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Lukas 1,39

Lukas 1,39

Andachten

Maria aber stand auf in diesen Tagen und ging auf das Gebirge endelich (das ist eilfertig) zu der Stadt Juda und kam in das Haus des Zacharias und grüßte Elisabeth.
Der hochbeglückten Maria wird es in ihrer Hütte zu einsam; sie muss sich gegen einen Menschen, dem sie sich ganz hingeben kann, weil er sie ganz versteht, aussprechen. In Nazareth war Niemand, den sie in so geheimnisvolle Gottestiefen hineinschauen lassen konnte. Dass sie auch ihrem Verlobten davon nichts zu sagen wagte, versteht leicht, wer nur etwas vom weiblichen Wesen kennt. Nur Eine war auf Erden, der konnte sie getrost ihr ganzes Herz aufschließen, das war Elisabeth, das Weib des Zacharias, - eine edle mütterliche Freundin und die Pflegerin derselben heiligen Hoffnungen.

Freilich, der Weg von Nazareth zum Gebirge Juda erforderte fast drei Tagereisen. Welch ein Unternehmen für eine einzelne arme Jungfrau, dahin zu wandern! Aber so stark ist der Trieb zur Gemeinschaft, so groß auch der Mut und die Energie dieser einfaltsvollen jungfräulichen Seele, dass sie sich eilend, ohne Zögern auf den Weg begibt, nachdem sie die göttliche Botschaft empfangen hat. Gottes Engel aber ist ihr treuer Schutzmann gewesen. Luther bemerkt zu dieser Reise in seiner originellen kindlichen Weise: „Billig wäre es gewesen, dass man ihr einen güldenen Wagen bestellt und sie mit 4000 Pferden geleitet und vor dem Wagen her getrommelt und geschrien hätte: „Hie fährt die Frau aller Frauen!“ Aber Solches ist alles geschwiegen. Das arme Mägdlein gehet zu Fuß so einen weiten Weg bis in die zwanzig Meilen. Da wäre es kein Wunder, wenn alle Berge gehüpft und getanzt hätten vor Freuden!“ Indessen, so wie kein Wagen gewesen ist, so haben auch die Berge des Tanzes vergessen. Für die Demut und Einfalt der Maria wird das auch heilsamer gewesen sein.

Wie mächtig aber musste es doch die Maria zur Gemeinschaft ziehen, dass sie diese weite Reise wagte und so viel Gefahr, Beschwerde und Hindernis verachtete! Ja, der Trieb zur Gemeinschaft ist gar ein edler gottgezeugter Trieb in der Menschenbrust. Niemand soll sich etwas darauf zu Gute tun, wenn er aller Menschen entraten kann. Das ist, wenigstens in der Regel, mitnichten ein Zeichen von besonderer Hoheit, Frömmigkeit und Seelengröße, sondern von Stolz, Einbildung und Stumpfheit. „Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei,“ - so sagt Der, der ihn geschaffen hat und ihn also auch am besten kennt. Darum schickt auch Jesus seine Jünger zu zwei und zwei und Paulus ist schier trostlos, wenn er auf seinen Reisen keinen Gefährten zur Seite hat.

Besonders aber in großen Momenten des Lebens, sei es in hoher Freude oder in tiefem Schmerz, finden wir in unserer Brust das schreiendste Bedürfnis nicht nur vor dem unsichtbaren Gott, sondern auch gegenüber einem Menschen, einem sinnlichnahen, uns gleichartigen Wesen, das ganz mit uns empfindet, unser Herz auszuschütten. Dann wird die Not erträglicher, dann wird die Freude doppelt groß. Zum Verzweifeln aber ist's und für Leib und Seele ungesund, wenn man in solcher Zeit Alles in seiner Brust verschließen muss. Wir erinnern hier auch an die Gemeinschaft zwischen David und Jonathan; ja, selbst unserem Heiland war es, nicht nur unter den Todesschatten von Gethsemane, sondern auch auf der lichten Höhe des Verklärungsberges, tief innerliches Bedürfnis Gemeinschaft zu haben.

O wohl Dem, der, zumal in finsteren Zeiten seines Lebens, wenigstens eine Seele hat, die dann nicht flieht und nicht schläft, sondern in Wahrheit mit ihm leidet und mit ihm trägt und mit ihm vor Gott hintritt. Es ist wohl ein Gebet, das durch die Wolken dringen muss, wenn Einer, der einsam steht, seinen Gott um Gemeinschaft bittet. Wer aber klagt, dass er von allen Menschen verlassen sei, der untersuche sich doch auch wohl, ob die Schuld nicht an ihm liegt, ob er nicht zu hochmütig, zu einseitig, zu wählerisch und launig ist. Er ringe nach dem einfaltsvollen Kindessinn der Maria und es wird ihm auf die Dauer an Freunden, wie Zacharias und Elisabeth waren, nicht fehlen.

Gott stehet mir vor Allen
Den meine Seele liebt,
Dann soll mir auch gefallen
Der mir sich herzlich gibt. (Otto Funcke)

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nt/42/lukas_1_39.txt · Zuletzt geändert: von aj
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