Psalm 118,28
Andachten
Du bist mein Gott, ich danke Dir, mein Gott, ich will Dich preisen.
Es ist etwas Erquickliches, wenn man gläubig zu Gott sagen kann: Du bist mein Gott. Was ist Gott? Was bedeutet das Wörtlein mein? Kein menschlicher Verstand kann die Antworten auf diese beiden Fragen vollkommen ausdenken. Gott ist ein unermessliches gutes Wesen. Er ist ein Licht, und in Ihm ist keine Finsternis, Er ist Liebe, Er ist Vater, Erlöser, König, Fürsprecher, Haupt, Hirte, Bräutigam, Tröster. Wenn man nun zu allen diesen Namen das Wörtlein mein setzen kann, welch’ eine Wonne, welch’ ein Trost ist das! Das Wörtlein mein deutet an, dass Gott Sich gegen mich so beweiset, wie Sein Name anzeiget, oder dass ich Ihn so erkennen und genießen darf, wie Er Sich in Seinem Wort offenbart hat. Dreimal sagte die Sulamith im Hohenlied: mein Freund ist mein, zweimal setzte sie hinzu: und ich bin sein; das drittemal aber: und er hält sich auch zu mir, oder: er hat eine Neigung zu mir. Christus sagte mehrmals zu den Menschen: euer Vater, und hieß sie beten: unser Vater, und sprach nach Seiner Auferstehung: Ich fahre auf zu Meinem Vater, und zu eurem Vater, zu Meinem Gott und zu eurem Gott. Die Apostel reden oft in ihren Briefen von unserem HErrn Jesu Christo; und obschon der Heilige Geist niemals unser Geist genannt wird, so wird doch von Ihm gesagt, dass Er uns gegeben, und in unsere Herzen gesandt werde. Alle diese Ausdrücke zeigen an, dass die Erkenntnis und die Verehrung des Dreieinigen Gottes bei uns nicht trocken und kaltsinnig bleiben dürfe, sondern dass sie mit einer gläubigen Zueignung und Annahme und zugleich mit einem Genuss verbunden sein solle. Darauf folgt Ruhe der Seele, Geistesstärke, Ergebenheit an Gott, Vereinigung mit Gott, Verlangen nach einem noch völligeren Genuss, und bei der Anbetung Gottes viel Dank gegen Gott, und viel Lob Gottes; wie denn auch in dem obenstehenden Spruch gesagt wird: ich danke Dir mein Gott, ich will Dich preisen, und hernach: danket dem HErrn, denn Er ist freundlich, und Seine Güte währt ewiglich. Ich will mich auch am Anfang dieses Monats freuen, dass der HErr mein Gott ist, und Ihm danken. Ein Reicher mag ich freuen, wenn er sein Geld und seinen Hausrat und seine liegenden Güter ansehen, und davon sagen darf: dieses Alles ist mein, ein Andrer mag ich seiner Gönner und seiner Lieblinge freuen: ich freue mich dessen, dass der HErr Sich nicht schämt, mein Gott zu heißen, und dass ich durch Christum, den verworfenen Stein, der zum Eckstein geworden ist, das Gnadenrecht erlangt habe, Ihn meinen Gott zu nennen. Jetzt erkenne und genieße ich Ihn ungefähr so, wie man die Sonne bei dem dicksten Nebel erkennt und genießt. Man sieht sie nicht, man genießt auch ihren Glanz nicht völlig, doch weiß man, dass sie über dem Horizont sei, fühlt etwas von ihrer Wärme, und genießt etwas von ihrem Licht. In der seligen Ewigkeit aber wird der Nebel vergangen sein. Alsdann wird die Herrlichkeit Gottes den Gerechten wie eine unvergleichlich reine und unermessliche Sonne leuchten, und sie werden sie unmittelbar und ohne Verletzung ihrer Augen sehen, und viel näher als jetzt zu ihr hingerückt sein. Alsdann wird völlig klar sein, welch’ eine unendliche Seligkeit es sei, wenn man zu Gott sagen kann: Du bist mein Gott. Halleluja.(Magnus Friedrich Roos)