1. Petrus 1,24
Andachten
Alles Fleisch ist wie Gras, und alle Herrlichkeit der Menschen wie des Grases Blume. Das Gras ist verdorrt und die Blume abgefallen; aber des HErrn Wort bleibt in Ewigkeit. Das aber ist das Wort, welches unter euch verkündigt ist.
Ist nicht die ganze Menschheit um uns her vergleichbar dieser hinwelkenden sterbenden Natur? Stoßen wir nicht allenthalben auf das Gesetz des Todes, das mit unerbittlicher Gewalt Blatt und Blüte herunterreißt? Wo wir stille lauschend durch die Reihen der Menschen schreiten, tönt uns die alte Klage entgegen: „Alles Fleisch ist wie Gras, alle Herrlichkeit der Menschen wie des Grases Blume.“ Nirgends verstummt die Klage, dass „alles eitel“ ist. Wahrlich, das wäre ein kläglich und verzweifelt Ding; man könnte nimmer froh dabei werden, wenn man nicht weiter sähe als auf das, was vor Augen liegt, wenn man nicht wüsste, dass zwischen diesen hinwelkenden Blumen und diesem fallenden Laub des Menschengeschlechtes mit sanftem, aber auch mit königlich-majestätischem Schritt der einhergeht, der da spricht: „Wer an Mich glaubt, der ist vom Tode zum Leben hindurchgedrungen.“ Selig, wer Ihn kennt, der in unsere Armut Seinen Himmelsreichtum, in unsren Tod Sein ewiges Leben und Lieben gnadenreich einsenkt! Selig, wer Ihm ins Auge und Herz schaute! Der kann mitten in der hinwelkenden Welt, ja auch mitten im eigenen Hinwelken und Hinschwinden doch seine Harfe tönen lassen, voll und freudig von des HErrn Wort und Gnade, die in Ewigkeit bleiben und die alle unsere Sünde, Gebrechen und Tod also verschlingen werden, dass zuletzt nichts übrig bleibt als Heiligkeit, Leben und Herrlichkeit und ein großes, ewiges Halleluja! Amen. (O. Funcke.)
Alles Fleisch ist wie Gras, und alle Herrlichkeit der Menschen wie des Grases Blume. Das Gras ist verdorrt, und die Blume abgefallen; aber des Herrn Wort bleibt in Ewigkeit. Das ist aber das Wort, welches unter euch verkündigt ist.
Wehmut will Einen beschleichen, wenn man jetzt durch Wald und Feld streift. Das Getön der Vögel ist längst verklungen, kaum hört man hier und da noch einen schüchternen Ton. Die meisten sind weit, weit hinweggezogen über Länder und Meere, einer milderen und sonnigeren Heimat zu; ängstlich verkriechen sich die übrigen vor der rauen Luft. Allenthalben aber, wo man geht und steht, umrauscht Einen das welke Laub, das geheimnisvoll von den halbentblätterten Bäumen herunterraschelt. Jeder neue Windstoß führt Millionen von Blättern mit sich fort. Bald, wenn der erste Nachtfrost gewesen, werden die Bäume und Sträucher, die vor Kurzem noch in dem Schmuck und in der Fülle üppigen Grünes prangten, nackt und kahl dastehen, Gespenstern gleich.
