1. Korinther 13,11
Andachten
Da ich ein Kind war, da redete ich wie ein Kind, und war klug wie ein Kind, und hatte kindische Anschläge; da ich aber Mann ward, legte ich ab, was kindisch war.
Paulus lehrt hier, was die Natur mit sich bringe, dass nämlich junge Leute anders, als die Männer seien, dass sie andere Neigungen, eine andere Sprache, andere Gebärden und andere Handlungen haben, als man im männlichen Alter habe. Es bringt aber die Natur in jungen Jahren nicht nur allerlei Kindereien und Bübereien mit sich, sondern es bringt auch die Natur mit sich, dass man solche selbst zu seiner Zeit, nämlich im männlichen Alter ablege: denn, da ich ein Mann ward, so tat ich ab, was kindisch war, wie man auch an den Tieren sieht, dass sie als jung „barren“, und solches, wenn sie älter werden, von selbst unterlassen. Ich habe schon oft Gott gedankt, dass dieser Spruch in der Bibel steht, indem ich bei der heutigen Art, da man so sehr auf das Schöne und Frühzeitige sieht, mir nicht zu helfen wüsste. Es sind in diesem Spruch zwei Lehren, und zwar 1) dass man jungen Leuten auch Kindereien und Bübereien gestatten müsse, und 2) dass man die Zeit erwarten solle, da sie solche selbst ablegen. Es gibt aber unterschiedliche Ursachen, warum man keine Kinderei und Büberei gestatten will; denn Einige denken nicht zurück, wie sie in jungen Jahren gewesen und meinen, junge Leute sollen eben auch so sein, wie sie jetzt sind; Einigen sind Kindereien und Bübereien unerträglich, weil sie moros sind, und keine Freude an jungen Leuten haben; Einige Machen sich eine besondere Ehre daraus, dass sie so gesetzte und gescheite Kinder haben und lassen deswegen keine Kinderei und Büberei aufkommen; Einige sorgen, die Kindereien und Bübereien möchten jungen Leuten hangen bleiben; Einige machen es in der Kinderzucht bloß Andern nach, entweder aus Unwissenheit, oder aus Menschengefälligkeit oder aus einem Vorurteil. Es gibt auch Leute, welche zwar wohl einsehen, dass die Natur die Kindereien und Bübereien mit sich bringe; aber sie können nicht warten, bis junge Leute solche selbst ablegen, und suchen deswegen solche den jungen Leuten entweder mit Gewalt, oder durch Einprägung der Schande, oder durch Erregung des Ehrgeizes abzutun. Wenn man nun Achtung gibt, was es für Folgen hat, wenn man bei jungen Leuten keine Kinderei und Büberei leiden will, dass sie teils schüchtern, verdrießlich und kränklich, teils lieblos, teils hochmütig, teils heimtückisch werden; es geschieht auch, wann sie Lust bekommen, so findet man, dass sie alsdann desto kindischer und bübischer sind. Es ist aber ein großer Unterschied zwischen Kindereien und Bübereien und zwischen Sünden. Denn jene fallen von selbst weg, diese aber bleiben und nehmen zu. Gleichwohl aber kann man auch den Kindereien und Bübereien nicht den völligen freien Lauf lassen, indem sonst ein wildes Wesen entstehen würde; es erfordert oft auch die Not oder gewisse Umstände, dass man wenigstens zu gewissen Zeiten der Kinderei und Büberei Einhalt tun muss. Weil es zweierlei junge Leute gibt, nämlich gute und böse, so findet man auch zwischen beiderlei Kindereien und Bübereien einen merklichen Unterschied, wenn man Achtung gibt, was Gutes und Böses mit solchen unterläuft. Ungeachtet die Kindereien und Bübereien in den männlichen Jahren abgelegt werden, so müssen sie dennoch nützlich sein, weil die Natur nichts umsonst tut: ja, es wäre eine Frage, ob man ohne Kindereien und Bübereien ein rechter Mann werden könnte. (Johann Flattich)
Da ich ein Kind war, da redete ich wie ein Kind, und war klug wie ein Kind, und hatte kindische Anschläge. Da ich aber ein Mann war, tat ich ab, was kindisch war.
