Hebräer 12,2
Andachten
“lasset uns aufsehen auf Jesum“
Sagt da ein armer seelenblinder Mann: Jesus habe überhaupt nie gelebt - so kann der Mann einem leid tun. Was hat er von seinem Leben ohne Jesus? Woran hat er solches Schielen, solches Vorbeisehen gelernt? Kamen ihm denn keine wahren Jünger Jesu in den Weg, die ihm etwas von der Herrlichkeit, der verborgenen Schönheit offenbaren konnten? Wir können es ja gar nicht mehr lassen, seit unsere Seelen mit weitgeöffnetem Blick Jesum erspäht, als nach ihm zu blicken ohn' Unterlass. Die leiblichen Augen geschlossen, die Hände gefaltet, so sehen wir den König in seiner Schöne, so kann er sich uns offenbaren - auch ungesehen. Immer wieder sehen wir von uns weg, von unseren Wünschen und Träumen weg, nur auf ihn. Wie wir ihn erlebt haben, wie wir seine Liebe erfuhren, wie er sich ernst oder mild zu uns geneigt, als wir in Trauer und Tränen saßen, so erscheint er jedem in einer ganz besonderen Art, aber doch so, dass wir mit heimlichem Beben und süßem Schauer spüren: Es ist der Herr! Darum, lasst uns aufsehen - von der Erde weg, vom Niedrigen weg auf Jesum und auf ihn allein.
Meine Augen suchen deine Augen, Herr Jesus! Mein Herz sehnt sich nach deinem Herzen. Lege deine Worte in meinen Mund und deinen Wink in meinen Willen und dein Tun in meine Hand und deinen Weg vor meinen Fuß. Amen. (Samuel Keller)
Zwei Arten von Blicken haben mir viel geschadet in meinem Heiligungsleben; dagegen geholfen hat nur die dritte Art. Der eine gefährliche Blick war der auf andere Christen. Entweder rief er den Richtgeist wach und den Hochmut, weil ich mir besser und frömmer vorkam als sie, oder den Neid und die Unzufriedenheit, wenn mir schien, sie hätten es leichter als ich. Der zweite Blick war der aufs eigene Herz. Bisweilen achtete ich so scharf auf jedes Abtun einer bestimmten Sache, als gäbe es außerdem nichts, oder ich studierte meinen Fortschritt in der Heiligung am Ernst meiner Gebete. Mutlos oder übermütig bin ich durch diese Art von Selbstbeobachtung oft geworden; - besser nie. Lasst uns aufsehen auf Jesum! Das ist der Lebensblick! Wie oft hat dieser Blick mich froh und frei gemacht. Ein einziger Blick in seine Augen beschämte meinen Trotz oder Kleinglauben, verscheuchte eine schillernde Versuchung oder schuf mir Geduld und Liebe, wie ich sie gerade brauchte. Seither messe ich meine eigenen Fortschritte nicht, sondern hänge an seinen Augen. Nur dann kann ich die leiseste Trübung durch eine Untreue sofort spüren; nur dann kann er mich mit seinen Augen leiten.