Ist aber nicht die ganze Menschheit um uns her vergleichbar dieser hinwelkenden, sterbenden Natur? Stoßen wir nicht allenthalben auf das Gesetz des Todes, das mit unerbittlicher Gewalt Blatt und Blüte herunterreißt? Wo wir stille lauschend durch die Reihen der Menschen schreiten, tönt uns die alte Klage entgegen: „Alles Fleisch ist wie Gras, alle Herrlichkeit der Menschen wie des Grases Blume“. Wohl klammert sich an das Leben Alles, was da lebt, aber was hilft's? Nirgends verstummt die Klage, dass „Alles eitel“ ist. Überall sehen wir, dass die lieblichsten Bande durch eine unsichtbare Hand zerrissen werden. Hier trifft's die Kindlein, die in der Wiege schlummern, dort die Urahne, die im Lehnstuhl nach Odem ringt, jetzt den Jüngling, der, großer Pläne voll, in die Welt schreitet, dann wieder den Mann, im halbvollendeten Lebenswerk; und hier das junge, blühende Weib grade in der Stunde, da sie Mutter wird - grade in der Stunde, da ihre edelsten Hoffnungen, ihre heißesten Wünsche sich erfüllten;
„Wir sind ein arm Geschlechte,
Des Todes schneller Raub,
Gleich wie das Gras von rechte,
Ein Blum' und fallend Laub,
Der Wind darüber wehet,
So ist es nimmer da,
Also der Mensch vergebet,
Sein End' das ist ihm nah'.“
Wahrlich, das wäre ein kläglich und verzweifelt Ding; man könnte nimmer froh dabei werden ohne erst töricht geworden zu sein, wenn man nicht weiter sähe als auf das, was vor Augen liegt, - wenn man nicht wüsste, dass zwischen diesen hinwelkenden Blumen und diesem fallenden Laub des Menschengeschlechtes mit sanftem, aber auch mit königlich-majestätischem Schritte Der einhergeht, der da spricht: „Wer an mich glaubt, der ist von dem Tode zum Leben hindurchgedrungen“.
Selig, wer Ihn kennt, der in unsere Armut seinen Himmelsreichtum, in unseren Tod sein ewiges Leben und Lieben gnadenreich einsenkt. Selig, wer Ihm in Aug' und Herz schaute! Der kann mitten in der hinwelkenden Welt, ja auch mitten in dem eigenen Hinwelken und Hinschwinden, doch seine Harfe tönen lassen, voll und freudig von des Herrn Wort und Gnade, die in Ewigkeit bleiben und die alle unsere Sünde, Gebrechen und Tod also verschlingen werden, dass zuletzt nichts übrig bleibt wie Heiligkeit, Leben und Herrlichkeit und ein großes ewiges Halleluja. (Otto Funcke)
Alles Fleisch ist wie Gras, und alle Herrlichkeit des Menschen wie des Grases Blume. Das Gras ist verdorrt und die Blume abgefallen; aber des HErren Wort bleibt in Ewigkeit.
Die Wahrheit, nach deren Besitz die Seele hungert und dürstet, sollte sie wohl in den irdischen Dingen enthalten sein? Wenn wir die Lebens-Aufgabe der meisten Menschen darin beschlossen sehen, sich in den Besitz dieser Güter zu setzen; wenn dies Ziel ihre ganze Tatkraft weckt, und sie fähig und willig macht, sich der Ausrichtung der mühevollsten Arbeiten, wie der Erduldung der tiefsten Schmerzen auszusehen, dann dürfen wir wohl schließen, dass diese Güter einen unbeschreiblichen Zauber der Anziehungskraft auf das menschliche Gemüt üben müssen. Aber wenn unser Urteil über ihren Wert ungünstig ausfallen muss, sobald wir die Wirkungen beobachten, die ihr Besitz auf seinen Eigener ausübt, so wird es doch wieder unsicher und schwankend, wenn wir diese Güter selber näher betrachten, und wahrnehmen müssen, wie sie gleichsam wie auf einer Stufenleiter sich übereinander reihend von dem minder Vollkommenen zu dem Vollkommneren emporsteigen, von dem Sinnlichen und Nichtigen aufwärts sich vergeistigen und veredeln. Die Menschen, die ihren Bauch zum Gott machen, müssen in einer ungeheuren Täuschung befangen sein, denn ihr