Prediger 12,1
Andachten
Der Prediger Salomonis ermahnt in diesem letzten Kapitel die Jugend zur frühen Gottesfurcht; denn sie sei die Zeit der Frische und der Kraft, welche empfänglicher mache für Gemeinschaft mit Gott und fähiger, Wechsel und Verlust des Zeitlichen würdig zu tragen. Er schildert die Beschwerden des Alters nach Erfahrung. Zuerst seine trübe Stimmung: der Lebenshimmel ist trübe und mit Wolken bedeckt (V. 2.) Dann die Schwachheit der Hände und Füße; Kopf und Arme zittern, die Füße können die Last des Körpers kaum mehr tragen (V. 3); - den Mangel der Zähne: die Müller stehen müßig; - die Dunkelheit der Augen: die Gesichter werden finster durch die Augenlieder; - die eingefallenen Lippen: die Türen nach der Gasse werden geschlossen (V. 4); - die schwere Aussprache: die Stimme wird leise; - die Schlaflosigkeit: Greise erwachen schon mit dem leisen Morgengesang der Vögel; - die Harthörigkeit: es erfreuen sie nicht mehr die Sängerinnen; - den Schwindel: sie scheuen sich vor den Anhöhen und fürchten sich vor jedem Wege (V. 5); - die weißen Haare, wie beim verblühenden Mandelbaum; - den krummen Rücken, wie bei der Heuschrecke, die im Frühlinge über breite Meere fliegt, aber im Herbste, wenn sie alt, fett und schwer geworden, hineinstürzt; - und die Verdrossenheit zu allen Dingen: es verliert sich endlich alle Lust und Begierde. Denn der Mensch geht in sein ewiges Haus, seinen Tod kündigen die an, die ihn auf den Straßen beklagen. Es hören endlich alle Lebensbedingungen, besonders das Atemholen, auf, wie beim Ziehbrunnen, wenn Rad, Eimer und Strick nicht mehr in gutem Stande sind. (V. 6.) Denn der Staub muss wieder zur Erde werden: wie demütigend! – aber der Geist wieder zu Gott, der ihn gegeben hat: wie tröstend und aufrichtend! (V. 7). – Das Buch schließt mit der Nachweisung der Erfahrung und Weisheit seines Verfassers, dass seine Worte wahr und gefällig, auf Eingeben des h. Geistes geschrieben, Spieße, d.h. Leiter und Führer auf dem Lebenswege, wie Stachel, die das Zugtier leiten, und Nägel, die im Herzen haften, seien, und dass sie die Hauptsache des ganzen Lebens lehren, die Gottesfurcht innerlich und das Halten der Gebote äußerlich. Mögen sie auch uns das sein immer und ewiglich! Amen. (Friedrich Arndt)
Gedenke an deinen Schöpfer in deiner Jugend, ehe denn die bösen Tage kommen, und die Jahre herzutreten, da du wirst sagen: Sie gefallen mir nicht. Denn der Staub muss wieder zu der Erde kommen, wie er gewesen ist, und der Geist wieder zu Gott, der ihn gegeben hat.
Gedenke an deinen Schöpfer in der Jugend. Die Jugend ist die schönste Zeit des Lebens. Aber wie Manchem ist sie Ursache und Anfang eines verlorenen Lebens, wie Mancher blickt Zeitlebens darauf zurück mit quälenden Vorwürfen! Gedenke an deinen Schöpfer in deiner Jugend, damit dir die schönste Zeit des Lebens vor Verirrungen bewahrt bleibe, damit du deiner Jugend dich mit ganzem Herzen erfreuen kannst. Meine nicht, dass die Gottesfurcht den Frohsinn störe. Gedenke an deinen Schöpfer in deiner Jugend. So bleibst du bewahrt vor den Feinden, die der Jugend grade drohen, vor den Sünden, die das Leben vergiften an seiner Quelle und welk und alt machen vor der Seit. Die Tage kommen von selber, wo das Auge dunkel und die Stimme leise wird, wo die Hände zittern und die Knie wanken.
Stelle dich mit Leib und Seele und allen deinen Gliedern von Jugend auf in Gottes Dienst, damit diese Tage nicht kommen vor der Zeit, und damit, wenn sie kommen, und mit ihnen Tod und Ewigkeit, dein Herz nicht verzage, sondern in allen Gebrechen des Alters sich die Verheißung an deiner Seele erfülle: Die Gerechten, wenn sie auch alt werden, so sollen sie doch blühen und frisch sein. - Wir werden nicht müde, sondern ob unser äußerlicher Mensch verweset, so wird doch der innerliche von Tag zu Tag erneuert. Herr, unser Gott, unserer Jugend Gott, wir danken dir für alle Güte, die du an uns getan, und womit du uns zu dir gezogen hast, von Jugend auf. Dich wollen wir erwählen in der Jugend, und wollen nicht von dir lassen im Alter, damit aus Jugend und Alter, aus Morgen und Abend ein Gottestag werbe, zum Segen unsrer Brüder, zu unserm ewigen Heile, und zu deiner Ehre. Amen. (Adolf Clemen)