2. Chronik 15,2
Andachten
„Der HErr ist mit euch, weil ihr mit Ihm seid; und wenn ihr Ihn suchet, wird Er sich von euch finden lassen. Werdet ihr aber Ihn verlassen, so wird Er euch auch verlassen.“
Mit dem HErrn sein, bleibt unsre Aufgabe. Wir sollten in Allem, was wir tun, Ihn dazu nehmen, Ihn dabei haben, auf Sein Wirken und Wollen achten. Sind wir denn so mit Ihm, mit unsrem ganzen Sinn. auf Ihn gerichtet, so ist Er auch mit uns und gibt uns Segen und Gedeihen in Allem, was wir vornehmen, insbesondere Seinen Schutz unter allen Anfechtungen und Nöten, die uns betreffen. Wenn wir nur immer ihn in Gedanken hätten, wie gut müsste es uns gehen allezeit!
Heißt es aber weiter: „Wenn ihr ihn suchet, wird Er sich von euch finden lassen,“ so setzt das voraus, dass Er oft nicht bei uns ist, wir Ihn nicht bei uns haben, wenigstens dem Anschein nach. Dies ist der Fall, wenn uns nichts nach Wunsch gehen will, wenn nichts einen rechten Fortgang hat, wenn in Alles herein Störungen und Hindernisse kommen, wenn wir der Spielball der Verhältnisse oder böser Menschen, innerlich auch der Finsternis zu sein scheinen, ohne eine Hülfe vor uns zu sehen. Da ist es, als hätten wir den HErrn verloren, hätte Er sich entfernt und bei Seite gemacht. Deswegen wird's uns anbefohlen, dass wir Ihn suchen sollen, damit er sich wieder nahe mache, und wir Ihn wieder hätten. Denn wir werden, ist uns verheißen, Ihn nicht vergeblich suchen; Er wird sich von uns finden lassen. Wir suchen Ihn aber damit, dass wir Ihn kindlich anrufen, unser Vertrauen zu Ihm uns nicht nehmen lassen, auch forschen und sehen, wie weit's an uns liege, dass er nicht recht bei uns sein will, und uns demütigen, um mit verändertem Sinn, so weit es nötig ist, in Allem uns zu stellen. Tun wir dies, so kann uns mehr und mehr Seine Nähe wieder fühlbar werden.
Umgekehrt aber könnten wir Ihn auch verlassen, wie der Spruch sagt. Dies tun wir auf doppelte Weise. Entweder laufen wir weg von Ihm, angelockt durch Anderes, das uns gefangen nimmt, dass wir nicht nur aufhören, Ihn anzurufen und nach ihm und Seinem Wort zu fragen, sondern auch allerlei böse und verkehrte Wege gehen, gleichsam hinter Ihm. Solch mutwilliges Weglaufen, dabei wir von einer Sünde in die andere kommen und vielfältig den HErrn verleugnen, kommt uns teuer zu stehen. Denn dann überlässt Er uns unsrem Schicksale, wo das dann auch uns hinführen mag. Und in welche Abgründe kann's gehen, wenn er uns verlassen hat!
Oder wir verlassen den HErrn schon damit, dass wir Ihn nicht ernstlich suchen, wenn er scheinbar weg ist. Was tut ein Kind, wenn es die Mutter verloren hat? Es schreit so lange, bis es dieselbe wieder hat. Tut’s das nicht, so ist's kein Kind mehr, und hat es im Herzen die Mutter verlassen und aufgegeben. Wir aber, wenn wir den HErrn und Seinen Segen verloren haben und uns nichts darum kümmern, nichts darnach fragen, ob Er bei uns ist oder nicht, nichts tun, um Seine Spur wieder zu bekommen, dagegen uns selbst nun auf allerlei Weise, wie's geht, zu helfen suchen ohne ihn, haben wir damit Gott nicht verlassen? Machen wir's so, so kehrt Er freilich nicht wieder und verlässt Er uns erst recht.
