Hosea 14,10
Andachten
Die Wege des Herrn sind richtig.
„Als nun Maria kam, da Jesus war, und sah ihn, fiel sie zu seinen Füßen.“ Sie weint und kann nur ausrufen: „Herr, wärst du hier gewesen, mein Bruder wäre nicht gestorben.“ Martha hatte ganz dasselbe gesagt - und wahrscheinlich hatten beide Schwestern in den drei Tagen der Angst oft untereinander ähnlich gesprochen. Es ist oft der bitterste Tropfen in dem Leidenskelche, dass wir denken: es hätte doch anders kommen können, dass unser geliebter Lazarus nicht gestorben wäre. O, dass der Herr nun gerade abwesend sein musste oder nicht vier Tage früher heimkehrte, oder dass wir früher zu ihm gesandt hätten! „Wenn dies und das geschehen wäre,“ so sagen wir, „würde unser Kind noch leben.“ Oder wenn dieses Mittel oder diese Vorsicht gebraucht wäre, so würde meine Hoffnung nicht zerstört, und der Geliebte noch an meiner Seite wandeln, mein Bruder wäre nicht gestorben. Fort mit solchen Gedanken! Gott sitzt im Regiment und regiert und ordnet alles nach seinem weisen Rat. Dürfen wir daran zweifeln? Ist der Heimgang einer unsterblichen Seele eine so unwichtige Sache, dass der lebendige Gott sich nicht damit befassen sollte? Streiche die Worte Zufall und Schicksal! Es war Gott der Herr, der es so führte. Trafen merkwürdige Umstände zusammen, so war es mit seiner Zulassung, der Herr irrt nicht in seinen Führungen. - Obgleich anscheinend abwesend, ist er doch gegenwärtig. Dass er sich oft scheinbar verbirgt, ist nur ein Zeichen seiner großen Liebe. Der Herr regiert! Das genügt. Das stillt die unruhige Seele. Wir haben dem Herrn nicht den Weg vorzuschreiben, welchen seine unendliche Liebe und Weisheit mit uns gehen soll. Wenn der Herr es für gut findet, so nimmt er dir das Liebste hinweg. „Ja, Vater, also ist es wohlgefällig vor Dir.“ Wir wollen schweigen und unsern Mund nicht auftun. „Es ist der Herr!“ Trauernder Christ, wenn dein Bruder oder Freund, den du betrauerst, nun in der Herrlichkeit ist, unter der ungezählten Menge in weißen Kleidern, für ewig der Sünde und Not entrückt, kannst du Gott noch zürnen, dass er ihn zu frühe abrief? Wolltest du ihn zurückwünschen, wenn du könntest, in die Erdennot und Sorge?
Während der Herr zuvor der Martha antwortete, sie nach ihrem Glauben fragte und sie hinwies auf die alleinige Quelle des Trostes, ist seine Antwort an Maria nur ein Mitweinen: „Jesu gingen die Augen über.“
Woher dieser Unterschied? Zeigt es uns nicht, dass der Herr jeden so behandelt, wie es der Eigentümlichkeit seines Charakters am besten entspricht? Das starke Herz des Petrus bedurfte zu Zeiten einer Zurechtweisung, welche die sanfte Seele des Johannes niedergebeugt hätte in den Staub. Der Charakter des einen ist uns in seinem Wandeln auf dem stürmischen Meere, seinem Herrn zu begegnen, gezeichnet, des andern, in dem Ruhen an Jesu Brust, um völlig seine Liebe zu genießen. So ist es auch mit Martha und Maria, und so macht es der Herr mit den Seinigen noch immer. Jesus wägt in jedem Falle und bei jedem einzelnen genau ab, was für ihn passt, und welche Last er tragen kann. Darum muss es dein Gebet sein: „Lass mich in die Hand Gottes fallen, denn seine Barmherzigkeit ist groß.“ Der Herr legt keine unnötige Züchtigung seinen Kindern auf. Ein irdischer Vater kann sich irren, aber Gott irrt niemals. „Die Wege des Herrn sind richtig.“ „Er sitzt im Regimente und führt alles wohl.“ (John Ross MacDuff)