Johannes 16,7
Andachten
Aber Ich sage euch die Wahrheit: Es ist euch gut, dass Ich hingehe. Denn so Ich nicht hingehe, so kommt der Tröster nicht zu euch. So Ich aber hingehe, will ich Ihn zu euch senden. Und wenn derselbige kommt, der wird die Welt strafen, um die Sünde und um die Gerechtigkeit und um das Gericht.
Der heilige Geist wird die Welt strafen! Das ist ja schrecklich! Nein, meine Lieben, das ist nicht schrecklich, sondern das ist tröstlich und sehr gnädig. Es ist ein Unterschied zwischen strafen und richten. Beim Strafen hat es Gott auf die Rettung der Menschen abgesehen. Beim Richten ists mit der Rettung vorbei. Freilich, wenn der Sohn Gottes wiederkommt und straft die Welt, das ist etwas anderes, dann ist's auch mit der Buße und Bekehrung zu spät. Wenn einst der Sohn Gottes die Welt strafen wird, das ist dann ein Richten. Aber so lange noch der heilige Geist die Menschen straft, das ist noch ein Suchen und Retten. Es ist ein herrlicher Fortschritt im Strafen: von der Sünde, von der Welt, von dem Teufel immer mehr ab, zu JEsu immer mehr hin. Auch die Jünger müssen sich lebenslang noch inwendig vom Geiste Gottes strafen lassen, namentlich um die Sünde, denn sie haben alle noch vieles von der Welt in sich. Selig der Mensch, der sich in dieser noch währenden Gnadenzeit vom heiligen Geiste strafen und zu JEsu führen lässt! (Carl Julius Römheld)
“Es ist euch gut, dass ich hingehe“
Drei lang dauerte die wunderbare Zeit, wo Jesus in Fleisch und Blut den Jüngern sich gezeigt hatte. Sie hatten ihn lieb und lernten alles Mögliche bei ihm, und doch konnte diese Art der Offenbarung nicht so weitergehen. Weder erlangten die Jünger unter dem mächtigen Einfluss seiner nahen Persönlichkeit die Selbständigkeit, die sie für ihren Weltberuf doch nötig hatten, noch auch ging ihnen das rechte Verständnis für das Geheimnis seiner Person auf. Und wenn er noch dreißig Jahre in Fleisch und Blut bei ihnen geweilt hätte, wären sie nicht viel weiter gekommen. Die Distanz fehlte. Erst in gewissem Abstand erkennt man die Größe eines Berges und genießt den Segen eines Lichts. Außerdem musste die Offenbarung durch den Geist ihrem Geist mitteilen, Jesus musste in ihnen Gestalt gewinnen, statt dass außer ihnen eine Gestalt stehen blieb, auf die sich ihre Gedanken hinwandten. Der Schauplatz der Offenbarung wurde aus Galiläa und Judäa in ihren eigenen Geist verlegt. - Im gewissen Sinn müssen wir auch dergleichen durchmachen; die Offenbarungen durch Eltern, Lehrer, Freunde, geistliche Führer, Bücher, müssen doch zuletzt alle weichen, wenn der Geist Christi die Führung in unserem Herzen selbst übernimmt.
Herr Jesus, du bist fortgegangen, um ewig bei den Deinen zu bleiben. Hebe uns auch auf eine solche Stufe, dass wir dich im Geiste recht verstehen und uns durch deinen Geist treiben und führen lassen. Offenbare dich, wie du willst; wenn wir dich nur mehr lieben und dich besser verstehen. Amen. (Samuel Keller)
Bisweilen liegt im Abstand die rechte Beurteilung und die rechte Kraft. In dem Fall, von dem unser Text handelt, ist es zu bekannt, als dass ich darüber ein Wort zu sagen brauche: durch Jesu Weggang ging er in den Tod und kam wieder als Lebensfürst, und als er seine Jünger zu Himmelfahrt verließ, kam er wieder durch die Innewohnung des Geistes. Da war es freilich gut für sie, dass er hinging. Es kann aber auch heute gut sein, wenn nach der ersten Glaubensstufe, wo das selige Gefühl leicht in Fleischesbegeisterung ausartet, ein Weggehen Jesu stattfindet. Durch den Abstand wächst das Verständnis für das, was man an ihm hat und wie es ohne ihn ist. Auf der zweiten Stufe ist der Glaube stärker und die Liebe treuer; nur haben Gefühle und Stimmungen weniger zu bedeuten. Der Gehorsam, seinen Willen tun, bekommt die Oberhand über gerührte Andacht. Gotteskinder lernen in dunklen Stunden, wo sie meinen, Jesus wäre fortgegangen, mehr von seiner Kraft und Liebe kennen, als wenn alles glatt und leicht geht. Jedesmal, wenn er in diesem Sinn weggeht, schafft uns der Schrecken besser voran als alle süßen Stunden. Wir lernen ihn behalten, auch wenn wir gar nichts fühlen von seiner Macht!