Gott wird auch ihr Peiniger; schon die flüchtigste Beobachtung zeigt uns, dass alles sinnliche Genussleben den Menschen entwürdigt, und ihn alles wahren Glückes immer mehr berauben muss. Der Anblick eines Lüstlinges, eines Trunkenboldes kann uns nur Mitleid oder Verachtung einflößen; diese Menschen müssten über sich selber schamrot werden, wenn sie im Spiegel der Wahrheit ihre eigentlichste Gestalt erblicken würden. Aber auch der bloße Besitz der irdischen Güter hat uns noch nie das Bild des wahren Glückes vorgeführt. Besitz gibt Macht, Einfluss und Ansehen, und es gibt Menschen genug, die all' ihr Wissen und Können darauf verwenden, um eine solche Stufe zu erklimmen; aber wenn sie endlich erlangt haben, wonach sie so sehnlichst Verlangen trugen, so merken sie, dass Unruhe und Sorge mehr denn je ihr Gemüt erfüllen, weil die Höhe, zu der sie emporstiegen, zugleich auch eine Tiefe vor ihnen aufgetan hat, in welche sie hinab stürzen müssen, wenn sie sich oben auf dem eng begrenzten Standpunkt nicht werden behaupten können. - Und wenn es nicht sowohl Macht ist, was die Menschen suchten, als vielmehr Geld und Gut, dann müssen wir sie noch mehr beklagen; denn das tote Metall, fast immer hat es das Herz derer, die sich ihm anhängen, hart und kalt gemacht; die Liebe und das Erbarmen ist in ihnen erstorben; das Gut ist ihnen selber ein harter Herr geworden, der sie mit Sklavenketten an Hand und Fuß gebunden hat, und die Bibel muss die Natur der Sünde und das Herz des Menschen genau genug gekannt haben, wenn sie den Ausspruch tut, der Geiz sei Abgötterei und eine Wurzel alles Übels. (Kol. 3, 5; 1. Timoth. 6, 10.) - Der Apostel vergleicht die Herrlichkeit des Menschen und das Fleisch, das heißt die irdischen Dinge und Güter mit der Blume des Feldes, die frühe blüht und bald welk wird; er will damit nicht bloß ihre Vergänglichkeit bezeichnen, sondern auch ihre Nichtigkeit, so dass sie also nicht bloß etwa nur kurze Zeit den Menschen zu beglücken vermöchten, sondern dass ihnen ihrer Natur nach überhaupt diese Fähigkeit nicht beiwohnt. Aber können wir diese Bezeichnung auch auf die höheren und edleren irdischen Güter anwenden, wie die Kunst und die Wissenschaft? Ist nicht die eine die Darstellung des Schönen und die andere die Führerin auf dem Wege zur Wahrheit? Und ist nicht das Gute, das Wahre und das Schöne im Grunde eins und dasselbige? Ja, wenn Kunst und Wissenschaft im Dienst der ewigen Wahrheit stehen, dann wollen wir sie hoch preisen; denn sie gleichen dann dem Lichte in der Hand des Weisen, oder dem Schatz in der Hand des Barmherzigen: aber kann auch die Kunst an sich als leitende Wahrheit beraten, kann auch das menschliche Wissen die bangen Fragen unsres Herzens lösen, und das brennende Verlangen unsrer Seele stillen? Wenn der menschlichen Vernunft allein schon die Gabe inne wohnt, dem Menschen die tiefste Bedeutung des Lebens zu erschließen, und auf seine bangen Fragen nach einer höheren, jenseitigen Welt Antwort zu geben: warum sind denn die Gebildetsten unter den Heiden, deren geistige Schöpfungen uns eine so reiche Fülle geistiger Erquickung darbieten, doch in Bezug auf das höchste und ewig bleibende Gut des Lebens die Antwort schuldig geblieben? Und warum hat alle ihre gerühmte und bewunderte Weisheit nicht mehr vermocht, als den Menschen mit dem Diesseits zu versöhnen und mit ihrer Kunst das Grab zu schmücken, welches der letzte Ausgang alles Daseins ist? O wie glücklich müssen doch die Menschen sein, die eine ewige Heimat haben, und die Hand kennen, die uns ihr entgegenführt! (Julius Müllensiefen)