Markus 14,72
Andachten
“Da gedachte Petrus an das Wort, und er hob an zu weinen.“
Es haben manche geglaubt, dass, so lange Petrus lebte, der Strom seiner Tränen jedes Mal wieder zu fließen begann, wenn er an seine Verleugnung des Herrn gedachte. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass dies der Fall war; denn seine Sünde war sehr groß, und die Gnade bewirkte in ihm später eine völlige Umwandlung. Dies ist eine allgemeine Erfahrung in der ganzen Familie der erlösten Kinder Gottes, je nach dem Grade, in welchem der Geist Gottes das steinerne Herz, das von Natur vorhanden ist, weggenommen und durch ein fleischernes Herz ersetzt hat. Wir erinnern uns, wie Petrus, an unser prahlerisches Versprechen: „Wenn sie auch alle sich an Dir ärgerten, so will ich doch mich nimmermehr ärgern.“ Wenn wir daran denken, was wir einst zu werden versprachen, und was dagegen aus uns geworden ist, so möchten wir ganze Regenströme von Tränen der Bekümmernis vergießen. Petrus dachte an die Verleugnung seines Herrn, an den Ort, wo dies geschah, an den geringfügigen Anlass zu dieser hässlichen Sünde, an die Schwüre und Beteuerungen, mit denen er seinen Verrat zu bekräftigen suchte, und an die entsetzliche Herzenshärtigkeit, die ihn wiederholt zu solchem Tun antrieb. Wenn wir an unsre Sünden und ihre überaus große Sündigkeit erinnert werden, wie können wir noch starr und stumpf bleiben? Wollen wir nicht unser Haus zu einem Bußhause machen und zu dem Herrn schreien, Er wolle uns aufs Neue seiner vergebenden Liebe versichern? Mögen wir nie nach der Sünde hinüberschielen, sonst wird gar bald unsre Zunge in den höllischen Flammen verdorren. Petrus gedachte auch des liebevollen Blickes seines Meisters. Der Herr folgte dem Warnungsruf des krähenden Hahns mit einem mahnenden Blick des Kummers, des Mitleids und der Liebe nach. Dieser Blick verschwand nie wieder aus Petri Gedächtnis, so lange er lebte. Er war beredter als zehntausend Predigten, denen das Zeugnis des Geistes fehlt. Der reuige Jünger musste gewiss auch weinen, wenn er an des Heilandes volle Vergebung dachte, die ihn wieder völlig in den früheren Gnadenstand versetzte. Der Gedanke, dass wir einen so liebevollen und gütigen Herrn tief verletzt haben, ist mehr als Grund genug für uns zu steten Tränen. Herr, zerschlage unsre Felsenherzen und mache, dass die Bäche fließen! (Charles Haddon Spurgeon)