Paulus vergleicht also seinen irdischen Zustand mit einem kindischen und seinen himmlischen mit einem männlichen. Wie ist’s aber möglich, dass Paulus von sich selbst so hat schreiben können, da er doch ein Apostel war, und den HErrn gesehen hatte, und das Evangelium von keinem Menschen, sondern durch die Offenbarung Jesu Christi empfangen hatte, Gal. 1,12., ja, ehe er den ersten Brief an die Korinther schrieb, bis in den dritten Himmel und bis ins Paradies entzückt worden war? Aber eben diese Entzückung, bei welcher er unaussprechliche Worte hörte, die kein Mensch sagen kann, hat ihn ohne Zweifel gelehrt, den sehr großen Unterschied zwischen einem irdischen Menschen und einem himmlischen Menschen einzusehen, welcher nach V. 12. darin besteht, dass jener, wenn er auch Gesichte hat, nur etwas Rätselhaftes, das einer Auslegung bedarf, als in einem Spiegel, worin sich das Wesen sichtbar macht, sieht, dieser aber Gott geradezu von Angesicht zu Angesicht sieht, und dass jener alles nur nach gewissen Teilen, dieser aber vollkommen erkennt, wie er selbst von Gott erkannt wird. Um aber diesen Unterschied ein wenig fasslicher zu machen, vergleicht er auch den irdischen Zustand dem kindischen Stand und Alter, da man wie ein Kind redet, wie ein Kind klug ist, und kindische Anschläge hat: den himmlischen aber mit einem männlichen, da man abtut, was kindisch ist. Nun waren freilich die Apostel unter allen Kindern, das ist unter allen Menschen, die auf Erden leben, die Verständigsten. Weil sie bei der Verkündigung des Evangeliums nichts redeten, als was Christus durch sie wirkte, Röm. 15,18., so redeten sie alsdann die reinste Wahrheit oder das lauterste Wort Gottes. Ihre Klugheit war von oben. Ihre Anschläge waren nicht fleischlich, 2 Kor. 1,17. Und doch waren sie Kinder, wenn man sie mit dem Zustand vollendeter Gerechten verglich. Stand es nun bei ihnen so, was wollen wir von uns denken? Uns gilt zwar die Ermahnung des Paulus: werdet nicht Kinder am Verständnis, sondern an der Bosheit seid Kinder, 1 Kor. 14,20. Wir sollen also in der Vergleichung mit andern irdischen Menschen, unter denen wir leben, keine unverständigen Kinder sein; aber in der Vergleichung mit denjenigen, die Gott von Angesicht zu Angesicht sehen, werden wir immer Kinder bleiben. Wir werden im Stand der Vollkommenheit nicht mehr so denken, so reden, und solche Anschläge fassen wie jetzt. Zwar werden wir dasjenige, was wir bei Leibesleben durch die Erleuchtung des Heiligen Geistes aus dem Wort Gottes erkannt haben, nicht für falsch erklären, aber doch werden wir einsehen, wie unsere Erkenntnis so schwach und eingeschränkt gewesen sei, und in diesem Betracht sie ablegen. Aber eben damit werden wir auch die mannigfaltige Mühseligkeit und Traurigkeit, die mit unserer gegenwärtigen Erkenntnis verbunden ist, ablegen. Wir werden Männer sein, die nimmer wachsen, und eben darin wird die vollkommene Ruhe bestehen, dass wir zu keiner neuen Stufe der Weisheit und Heiligkeit werden aufsteigen dürfen; wobei wir aber doch nicht leugnen wollen, dass Gott und durch die Mannigfaltigkeit Seiner Offenbarungen und Mitteilungen ewiglich ergötzen werde. Ach Gott, wie klein ist der Mensch auf Erden! Wie herrlich das Ziel, wozu er berufen ist! Bringe uns zu diesem Ziel. (Magnus Friedrich Roos)