Psalm 145,16
Andachten
Du tust Deine Hand auf und erfüllst alles, was da lebt, mit Wohlgefallen.
Wer bedenket dies Tisch-Gebetlein? Denn ist Gottes Hand mein Kapital, Keller und Söller, o Schande, dass ich sorgen will! Niemand kann's nehmen. Ich greife stets in Gottes Kasse, der mangelt nichts. Nein. „Die Christen haben ihre Schatzkammer, Kasten und Keller zu Gott gesetzt, an einem solchen Ort, da kein Dieb stehlen kann: sie wissen, dass sie genug in Gott haben, und ob sie eine Weile Mangel Veiden und sie Gott versieht, so bleibt doch Gott nicht außen, sie müssen Essen haben, und sollte der Himmel Brot regnen. Wir aber sehen nur auf die vollen Taschen und Beutel; wenn wir aber glaubten, so sähen wir nicht, ob wir's im Kasten oder in der Faust hätten, genug, dass wir's im Herzen glauben und in Gott, in Seiner Hand, Kasse und Kasten haben. Es gilt dem Frommen gleich, er habe es im Beutel oder nicht; hat er's im Vorrat, so dankt er Gott, und sorgt, dass er's recht anlege. Will ihm es aber Gott nicht in der Barschaft geben, so ist er gleichwohl fröhlich.“ Gottes Hand, die alles hat, Schafft allenthalben Rat. (Dr. M. Luther.)
Es ist nicht recht, wenn man beim Empfang und dem Genuss der leiblichen Nahrung nur auf die Erde und die menschliche Arbeit sieht, und des Schöpfers dabei vergisst. Freilich müssen die Pflanzen, welche uns und den Tieren zur Nahrung dienen, aus der Erde wachsen, und das Feld muss gebaut werden: wer hat aber die Kraft in die Erde gelegt, nach welcher sie nahrhafte Gewächse hervorbringen kann? Wer hat die Erdgewächse so gemacht, dass ein jegliches seinen Samen bei sich selber hat, um sich fortpflanzen zu können? Wer hat in die Natur der Tiere, deren Fleisch ein Teil unserer Nahrung ist, die Kraft gelegt, nach welcher sie Junge zeugen? Wer lässt den Regen und Tau auf die Erde fallen? Wer gibt Sonnenschein und Wärme? Wer tötet durch die Kälte das Ungeziefer? Wer gibt Kräfte und Verstand zur Arbeit? Dieses Alles muss man dem gütigen Schöpfer zuschreiben, und deswegen Alles als Seine Gabe mit Danksagung empfangen und genießen. Wollen die Menschen Seiner vergessen, und die Nahrung ihrem Fleiß zuschreiben, so mahnt Er sie plötzlich durch einen Misswachs, den ihr Fleiß nicht zurücktreiben kann, oder durch eine Seuche, die Er unter sie oder das Vieh schickt, daran, dass an Seinem Segen Alles gelegen sei, und sie ihre Nahrung Ihm zu danken haben.
Gott tut als ein gütiger Geber in jeglichem Jahr Seine Hand auf, und wenn Er die Menschen nicht aus gerechten Ursachen mit einer Hungersnot straft, so erfüllt Er gewöhnlicher Weise Alles, was lebt, mit Wohlgefallen. Er gibt also die Nahrung so reichlich, dass Alles, was lebt, erfüllt, das ist, gesättigt werden kann, wie auch die Armen unter den Menschen inne werden. Er gibt sie mit einer ausgebreiteten Güte Allem, was lebt. So gewiss es ist, dass Er nicht Alles, was lebt, in den Himmel aufnimmt: so gewiss erfüllt Er Alles, was lebt, mit der leiblichen Nahrung. Er gibt dem Vieh sein Futter, und Nahrung auch den undankbaren und boshaftigen Menschen: ja, es gibt Gottlose, denen Er Reichtum und Ehre gibt. Dazu soll man nicht scheel sehen, denn diese Abfertigung, welche den Gottlosen, die nichts Weiteres verlangen, widerfährt, macht sie nicht einmal auf der Erde ganz glücklich, zu geschweigen, dass sie mit dem ewigen, himmlischen Erbe in eine Vergleichung käme. Gott sättigt aber Alles, was lebt, mit Wohlgefallen, so dass Er gerne gibt, und mit Wohlgefallen zusieht, wenn wir Seine Gaben mäßig und mit einer heitern Seele genießen. Paulus sagt 2 Kor. 9,7.: einen fröhlichen Geber hat Gott lieb. Es ist aber Gott, der Licht und Liebe ist, das Urbild aller fröhlichen Geber. Er lässt Menschen und Vieh ihr Kreaturenrecht, dessen David Ps. 145,9. gedenkt, gern genießen. Lasst uns bei dem Fleiß, und der Klugheit und Treue, welche wir auf die zeitlichen Güter wenden müssen, Gott vertrauen. Lasst uns der Danksagung nicht vergessen, und bei dem Genuss des ewigen, himmlischen Tisches, dessen Tischgebet Meldung tut, eingedenk bleiben. Lasst uns auch als Gottes Nachfolger Andere gern sättigen, ja den HErrn Jesum selbst in Seinen geringsten Brüdern mit Seinen Gaben speisen und tränken. (Magnus Friedrich Roos)