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Jesaja 63,1

Jesaja 63,1

Andachten

Das also ist Dir nicht genug gewesen, o Herr, vom Himmel herab unsre Schicksale zu leiten, uns Sonnenschein und Regen zu senden, und unser Leben mit manchen Gütern und Freuden zu schmücken: Du hast auch das Bitterste in unserm Loose, das wir allein verschuldet hatten, die Schmerzen des leiblichen und des geistigen Todes teilen wollen, um uns ewig von dem letzteren zu befreien, und hast die Kelter, verlassen von Gott und Menschen, allein getreten in Gethsemane und auf Golgatha, um unserer Sünde willen. Und Deinen Leib, der am Kreuze starb, Dein Blut, das für uns vergossen ward, das hast Du uns im Sakrament des Altars hinterlassen; so dass auch der Geringste unter den Christen Dich, den ganzen Jesus Christus, empfangen kann, und höher denn die heiligsten Engel begnadigt wird. – Diese Liebe, welche nicht nur den Geliebten mit Wohltaten überhäufen, sondern auch in die Gemeinschaft seiner schrecklichen und schmachvollen Leiden treten wollte; diese Liebe, die Du, ewiger Sohn Gottes, Schöpfer und Regierer der Welt, für die elenden Sünder im Staube der Erde empfindest, - diese Liebe, wenn ich sie betrachten will, steigt vor mir empor, wie ein Gebild, dessen Höhe und dessen Tiefe meine Blicke nicht erreichen; und wenn Deine Macht keine Schranken, Deine Weisheit keine Grenzen hat, so will es mir scheinen, dass Deine Liebe noch unergründlicher und unermesslicher ist.

„Simon Johanna, hast Du mich lieb?“ Also da ich Deine Liebe gepriesen habe, so fragst Du nach meiner Liebe zu Dir, o Herr? Von Dir soll ich zu mir übergehen, von dem Unendlichen zu dem Endlichen, von dem Herrn des Himmels zu dem armen sündigen Menschen? Warum verlangst Du es? Wenn ich an Dich denken kann, dann mag ich nicht an etwas anderes, und am wenigsten an mich selber denken.

„Simon Johanna, hast Du mich lieb?“ Du fragst es noch einmal, o Herr? Warum soll ich Dir denn eine entscheidende Antwort geben? Warum kann nicht die Frage unentschieden bleiben? Das Kind ruht auf dem Schoß seiner Mutter, es schläft ein an ihrer Brust, es wirft sich, wenn es fürchtet, in ihre geöffneten Arme. Ob es aber die Mutter liebt, darüber hat es sich keine Rechenschaft abgelegt, darüber ist keine von ihm verlangt worden. Lass mich solch ein Kind sein, und frage mich nicht.

„Simon Johanna, hast Du mich lieb?“ Herr, Du weißt alle Dinge, so antworte ich, wie Dein Petrus. Du fragst mich etwas, das ich besser Dich fragen sollte. Ich sollte Dich fragen, ob ich Dich liebe; denn Du musst wissen, ob Du Dich in mir liebst. Ich selber kann es nicht wissen.

Doch das, was ich weiß, das will ich Dir sagen. Ich weiß, dass es für mich das höchste Ziel meiner Wünsche ist, dass ich es als eine jedes Maaß übersteigende Seligkeit betrachte, Dich, so wie Du es würdig bist, zu lieben; ich weiß, dass ich diejenigen beneide, die schon hier den Brand dieser Liebe fühlten, für welche sie das Leben des Lebens ward, die nur nach ihrem Antriebe handelten, und in ihrem heiligen Feuer sich verzehrten. Ich weiß, dass ich den Wunsch und den Willen habe, Dich zu lieben. – Ich weiß auch, dass es im Himmel und auf Erden, dass es in dieser weiten, unermesslichen Welt nur ein Ziel gibt, wonach ich streben, nur einen Einzigen, den ich suchen will – und dieser Einzige bist Du. Du bist es, Jesus von Nazareth, geboren in Bethlehem, der gelitten hat unter Pontio Pilato, der gekreuzigt ward, und der am Kreuze in die Worte ausbrach: Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun, - das gilt doch von Dir allein, und dadurch bist Du doch wohl deutlich genug bezeichnet. Dich will ich suchen, wenn Du mir dazu Gnade gibst, und sonst keinen Andern. Wenn ein neues Ereignis mir entgegentritt, so will ich es immer fragen: Was hast Du im Sinne; wohin gelange ich, wenn ich mich Deiner Einwirkung überlasse? Wenn Menschen mit mir in neue Verbindungen treten, so will ich fragen: Sucht ihr den Herrn? Sonst kann ich nicht mit euch gehen. Wenn der Tod mich abrufen wird, so will ich sprechen: Ich folge dir gern, denn du führst mich zu Christo.

Ich will auch, dass alle, die ich liebe, zu Dir gelangen. Dass ich Dich liebte, wagte ich nicht zu sagen; aber ich darf vielleicht sagen, dass ich sie liebe, denn ich wünsche ihnen Dein Heil. O Du teures Herz meines Erlösers! Die eiserne Spitze der Lanze hat Dich durchbohrt, und Du hast Dich ihr so milde geöffnet. Öffne Dich auch meinen Bitten, und bewirke durch Deine allmächtige Gnade, dass Alle, deren Namen ich Dir jetzt nenne, Dich mit rastlosem Eifer und unverbrüchlicher Treue suchen mögen. Und dann – lass Dich finden von mir und von ihnen. Lass uns alle dereinst das Angesicht unseres Erlösers schauen, und die Füße küssen, die für uns an das Kreuz genagelt wurden. Dies ist jetzt meine einzige Bitte, ich habe keine andere. Sonst hegte ich so manche Wünsche in meinem Herzen; sie sind verschwunden; möchten sie niemals wiederkehren! Auch fromme Menschen können hier auf Erden so Vielerlei begehren; sie wollen wenigstens recht viel für Dich und für Deine Ehre wirken; wie ist es denn nicht genug, dass man von Dir geliebt wird, und dass man strebe zu Dir zu gelangen? Lass mich mit Hohn und Schmach vor der Welt bestehen; aber es sei nur Dein Ratschluss, und nicht meine Schuld; ich will es ertragen.

Ich will zu Dir gelangen, und ich werde es, ich Glücklicher! Der Schiffer lenket mit Arbeit und Mühe sein Schiff nach einem Ziele, das er oft verfehlt. Ich schiffe mich ein auf dem Schiff des Glaubens; und nun sage ich nur: Ich will zu dem Herrn! so fliegt das Fahrzeug nach der Richtung meiner bitte; der Hauch der Gnade schwellt die Segel; ich gelange zu Dem, welchen ich suche, zu dem einzigen Ort, wo ich sein will; ich gelange zu Dir! „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater, denn durch mich.“ Wohl, Du bist das Ziel, und Du bist auch der Weg. So ist im Strom Ziel und Weg zugleich. Dahin, wo der Strom sich in das Meer ergießt, dahin, wo der Sohn zur Rechten des Vaters sitzt, dahin will ich gelangen. Und um dahin zu gelangen, schiffe ich mich ein auf dem Strome, der mein Weg wird, und nicht nur ein Weg, der mich führt, sondern auch ein Weg, der mich trägt. So komme ich zu Dir durch Dich, Du führest und Du trägst mich zugleich. Amen. (Friedrich Arndt)

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