Wie du uns gerade erziehen willst, Herr Jesus Christus, das können wir dir nicht vorschreiben. Aber auf alle Fälle stärke uns den Glauben an deinen Liebeswillen. Mögen die Zwischenräume größer oder kleiner sein, wo wir dich nahe fühlen du bleibst doch bei uns und wir bei dir in Ewigkeit! Amen. (Samuel Keller)
Ich will den Tröster zu euch senden, und, wenn derselbe kommt, wird Er die Welt strafen.
Es ist ein großer Beweis von der ewigen und höchsten Gottheit Jesu Christi, dass Er den Tröster, den Heiligen Geist sendet, wie Ihn der Vater sendet: wenn Er Ihn aber sendet, so kommt Er, und wenn Er kommt, so straft Er die Welt, oder überzeugt sie von einer Wahrheit, welche ihr vorher ganz unbekannt gewesen war, oder welche sie wenigstens nicht hatte glauben können. Die Apostel des HErrn wurden in eine wider Jesum und sie selbst feindselige Judenwelt, und in eine abgöttische Heidenwelt ausgesandt, um das Evangelium zu predigen, und eine christliche Kirche zu pflanzen. Welch’ eine Beredsamkeit, welch’ eine künstliche Disputierkunst, welche Versprechungen für das Fleisch, welchen Beistand mächtiger Obrigkeit hätte Mancher gefordert, um hier etwas auszurichten. Allein der Heiland verhieß Seinen Aposteln anstatt aller dieser unkräftigen Mittel einen göttlichen Geist, der ihnen beistehen, und die Welt durch ihr Wort von der Sünde, von der Gerechtigkeit, von dem Gericht, folglich von der ganzen Wahrheit des Evangelii überzeugen werde. Die Geschichte der Apostel bezeugt auch, dass der HErr Jesus diese Verheißung erfüllt, und dadurch große Dinge ausgerichtet habe. Paulus deutete auch darauf, indem er 1 Kor. 2,4. schrieb: mein Wort und meine Predigt war nicht in vernünftigen Reden menschlicher Weisheit, sondern in Beweisung des Geistes und der Kraft. Und 2 Kor. 10,4.5.: die Waffen unserer Ritterschaft sind nicht fleischlich, (und schwach) sondern geistlich und mächtig vor Gott, zu zerstören die Befestigungen; damit wir zerstören die Anschläge und alle Höhe, die sich erhebet wider das Erkenntnis Gottes, und nehmen gefangen alle Vernunft unter den Gehorsam Christi. Wenn nun auch heut zu Tag ein Lehrer oder Zuhörer über der Ausbreitung des Reichs in der Christen-Juden-mahomedanischen oder heidnischen Welt bekümmert ist, so bete er um die Zukunft des Trösters, und überlasse sich diesem, wenn er sich von Gott als ein Werkzeug brauchen lassen will. Dieser Tröster muss es tun, wenn etwas getan werden soll, auf diesen Tröster muss man sich verlassen, und Ihm die Ehre geben. Aber die Menschen, die Ihn nicht kennen, suchen freilich viele Künste (Pred. Sal. 7,30.), und richten damit nichts aus, das Gott gefiele. Freilich muss dieser Tröster zuerst den Prediger in alle Wahrheit leiten, und Jesum in ihm verklären (Joh. 16,13.14.), hernach aber wird er durch das Wort des Predigers auch an der Welt seine Kraft beweisen. Überzeugen wird er die Welt, dass dasjenige, was in der Bibel von der Sünde, von der Gerechtigkeit, und von dem Gericht bezeugt wird, wahr sei. Er wird sie so überzeugen, dass sie Alles auf sich selber wird deuten, und teils mit einem tiefen Schmerz, teils aber mit Wonne einsehen können, dass sie selbst gemeint sei. Aus dieser kräftigen Überzeugung entstehen Buße, Glaube und neuer Gehorsam, und so wird dem HErrn ein Volk des Eigentums bereitet, an dem Er Seine Lust sieht. Im Vertrauen, dass der Heilige Geist immer so durchs Wort wirksam sei, kann man noch jetzt das Predigtamt in der Welt getrost verwalten, und in eben diesem Vertrauen die Bekehrung Vieler, die noch zur Welt gehören, hoffen. Der Heiland lasse auch in unsern Tagen diese Hoffnung an Vielen erfüllt werden. (Magnus Friedrich Roos)
Aber ich sage euch die Wahrheit: es ist euch gut, dass ich hingehe. Denn so ich nicht hingehe, so kommt der Tröster nicht zu euch; so ich aber gehe, will ich ihn zu euch senden.
