns rein von aller Sünde.
In diesen Worten redet der Apostel Johannes von Menschen, die durch den Glauben in Geistes- und Lebensgemeinschaft mit dem Vater und dem Sohn stehen. Nur solche können im Licht wandeln, wie Gott im Licht ist, weil sie als Kinder des Lichtes eine Freude am Licht haben. Das Licht, in dem wir wandeln sollen, ist das Angesicht und die Gegenwart Gottes. Es gibt keinen Wandel im Licht, ohne Wandel in der Gegenwart Gottes. Wenn wir dem in uns leuchtenden Licht des Geistes Gottes und dem Licht des Wortes Gottes gehorsam sind, so werden wir vor Finsternis bewahrt. Jeder Ungehorsam gegen das Wort und die Zucht des Geistes Gottes bringt uns in die Finsternis, die uns überall umgibt. Tut man einen Schritt in der Finsternis, so erfolgt innere Unruhe und man darf nicht weiter gehen, sondern muss sich bußfertig an die Hand Jesu flüchten, der führt und bewahrt, so dass man sichere Tritte tut. Im Licht wandeln heißt wandeln in der Wahrheit. Ein solcher Wandel ist die Grundlage aller wahren christlichen Gemeinschaft, weil er alles versteckte, unlautere Wesen ausschließt. Man ist durchsichtig; man weiß, wo man miteinander daran ist, und deshalb kann man einander trauen. Was erweckt so oft Misstrauen? Man ist verdächtig, weil man nicht im Licht wandelt, und so kommt es zu keiner rechten Gemeinschaft. Der Apostel bringt Wandel im Licht und Gemeinschaft unter einander in Verbindung mit der Reinigung durch Jesu Blut, und zwar der Reinigung von aller Sünde. Das ist in doppelter Beziehung wichtig. Erstens sehen wir dadurch, dass Christen, die im Licht wandeln, wie Gott im Licht ist, also in der Heiligung stehen, auch noch Reinigung brauchen, und zweitens zeigt uns der Apostel dadurch den Weg zur vollen Reinigung, zur vollen Heiligung. Je mehr wir im Licht wandeln, desto mehr wird alle Unreinigkeit, auch die feine, offenbar. Weist uns der Apostel mit der Reinigung von aller Sünde auf Jesu Blut hin, so zeigt er uns, dass er unter Reinigung nicht nur Vergebung, sondern Loslösung, völlige, bleibende Scheidung von der Sünde versteht; diese geschieht an Jesu Kreuz durch Jesu Blut. Für diese Reinigung ist Gemeinschaft unter einander ein wesentliches Mittel. Vorbild in heiligem Wandel zeigt uns unsere Blößen. Offenheit unter einander, auch wenn es gilt, zu tadeln, fördert mächtig, und gegenseitige Liebe stärkt und bringt vorwärts.
Herr! Du bist uns vorangegangen im Wandel im Licht und Deine Gemeinschaft mit dem Vater ist die Quelle aller Gemeinschaft. Führe mich im Licht, erhalte mich im Licht, und lasse es mir nicht fehlen an Gemeinschaft mit Lichtkindern. Amen. (Elias Schrenk)
So wir im Licht wandeln, wie Er im Licht ist, so haben wir Gemeinschaft untereinander und das Blut Jesu Christi, seines Sohnes, macht uns rein von aller Sünde.
