2. Korinther 6,2
Andachten
Es ist eine angenehme Zeit, und ein Tag der Seligkeit.
Hiermit beschreibet Er, welch eine reiche Seligkeit das ist, wo das Evangelium geht: Es ist eitel Gnade und Hilfe da; da ist kein Zorn, noch Strafe; ja, es sind unaussprechliche Worte, die Er hier setzet. Aufs erste, dass es angenehme Zeit ist. Das ist auf hebräische Weise geredet, und gilt auf deutsche Weise so viel: Es ist eine gnädige Zeit, darinnen Gott seinen Zorn abwendet, eitel Liebe und Wohlgefallen hat, uns wohl zu tun. Hier ist aller Sünden vergessen, beide, der vergangenen und noch übrigen. Kurz es ist ein Reich der Barmherzigkeit, darinnen lauter Vergebung und Versöhnung ist, der Himmel steht jetzt offen, es ist das rechte, güldene Jahr, da Niemand Nichts versaget wird. Darum spricht Er: Ich erhöre dich zur Zeit des Wohlgefallens, das ist, ich bin dir hold, was du nur willst und bittest, das hast du gewiss; versäume dich nur nicht und bitte, weil sie währet. Zum andern, dass es ein Tag der Seligkeit, ein Tag des Heils, ein Hilfstag ist, darinnen nicht allein wir angenehm sind und gewiss, dass uns Gott günstig und hold ist; sondern auch, wie wir also gewiss sind, so hilft Er auch, und tut es, beweist es mit der Tat, dass unser Bitten erhört sei. Das heißen wir einen seligen Tag, einen glücklichen Tag, einen reichen Tag; denn es muss und soll beides bei einander sein, dass uns Gott günstig sei, und dieselbe Gunst mit der Tat beweise. Dass Er uns günstig sei, gibt das erste, - dass eine gnädige, angenehme Zeit ist, dass Er uns helfe und beistehe, gibt das andere, dass ein seliger Helfertag ist. Beides will und muss mit dem Glauben gefasst sein im guten Gewissen; sonst, wo man nach dem äußerlichen Menschen will richten, würde diese selige Zeit wohl vielmehr eine unselige Zeit des Zorns und der Ungnade genannt werden. Aber nach dem Geist muss man solche geistliche Worte annehmen, so finden wir, dass dies ,zwei herrliche, liebliche, schöne Namen sind der evangelischen Zeit, damit aller Schatz und Reichtum des Reichs Christi gepriesen wird. (Martin Luther)
Seht, jetzt ist die angenehme Zeit, jetzt ist der Tag des Heils.
Christus sagte nach Ps. 69,14. zu seinem Vater: Ich bete, HErr, zu Dir zur angenehmen Zeit: Gott durch Deine große Güte erhöre Mich mit Deiner treuen Hilfe; der Vater aber antwortete nach Jes. 49,8.: Ich habe Dich erhört zur gnädigen (angenehmen) Zeit, und habe Dir am Tage des Heils geholfen, und habe Dich behütet und zum Bund (oder zum Stifter und Grund des neuen Bundes) unter das Volk gestellt usw. Paulus aber schrieb, nachdem er diese letzten Worte zum Teil angeführt hatte: seht, jetzt ist die angenehme Zeit, jetzt ist der Tag des Heils. Die angenehme Zeit, oder die Zeit des Wohlgefallens war diejenige Zeit, da der Sohn Gottes in Seiner Niedrigkeit zu Seinem Vater betete, und von Ihm erhört wurde, damals ruhte nämlich das Wohlgefallen des Vaters auf Seinem Sohn, wie Er zweimal durch eine Stimme bezeugte, da Er sagte: dies ist Mein lieber Sohn, an dem Ich Wohlgefallen habe. Allein um Christi willen floss das Wohlgefallen Gottes auch auf die Menschen aus, wie denn die Engel schon bei der Geburt Christi sagten: Ehre sei Gott in der Höhe, Friede auf Erden, und an den Menschen ein Wohlgefallen. Diese Zeit des Wohlgefallens währte aber hernach fort, ja sie währt noch jetzt fort. Und die ganze Zeit des Neuen Testaments ist eine erwünschte, eine angenehme und zur Erweisung und Empfahung der Gnade schickliche Zeit. Sie ist aber auch ein Tag des Heils. Ein Tag im Gegensatz gegen die Nacht des Alten Testaments. Heil widerfuhr Christo, da Ihn der Vater mitten unter den sichtbaren und unsichtbaren Feinden behütete, und zuletzt zu Seiner Rechten, wo Freude die Fülle und liebliches Wesen ewiglich ist, erhöhte. Er ist aber auch unser Heil worden, wie Sein Name Jesus anzeigte. Um Seinetwillen und durch Ihn ist die heilsame Gnade allen Menschen im Neuen Testament erschienen. Der Tag des Heils währt also noch immerfort, und wird bis ans Ende der Welt währen.