Oft stellt uns Gott damit, dass Er uns allein lässt und ferne steht, nur auf die Probe, ob wir uns um Sein Herkommen bemühen wollen oder nicht. Sorgen wir doch, dass wir in der Probe bestehen; und tun wir ihm die Unehre nicht an, dass Er, sich gleichsam unser schämend, wegbleiben muss. Schon mit Geduld und stillem Harren geben wir Ihm die gebührende Ehre.
Zusatz (Asaria's Spruch.)
Betrachten wir den Spruch im Zusammenhange, so trat mit demselben ein Mann, Namens Asaria, auf, den der Geist Gottes kam, vor den König Assa. Er sollte diesen auf schwere Zeiten, die kommen würden, vorbereiten; und auf solche schwere Zeiten sollte sich das Volk den Zuspruch des Propheten merken. Sie sollten nur nicht von Gott lassen, mit Ihm sein, Ihn suchen; dann dürften sie nicht erschrecken, wenn auch ein Volk das andere, eine Stadt die andere zerschmeißen, und allerlei Angst überall hin sich verbreiten werde. Unter Allem sollen sie getrost bleiben und ihre Hände nicht ablassen; denn ihr Werk würde seinen Lohn haben.
So sprach Asaria; und man sieht es deutlich, dass der Prophet, nach der Propheten Art, nicht nur von Nahem, sondern auch von fernem Zukünftigen redet, dass es auch auf die letzten Zeiten hin seine Bedeutung behält; und so können wir, was er sagt, gar gut auch auf unsre Zeiten deuten. Manche Schrecknisse werden noch über uns kommen, wenn wir das Ende und nahe denken, bis der HErr wird da sein; aber Asaria sagt uns, wie wir uns dabei zu verhalten haben. Alles haben wir darauf zu verwenden, dass wir nur bei Ihm seien mit unsrem ganzen Sinn, und bei dem Herrn, unsrem Heilande, dessen Zukunft sich anbahnt, damit er auch bei uns sei. Ist unser Herz treu, namentlich auch im Bekenntnis Seines Namens, wenn wir um dessen willen angefochten werden, so wird in diesen allerschwersten Zeiten das Nahesein des HErrn uns besonders fühlbar werden, weil sich's in Errettungen und Bewahrungen tausendfältig und wunderbar zu erkennen geben wird, und in außerordentlichen Erweisungen Seines heiligen Geistes. Wird denn auch das Gedränge groß, so dass Alles um uns her dunkel wird, weil der Feind die Übermacht hat, und nirgends ein Ausweg sich zeigen will, dann dürfen wir den HErrn suchen und immer wieder neue Erweisungen Seiner Wunderhülfe erwarten. Was wird's dann vollends sein, wenn der HErr kommt und Sein Lohn mit Ihm (Jes. 40,10)?
Das Gefährlichste aber wird in solchen Zeiten sein, den HErrn zu verlassen, d. h. den Mut zu dem HErrn aufzugeben und dem Andrang der Widerchristen aus Furcht und Zagen nachzugeben, dass wir verleugnen und uns gar auf die Seite des Feindes stellen. Wie leicht kann es dann auch geschehen, dass wir uns durch das, was der Widerchrist Gleißendes uns vor Augen zu stellen weiß, verblenden und betören lassen, als sei eben das das Rechte, zu dem wir uns zu kehren hätten, während es im Grunde nichts Anderes ist, als ein Verlassen des HErrn! Da wäre denn Alles für uns verloren, weil da uns der Herr ganz und gar verließe. Welcher Schrecken dann, wenn Er kommend sagt: „Weichet von Mir, Ich habe euch noch nie erkannt.“
Wollen wir denn schon unter den jetzigen Anfechtungen, die groß sind und oft schon so groß, dass man meint, sie nicht überstehen zu können, in Geduld und Glauben uns üben, in aller Dunkelheit den HErrn im Herzen nicht verlassen und mit Bitten und Flehen anhalten, dass er sich doch in Zeiten recht nahe machen möge zu Seinen schwachen Kindern, damit die Versuchung für sie nicht zu mächtig werde. Zu lange lässt Er die Getreuen nicht auf sich warten. „Er ist treu, der uns nicht lässet versuchet werden über Vermögen, sondern macht, dass die Versuchung so ein Ende gewinne, dass wir's können ertragen.“ (Christoph Blumhardt)