Und du, Herr Jesus, lass uns leuchten dein Antlitz. Sieh mich freundlich an, so bin ich erquickt. Ich bin ein verlorenes, armes Kind, wenn ich deine Augen nicht entdecken kann. Du bist meiner Augen Licht. Ach Herr, verlass mich nicht! Amen. (Samuel Keller)
Der Herr ist dein Hirte, dein Hort und deine Zuflucht, Er ist dein Teil. Es ist uns alles Heil bereitet und aufgeschlossen in Jesus. Dafür aber müssen wir nun sorgen, dass wir Seine Gaben und Gnaden hineinziehen in unsere Seele. Von den Wogen weg blicke auf den Herrn. Von den Mängeln und Gebrechen deiner Seele weg blicke auf den Herrn. Von den Leiden, Nöten und Krankheiten deines Leibes blicke hinweg auf den Herrn. Und in aller deiner Arbeit und Mühe halte den Blick fest auf Ihn gerichtet. Bringe alles mit Ihm in Beziehung, flehe um Licht, um Kraft, um Hilfe. Wir sind der Hilfe beraubt, wenn wir zweifeln; wir werden mutlos und verzagt, wenn wir uns von den Sorgen einnehmen und einschließen lassen; wir machen eine Scheidewand zwischen uns und Jesus, wenn wir an irgendeiner Sache hängen bleiben. Das, was uns mangelt und drückt, was uns fehlt und quält, bereitet dem Herrn keine Schwierigkeit, Er ist und bleibt der Allmächtige; was Ihn aber hindert, einzugreifen, das ist unser Eingenommensein von der Krankheit, oder von dem Ungemach, oder von den Schrecknissen der Seele. Reiße dich los von dir selbst, denn Jesus lebt, Jesus liebt, ist dir nahe, ist allvermögend; auf Ihn blicke, mit Ihm rede, Ihm vertraue! Der überwindet die Welt, der auf nichts achtet als auf Christus allein. Da, und nur da, tut Er Großes. Wir müssen nicht immer mit den Verhältnissen rechnen, das bannt an die Erde; wir sollen aber immer auf den Heiland blicken und Ihn hochhalten, das macht fröhlich und heiter. Sollte Ihm etwas unmöglich sein? (Markus Hauser)
“Aufsehen auf Jesum.“
Fort und fort ist es das Werk des Heiligen Geistes, unsre Augen von uns ab und auf den Herrn Jesum hinzulenken. Aber Satans Werk läuft dem geradezu entgegen, denn er versucht beständig uns dahin zu bringen, dass wir auf uns selber sehen, statt auf Christum; er flüstert uns zu: „Deine Sünde ist größer, denn dass sie dir vergeben werden möge; du hast keinen Glauben; du empfindest nicht genug Reue; du wirst nie und nimmer bis an das Ende beharren; du weißt nichts von der Freude seiner Kinder; ach, du hast einen so zweifelhaften Anspruch an deinen Heiland.“ Das alles sind Gedanken, die dein eigenes Ich voranstellen, und wir können beim Blick auf uns ja weder Trost noch Zuversicht finden. Aber der Heilige Geist lenkt unsre Blicke ganz von unserer eigenen Person ab; Er sagt uns, dass wir nichts sind, sondern dass „alles und in allem Christus“ ist. Darum erwäge: es ist nicht dein Ergreifen und Festhalten des Herrn Jesu, was dich errettet - der Herr Jesus selber ist‘s; es ist nicht deine Freude an Christo, was dich selig macht - Christus selber ist‘s; es ist nicht einmal der Glaube an den Sohn Gottes, obgleich der Glaube das Mittel ist - sondern es ist Christi Blut und Verdienst; darum siehe nicht so sehr auf deine Hand, die du nach Christo ausstreckst, als auf Christum selber; siehe nicht auf deine Hoffnung, sondern auf Jesum, die Quelle deiner Hoffnung; siehe nicht auf deinen Glauben, sondern auf Jesum, den Anfänger und Vollender deines Glaubens. Wir finden nie Glück und Seligkeit darin, dass wir auf unsre Gebete und unsre Gefühle, auf unsre Werke sehen; was Jesus ist, nicht was wir sind, gibt unsrer Seele Ruhe. Wenn wir Satan wollen überwinden, und Frieden haben mit Gott, so muss es geschehen dadurch, dass wir „aufsehen auf Jesum.“ Richte dein Auge einfältig auf Ihn; lass es ruhen auf seinem Tod, seinen Leiden, seinen Tugenden, seiner Herrlichkeit, seiner Fürbitte, und lass dein Gemüt dadurch erquickt werden; wenn du am Morgen aufwachst, so sieh‘ auf Ihn; wenn du dich des Abends wieder niederlegst, so sieh‘ auf zu Ihm. Ach, lass sich nicht deine Hoffnungen und Befürchtungen zwischen Ihn und dich eindrängen; bleibe in seiner unmittelbaren Nähe, so wird Er dir nimmer mangeln. „Erleuchte meine Seele ganz, Du starker Himmelsglanz!“ (Charles Haddon Spurgeon)