4. Mose 14,1
Andachten
Da fuhr die ganze Gemeine auf und schrie, und das Volk weinte die Nacht. Und alle Kinder Israel murrten wider Mose und Aaron, und die ganze Gemeine sprach zu ihnen: Ach, dass wir in Ägyptenland gestorben wären oder noch stürben in dieser Wüste! Warum führt uns der Herr in dies Land, dass unsere Weiber durchs Schwert fallen und unsere Kinder ein Raub werden! Ist es nicht besser, wir ziehen wieder in Ägypten?
Es hat das Verzagen an Gottes Kraft und Treue nur seinen Grund in dem Unglauben des Herzens: trotz aller Versicherungen, trotz aller deutlichsten Proben traut man ihm nicht, dass er helfen kann; und noch schlimmer: man traut ihm auch nicht, dass er so gern hilft; man gibt dem bösen Misstrauen Raum als könnte er's so kalt mit ansehen, wenn seine Kinder in der Anfechtung erliegen; ja was ist's: man traut auch den Verheißungen von der schönen Ruhe Kanaans nicht! Wäre, was sein Wort uns vom Kanaan droben sagt, ganz gewiss, und hätte unser Herz so große Lust danach, so würde auch der Glaube an die Liebe und Treue des Gottes, der uns solche selige Aussicht eröffnet hat, nicht so wanken, und an seiner Macht zu helfen würden wir vollends nicht zweifeln!
Ach, es kommt im Unglauben noch etwas anderes zu Tage, das ist: die Unlust - die Widrigkeit des natürlichen Menschen gegen den heiligen Gott und sein heiliges Reich. Seht doch: nach Ägypten wollten sie zurück, zu dem schrecklichen Frondienst; sie mögen das schöne Kanaan nicht! Es möchte am Ende darinnen Gottes heiliges Gesetz zu heilig regieren, dass es ihnen vielleicht gar im Frondienst Ägyptens wohler wäre!
So steckt im Unglauben an die Verheißung des zukünftigen Himmelreichs und an die Macht und Treue Gottes, die uns hineinführen will, immer auch Unlust des fleischlichen Herzens, das töricht das klingt, aber es ist doch wahr, - an den Fleischtöpfen Ägyptens, an den Sündenlüsten voll Plage und Jammer, doch mehr hängt, als an den jetzt noch unsichtbaren, heiligen Freuden des Reiches Gottes! Und diese Unlust zu dem heiligen Reich Gottes und die Luft nach Ägypten wird offenbar in dem Trotz, der unmittelbar aus dem bösen Verzagen hervorbricht: es hilft doch nichts; es ist zu schwer, ich kann nicht überwinden! Was soll ich mich quälen? Da gehe ich lieber wieder ins alte Ägypten zurück und habe wenigstens für den Augenblick meine alten Fleischtöpfe wieder!
Das trotzige Verzagen des Unglaubens ist aber eine sehr gefährliche Sache. Da heißt's auch: Wie ihr geredet habt vor meinen Ohren, so soll's geschehen! Ja, ja, ihr sollt Recht behalten; ihr werdet liegen bleiben in der Wüste und nicht die Verheißung erlangen. Aber, dass die Schuld nicht eures Gottes ist, das werdet ihr doch einmal bekennen müssen!
O wie unbeschreiblich traurig: Nicht weit von Kanaans Grenze, - und doch noch dahinten und ausgeschlossen, und liegen bleiben in der Wüste!
Der Herr behüte uns davor! - er helfe uns zu dem Einen, zu glauben, fest und unbeweglich, was er geredet hat von dem Lande der Ruhe, das noch vorhanden ist und von der großen Kraft und Treue Gottes, die dafür stehen will, mit uns durch allen Kampf siegreich hindurchzudringen und daran nimmermehr zu verzagen, ob wir an uns selbst noch so verzagt wären! -
Und dann wollen wir uns auch untereinander ermahnen und ermuntern mit dem Wort des Glaubens: Fallet nicht ab von dem Herrn und fürchtet euch nicht vor der ergrimmten Macht der Feinde! Der Herr ist mit uns, und wenn er uns gnädig ist, was gilt's, wir werden doch das Land einnehmen - und das Land ist sehr gut! (Theobald Wunderling.)