Als der Herr diese Abschiedsworte zu seinen Jüngern sprach, so konnten sie ihn nicht verstehen. Erst die Erfahrung des Innewohnens des heiligen Geistes nach Pfingsten konnte ihnen das Verständnis geben, dass der Hingang des Herrn zum Vater Gewinn für sie war. Solange der Herr sichtbar mit ihnen wandelte, sorgte er für sie; er leitete und bewahrte sie, einen Jeden nach seiner Persönlichkeit. Da ging es ihnen ähnlich, wie einem Sohn, der unter seinem überlegenen Vater steht, und der sich von ihm trennen soll, um selbständig zu werden. Der Sohn ist tief betrübt, demnächst den Rat, die Leitung, die liebevolle Fürsorge des Vaters vermissen zu müssen. Allein einige Zeit nach der Trennung vom Vater erkennt der Sohn klar, wie nötig die Trennung für seine selbständige Entwicklung war; er wird ein ganz anderer Mann, als er es in der bisherigen Abhängigkeit geworden wäre. Gerade so ging es bei den Jüngern; sie mussten aus der bisherigen äußeren Abhängigkeit vom Herrn heraus kommen, um das zu werden, was er mit ihnen vorhatte. Auch wir können eine Zeit lang unter geistlicher Pflege und Vormundschaft stehen, die uns sehr angenehm ist; der Herr nimmt sie uns und wir sind traurig, weil wir seine Absicht nicht verstehen. Nach einiger Zeit lernen wir ihm aber danken, dass er unsere äußern Stützen wegnahm, damit wir lernten uns um so mehr an ihn halten im Glauben. - Mit dem Gesagten haben wir aber den tieferen Sinn der Worte Jesu nicht berührt. Es war den Jüngern gut, dass er zum Vater ging, weil er ihnen den Tröster sandte. Ihre Gemeinschaft mit ihm war schön und auch gesegnet; aber sie blieb doch in gewissem Grade eine äußerliche, und wurde auch immer wieder unterbrochen. Sollte ihre Gemeinschaft mit ihm eine innerliche, tiefe, geistliche und bleibende werden, ähnlich seiner Gemeinschaft mit dem Vater, so konnte das nur geschehen durch die Sendung des Trösters. Durch das Innewohnen Christi in den Herzen der Jünger, war ihre Gemeinschaft mit ihm viel inniger, viel gesegneter und fruchtbarer, als es möglich war vor seinem Tod. Es war ihnen gut, dass er hinging. So kann auch unsere Gemeinschaft mit ihm noch zu äußerlich sein und er muss uns in ein Sterben führen, damit wahres Geistesleben bei uns mehr zum Recht komme. Möchten wir das recht verstehen!
Herr! Mehr, als einmal schien es mir, Du seiest weggegangen und ich war traurig. Aber hernach sah ich, Du wolltest Dich mir nur mehr offenbaren. Führe auch mich in das verborgene Leben mit Dir durch den Tröster. Amen. (Elias Schrenk)
Aber ich sage euch die Wahrheit: Es ist euch gut, dass ich hingehe. Denn so ich nicht hingehe, so kommt der Tröster nicht zu euch. So ich aber hingehe, will ich ihn zu euch senden.
An Jesu Hingehen hängt die Ausgießung des heiligen Geistes. Er geht zuerst hin ans Kreuz, hin in den Tod. So lange unsere Schuld nicht bezahlt war, so lange wir als Feinde Gottes dastanden, konnte der Geist vom Vater und vom Sohne in diese verfeindeten Herzen nicht einziehen. Darum musste erst das große Sühnopfer für uns gebracht, der ganze Gehorsam in Leben, Leiden und Sterben für uns geleistet werden. Wiederum kann nur der versöhnte Gott den heiligen Geist an uns senden. Ist er doch ein Geist der Gnade. Aus dem Zorn geht kein Gnadengeist aus. Darum musste Christus erst hingehen. Das Werk der Versöhnung musste vollendet sein. Der andere Hingang Christi ist der letzte, am Tage der Himmelfahrt. Nun wird er wieder verkläret in die Herrlichkeit, die er vor der Welt her hatte. Nun sind auch die letzten Schatten der Erniedrigung weggetan. Der Mensch ist erhöht mit dem ewigen Sohne Gottes. Nun erst kann er den Tröster senden. Es muss ja der Geist sein, der vom Himmel kommt. Ein Geist von der Erde kann uns Nichts helfen. Er kann Nichts bringen, als was von der Erde ist. - Darum musste erst der Karfreitag und das Himmelfahrtsfest gefeiert werden, ehe der Tröster gesandt werden konnte.
Ach Herr, dass wir doch auch die Erfahrung gemacht hätten, wie gut es war, dass du hingingest! Ach dass uns doch der heilige Geist die Vergebung der Sünden und das Siegel deiner Gerechtigkeit vom Himmel hernieder in das Herz gebracht hätte! Dass uns der Geist klares Zeugnis geben könnte, dass wir Gottes Kinder sind! Herr, wenn er dies schon an uns ausgerichtet hat, so lass ihn weiter an uns kommen, dass er uns in der Gnade vollbereite, kräftige, stärke und gründe. Wenn es aber nicht so ist, so sende ihn heute in seinem Strafamte. Lass ihn zerscheitern den Unglauben, die Sünde, die falsche Gerechtigkeit. Lass unter ihm aufgehen deine Gerechtigkeit als die Morgenröte und Sonne unseres Heils. Amen. (Friedrich Ahlfeld)