Markus 12,24
Andachten
Ihr irrt darum, dass ihr nichts wisst von der Schrift und der Kraft Gottes.
Als die Sadduzäer die Lehre von der Auferstehung der Toten als eine ungereimte und lächerliche Lehre darstellen wollten, gab ihnen der Herr zur Antwort (Marc. 12, 24-27.): „Ihr irrt, darum, dass ihr nichts wisst von der Schrift und der Kraft Gottes. Wenn sie von den Toten auferstehen werden, so werden sie nicht freien, noch sich freien lassen, sondern sie sind wie die Engel im Himmel. Aber von den Toten, dass sie auferstehen werden, habt ihr nicht gelesen im Buch Mosis, bei dem Busch, wie Gott zu ihm sagte und sprach: Ich bin der Gott Abrahams, und der Gott Isaaks und der Gott Jakobs? Gott aber ist nicht der Toten, sondern der Lebendigen Gott. Darum irrt ihr sehr.“ In dieser Antwort des Herrn erhalten wir Antwort auf die Frage: Woher die vielen Irrtümer bei denen kommen, die doch in der Heiligen Schrift das Wort Gottes, also die rechte Lehre, die Wahrheit haben? Sie irren darum, weil sie nichts wissen von der Schrift und der Kraft Gottes, von der die Schrift Zeugnis gibt. Unwissenheit und Unbekanntschaft mit der Heiligen Schrift, oder teilweises Annehmen und teilweises Verwerfen derselben, das war bei den Sadduzäern und ist auch noch heutiges Tages die Quelle der größten und mannigfaltigsten Irrtümer. Man weiß die Schrift nicht, oder was man daraus weiß, das weiß man ohne Zusammenhang mit dem Ganzen, darum weiß man es nicht recht, denn in der Schrift dient eines dem andern zum Verständnis und zur Erläuterung. Wer nun nicht mit allem Fleiß darauf aus ist, sich mit der ganzen, zur Lehre, zur Strafe, zur Besserung und Züchtigung in der Gerechtigkeit nützen Schrift bekannt und vertraut zu machen, der kann aus Veranlassung einer, aus dem Zusammenhange herausgerissenen Stelle, eine ganz falsche und unwürdige Vorstellung von einer Sache bekommen; wie z. B. die Sadduzäer von der Auferstehung des Fleisches deshalb nichts hielten und verächtlich davon redeten, weil sie dieselbe als eine Herstellung aller irdischen Verhältnisse betrachteten. Darum mussten sie sich erst eines Besseren von dem Herrn belehren lassen. Er sagte ihnen aber: „Wenn sie von den Toten auferstehen, so werden sie nicht freien, noch sich freien lassen, sondern sie sind wie die Engel im Himmel.“ Wer nun dieses Wort annimmt, dem stellt sich erst das Wort von der Auferstehung in das rechte Licht; der lernt, dass die, welche auferstehen, welche das Bild des Himmlischen tragen an ihrem verklärten, Christo ähnlichen, Leibe, auch zu und unter einander in einem neuen und himmlischen Verhältnisse stehen, und den Engeln Gottes gleich, weder freien, noch sich freien lassen, sondern allesamt eine Familie Gottes ausmachen werden.
Merkwürdig ist, dass der Herr Jesus bei dieser Gelegenheit die Sadduzäer, denen er gesagt hatte: „Ihr wisst nichts von der Schrift!“ doch weiter fragt: „von den Toten, dass sie auferstehen werden, habt ihr nicht gelesen im Buche Mosts?“ Lerne daraus, dass der Herr dich einmal zur Rede stellen wird nicht bloß über das, was du weißt, sondern auch über das, was du hast wissen können, und nicht weißt. Wer das Wort Gottes hat und gebraucht es nicht, der wird doch gerichtet werden nach dem Worte, dem ges reicht seine Unwissenheit nicht zur Entschuldigung seines Irrtums. Er wird unter denen stehen, die verstummen müssen, wenn es heißen wird: „Habt ihr nicht gelesen, das euch gesagt ist von Gott?“ Darum lasst uns die Schrift lernen, das bewahrt uns vor großen und vielen Irrtümern. Lasst uns nicht seuchtig1) sein in Fragen und Wortkriegen, sondern stille sein vor Gott und sein Wort lernen in aller Demut als die Unwissenden, die gern zum Himmelreich gelehrt werden wollen. Ein weiser Mann sagt und bekennt (Sir. 34, 11 14.): „Die irrigen Geister stiften viel Böses. Da ich noch im Irrtum war, konnte ich auch viel Lehrens, und war so gelehrt, dass ich's nicht alles sagen konnte. Und bin oft in Gefahr des Todes darüber gekommen, bis ich davon erlöst worden bin. Nun sehe ich, dass die Gottesfürchtigen den rechten Geist haben.“ (Carl Spitta)