Wenn wir die Aussperrung des Lichts als unseren Schutz für unentbehrlich halten, ist uns die Gemeinschaft unerreichbar. Sie gelingt uns nur dadurch, dass wir uns im Licht bewegen. Lüge und Schein bauen zwischen uns eine Zwischenwand auf und lassen uns nicht zu, dass wir wirklich zusammenkommen. Flüchte ich mich ins Dunkle, so trennt mich diese Flucht von den anderen. Diese Flucht ist aber aufgegeben und zu Ende, sowie wir vor Gott gestellt sind, weil Gott Licht ist und die, die vor ihm leben, ins Licht versetzt. Nun tritt, so wie wir die Heimlichkeiten der Lüge und des Scheins hinter uns haben, die Gemeinschaft mit Sicherheit ein. Wir sind nun füreinander da, sehen, was der andere bedarf, zeigen ihm auch, was wir selbst bedürfen, hören auf das, was der andere sagt, und reden, was für ihn heilsam ist, und reichen einander die Hand zum gemeinsamen Werk, indem sich Kraft mit Kraft und Besitz mit Besitz vereint. Das ist aber nicht möglich, solange unsere Sünden unvergeben auf uns liegen. Die unvergebene Sünde drängt uns in die Dunkelheit. Wir können uns nicht im Licht bewegen mit der Schmach unserer Sünden, sondern nur wenn wir von ihnen gereinigt sind. Diese Reinigung ist uns aber durch das Blut Jesu gegeben, mit dem uns Jesus Gottes Vergeben erworben hat. Die uns reinigende Wirkung seines Todes erfahren wir gerade dann, wenn wir in der Gemeinschaft leben. Menschen können nicht beisammen sein, ohne dass beständig ihre sündliche Art sichtbar wird, und das, was die Gemeinschaft von uns verlangt, macht sie uns oft in empfindlicher Weise spürbar. Darum gibt es keine Gemeinschaft zwischen uns, wenn wir nicht stetig im Verkehr mit allen an Gottes Vergeben glauben und es einander geben. Das können wir aber deshalb, weil das Blut Jesu unsere Schulden tilgt. Es reinigt den Bruder, der in Wort oder Tat fehl greift; es reinigt ebenso mich, dem dasselbe widerfährt. Darum ist das Kreuz Jesu der Ort, an dem wir den Wandel im Licht beginnen und zu der in Gott geeinten Menschheit verwachsen.
Mit freudiger Danksagung lege ich vor Dir, gnädigster Gott, alle Verhüllungen und unechte Färbung ab und empfange, was mir das Blut Deines geliebten Sohnes erworben hat, die Ehre dessen, dem Du vergeben hast, die Furchtlosigkeit dessen, der in Deinem Licht steht, die Offenheit für die anderen, für die Du mir gegeben hast, was ich von Dir empfing. Das sind die edlen Schätze, die Du Deiner Christenheit anvertraut hast. Mache uns zu ihren treuen Verwaltern. Amen. (Adolf Schlatter)
“So wir im Lichte wandeln, wie Er im Lichte ist.“
Wie Er im Lichte ist! Können wir je dahin gelangen? Werden wir je im Stande sein, so klar im Lichte zu wandeln, wir Er, den wir nennen „unser Vater,“ von welchem geschrieben steht: „dass Gott ein Licht ist, und in Ihm ist keine Finsternis?“ Gewisslich, das ist das Vorbild, das uns vorgestellt ist; denn der Heiland selber hat gesagt: „Seid vollkommen, gleichwie euer Vater im Himmel vollkommen ist;“ und wenn wir gleich fühlen, dass wir nie zur Vollkommenheit Gottes gelangen werden, so trachten wir doch danach und geben uns nicht zufrieden, bis dass wir sie möglichst erreicht haben. Wenn der junge Künstler im Anfang den Pinsel zur Hand nimmt, so kann er kaum hoffen, es einem Raphael oder Michel Angelo gleich zu tun; wenn er aber in seinem Gemüt nicht ein hohes Vorbild bewegte, dem er nachstrebt, so würde er nur Unbedeutendes und Mittelmäßiges erreichen. Was bedeutet aber der Ausdruck, dass der Christ im Lichte wandeln soll, gleich wie Gott