Apostelgeschichte 24,16
Andachten
In demselben (nämlich im Glauben) übe ich mich zu haben ein unverletztes Gewissen allenthalben, beides gegen Gott und den Menschen.
So spricht der Apostel, der so nachdrücklich schreibt: durch den Glauben werden wir selig und nicht durch die Werke. Also nicht einen faulen, toten Glauben meint er, sondern einen lebendigen; nicht ein Polster für die Trägheit und ein Deckmantel für die Sünde ist ihm sein Glaube, sondern ein Sporn zum Guten, ein Antrieb zur Heiligung. Das ist das rechte Ziel, dahin alle wahre Religion den Menschen führen muss. So lange unser Glaubensbekenntnis nur eine Sache des Kopfes oder des Mundes bleibt, ist es Spreu ohne Korn, Schatten ohne Leben. Nur dann verdient es den Namen eines wahren Glaubens und einer lebendigen Hoffnung, wenn in demselben und durch dasselbe die tägliche Übung gerecht, fromm und gottselig zu leben, getrieben wird. „Wer an Gott glaubt“, sagt Luther, der große Panierträger des allein seligmachenden Glaubens, „wer an Gott glaubt und gewiss ist, dass er uns Gutes gönne, sintemal er uns seinen Sohn und mit ihm die Hoffnung des ewigen Lebens gegeben hat, wie wollte der nicht von ganzem Herzen Gott lieben? Wie wolle er ihn nicht fürchten und ehren? Wie wolle er sich nicht befleißigen, ein dankbar Herz für solche große Gaben und Wohltaten zu erzeigen? Wie wollte er nicht beweisen Geduld und Gehorsam im Unglück? Also führt der Glaube mit sich einen Haufen vieler sehr herrlichen und schönen Tugenden und ist nimmer allein“. Merkt dabei, wie scharf es Paulus mit seinem guten Gewissen nimmt, dass er es allenthalben, beides gegen Gott und Menschen, haben will, unbefleckt nicht nur gegen die Menschen, wie die, deren ganze Gewissenhaftigkeit darin besteht, dass sie sprechen: mir kann kein Mensch etwas Böses nachsagen, während der Gott, der ins Verborgene sieht, gar manche Flecken in ihrem Leben, gar manchen Gräuel in ihrem Herzen entdeckt; aber auch nicht bloß gegen Gott, wie die, welche sich zwar immer darauf berufen: Der Herr kennt die Seinen, mit meinem Gott bin ich im Reinen, lassen's aber fehlen an dem Beweis vor den Menschen, an der Probe der Gottseligkeit, von welcher der Herr selbst sagt: An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen. Merke aber auch, wie demütig der große Apostel von seinem guten Gewissen spricht: nicht, ich rühme mich zu haben ein unbeflecktes Gewissen, sondern, ich übe mich, es zu haben, ich strebe danach, ich arbeite daran, denn wahrlich, wer es genau nimmt mit seinem Gewissen, der wird ja nie, auch wenn er im Stande der Gnade und guten Werke steht, nie wird er sagen: ich bin fertig mit der Heiligung, ich bin im Reinen mit meinem Gewissen, sondern immer, auch wenn er nur auf einen Tag, nur auf eine Woche seines Wandels zurückblickt, wird ihm sein Gewissen Fehltritte und Versäumnisse aufdecken, die ihn wieder zum Gnadenquell hinführen, zur Buße mahnen und ins Gebet hineintreiben, dass durch den Beistand des Heiligen Geistes je mehr und mehr die Seele unverletzt, rein das Gewissen bleib'. (Karl Gerok)