Hier möchte man aber fragen: wie hat Paulus die Zeit des Neuen Testaments eine angenehme Zeit und einen Tag des Heils nennen können, da er doch Eph. 5,16. schrieb: es ist eine böse Zeit, und 2 Tim. 3,1. Offenb. Joh. 8,13. und Offenb. Joh. 12,12. von bösen Zeiten geweissagt wird? Allein diese Aussprüche stehen einander nicht entgegen. Die Zeit des Neuen Testaments ist eine böse Zeit für den äußerlichen Menschen, sie ist aber eine angenehme Zeit und ein Tag des Heils für den innern Menschen. Sie ist eine böse und zum Teil gräuliche Zeit, eine Zeit, in welcher die Menschen ein Weh nach dem andern erfahren müssen, weil über die ungläubigen Menschen schwere Strafgerichte ergehen, und auch die Gerechten scharfen Versuchungen ausgesetzt sind: eben diese Zeit aber ist doch auch eine Zeit, da Gott die Gläubigen Sein Wohlgefallen spüren lasst, da Er sie behütet, da Er ihnen Kraft zum Sieg über die Versuchungen darreicht, und da Er sie aus einer Not nach der andern errettet. Wenn keine Not wäre, so wäre auch kein Heil. Die Not und der Tag des Heils schicken sich also wohl zusammen. Wie soll man aber diese angenehme Zeit und diesen Tag des Heils anwenden? Vornämlich zum Beten, wie Christus selbst getan hat. Denn Gottlob! der Weg zum Zugang zu Gott ist gemacht, uns steht der Himmel offen, wie Luther in einem bekannten Lied gesagt hat. Man bete also, weil der Himmel gleichsam offen ist, weil der Vater mit Wohlgefallen auf die Betenden herab sieht, weil Er gern hört und hilft. . (Magnus Friedrich Roos)
Gott spricht: Ich habe Dich zur angenehmen Zeit erhört, und habe Dir am Tage des Heils geholfen. Seht, jetzt ist die angenehme Zeit, jetzt ist der Tag des Heils.
Paulus hat die Korinther ermahnt, die Gnade Gottes nicht vergeblich zu empfangen, folglich wohl anzuwenden, und führte alsdann aus Jes. 49,8. die Anrede des himmlischen Vaters an Seinen Sohn an: Ich habe Dich in der angenehmen Zeit erhört, Ich habe Dir am Tage des Heils geholfen. Gott der Vater erhörte immer das Gebet Seines Sohnes, wie dieser Ps. 22,25. und Joh. 12,41.42. selber rühmet. Er hat Ihm auch, da Er Ihn behütete, stärkte, auferweckte, und über alle Himmel zu Seiner Rechten erhöhte. Die Zeit nun, da dieses geschah, war eine angenehme Zeit und ein Tag des Heils für den HErrn Jesum; sie war aber auch der Anbruch der Zeit des Neuen Testaments, da die heilsame Gnade allen Menschen erschien, und das Evangelium aller Kreatur sagen konnte: seht, jetzt ist die angenehme Zeit, der Tag des Heils. Die Menschen schelten oft ihre Zeit über die Gebühr, und schelten dadurch Gott selbst, als den HErrn der Zeiten; deswegen schrieb Paulus: seht, jetzt ist die angenehme Zeit, jetzt ist der Tag des Heils. Seht, sagte er, als ob er ihnen die Zeit als eine angenehme Zeit zeigen wollte. Die Menschen loben oft die vergangene Zeit im Unverstand, weil sie die Plagen derselben nicht gefühlt haben, und nur die Plagen der gegenwärtigen Zeit empfinden; auch kann es geschehen, dass Jemand nur immer nach den besseren Zeiten gafft, die noch kommen sollen, und die gegenwärtige Zeit wohl anzuwenden versäumt; Paulus aber sagt: jetzt ist die angenehme Zeit, jetzt ist der Tag des Heils. Die vergangene Zeit ist nimmer unser, und kaum mehr recht zu schätzen, die künftige aber ist noch nicht da. Lasst uns mit dem Glauben, mit unserem Gebet und Lob Gottes, und mit dem Ernst in der Gottseligkeit nicht auf bessere Zeiten warten, denn jetzt ist die rechte Zeit zu diesem Allem. Was soll man aber von denjenigen sagen, welche das Wohlgefallen und Heil Gottes nicht achten, und ihre Zeit nur deswegen für eine gute Zeit halten, weil sie darin gute Tage für das Fleisch haben, oder weil sie den einreißenden Unglauben für eine Erleuchtung der Welt, die Spötterei für Weisheit, und die feine Weichlichkeit für Tugend halten? Diese fahren bald ihren Vätern nach, und weil sie das Licht des Evangeliums verschmäht haben, so sehen sie auch nach dem Tod das Licht nimmermehr, Ps. 49,20. Wem das Evangelium gepredigt und das Heil Gottes verkündigt und angeboten wird, der soll die Zeit, worin er lebt, für eine angenehme Zeit und für einen Tag des Heils halten, ob er gleich darin nach dem äußern Menschen von demjenigen, was Paulus 2 Kor. 6,4.5.8.9.10. nennt, auch etwas erfahren muss. Wie soll man aber diese Zeit anwenden? Will der Mensch in derselben erhört werden, so muss man bitten; soll ihm Hilfe und Heil widerfahren, so muss er Glauben und Geduld beweisen, und sich mit seinem Herzen immer an den HErrn Jesum anschließen, der von Seinem himmlischen Vater so erhört worden, dass auch wir als Seine Erlösten dadurch herrlich beraten worden, und dem von Seinem Vater so geholfen worden, dass dadurch unsere Erlösung ausgeführt, und unser Heil fest gegründet worden ist. Halleluja! . (Magnus Friedrich Roos)