im Lichte ist? Wir begreifen, dass hier von einer Ähnlichkeit, nicht von einem gleichen Maße die Rede ist. Wir sind ebenso wahrhaft im Licht, ebenso herzlich im Licht, ebenso ernstlich im Licht, ebenso aufrichtig im Licht, obgleich wir nicht im gleichen Maße darin sein können. Ich kann nicht in der Sonne wohnen, es wäre ein zu glänzender Ort für meine Wohnung, aber ich kann wandeln im Licht der Sonne; und obgleich ich nicht zu derjenigen Vollkommenheit der Reinheit und Wahrheit gelangen kann, welche dem Herrn der Heerscharen, als dem unendlich Guten, eigen ist, so kann ich doch den Herrn allezeit vor Augen haben und mit dem Beistand des inwohnenden Geistes danach streben, dass ich Seinem Bilde ähnlich werde. Ein vorzüglicher alter Schriftausleger sagt: „Wir können im Lichte sein, wie Gott im Lichte ist, nach der Ähnlichkeit, aber nicht nach der Einerleiheit.“ Wir haben das gleiche Licht, und sind und wandeln darin so wahrhaftig als Gott, obgleich die Gottähnlichkeit in vollkommener Heiligkeit und Reinheit uns nicht zukommt, bis dass wir durch den Jordan schreiten und zur Vollkommenheit des Höchsten eingehen. Vergiss nie, dass die Segnungen heiliger Gemeinschaft und völliger Reinheit mit dem Wandel im Lichte verbunden sein müssen. (Charles Haddon Spurgeon)
“Das Blut Jesu Christi, des Sohnes Gottes, macht uns rein von aller Sünde.“
„Macht uns rein“ spricht der Apostel, und nicht „es wird uns einmal rein machen.“ Es gibt Viele, die da meinen, dass ihnen als Trost im Tode die Hoffnung auf die Vergebung der Sünde bleibe. Ach, wie unendlich besser ist's doch, dass wir schon jetzt rein werden, als wenn wir auf die bloße Möglichkeit der Sündenvergebung angewiesen wären, wenn's einmal mit uns zum Sterben kommen soll. Manche bilden sich ein, dass das Gefühl der Vergebung ein Gnadengeschenk sei, das uns erst nach jahrelanger innerer Christenerfahrung zu Theil werden könne. Aber die Vergebung der Sünden ist etwas Gegenwärtiges, ein Vorrecht eben des heutigen Tages, eine Freude gerade dieser Stunde. In gleichen Augenblick, wo ein Sünder sein Vertrauen auf Jesum setzt, hat er auch völlige Vergebung schon empfangen. Unsere Schriftstelle zeigt auch eine Fortdauer an, weil sie in der gegenwärtigen Zeitform ausgedrückt ist. Es hieß gestern, „macht uns rein“, es heißt heute, „macht uns rein“, und „macht uns rein“ heißt's auch noch morgen; es wird auch so bleiben, bis du durch den Jordan schreiten musst; du darfst jede Stunde zu diesem Born kommen, denn er macht noch immerfort rein. Und ebenso haben wir die Vollständigkeit der Reinigung ins Auge zu fassen, „das Blut Jesu Christi, Seines Sohnes, macht uns rein von aller Sünde,“ nicht nur von Sünde, sondern „von aller Sünde.“ Liebe Seele, ich kann dir nicht sagen, wie unaussprechlich süß dies Wort klingt, aber ich bitte Gott den Heiligen Geist, er wolle dir einen Vorschmack davon geben. Vielerlei sind unserer Sünden wider Gott. Aber sei unsere Schuld groß oder klein, die gleiche Quittung tilgt Alles aus, das Blut Jesu Christi ist eine so köstliche und göttliche Zahlung für die Übertretung der Verleugnung Petri, als für die Flucht des liebenden Johannes; unsere Missetat ist hinweg, auf einmal hinweg, und auf ewig hinweg. O selige Vollendung! Welch ein lieblicher Gedanke, um darüber einzuschlafen!
Ich will von nun an nichts Andres seh'n,
Als nur, was am Kreuz für mich gescheh'n:
Das ist meine Freude, mein Heil, mein Leben,
Denn meine Sünden sind mir vergeben
Durch Christi Blut! (Charles Haddon Spurgeon)