Matthäus 12,12
Andachten
Man mag wohl am Sabbat Gutes tun.
Der Sabbat in Palästina zur Zeit Jesu war eine herrliche Sache. Überall kehrte die Ruhe ein in jedem Dorf und in jedem Haus. Keine wandernden Scharen zogen durch das Land, kein Bahnzug durchfuhr es eilig. Keine Wirtschaft verdarb ihre Gäste und kein Geschäftshaus verlangte heimlich oder öffentlich den Dienst seiner Arbeiter. Ruhe lag über allem. Sie hatte aber nicht nur für das menschliche Zusammenleben heilsamen Wert, sondern war auch ein mächtiges Zeugnis für Gottes Reich, das keiner überhören konnte. Weil der Mensch Gott gehört, sonderte er einen Teil seiner Zeit aus und machte ihn heilig. Der heilige Tag sagte jedem: Du gehörst zum heiligen Volk, und indem jeder den Satan hielt, bekannte er sich zum Herrn als seinem Gott. Dennoch stellte sich Jesus über das Sabbatgebot. Denn es gibt noch etwas Größeres, noch etwas Heiligeres als den Sabbat, und wenn er dieses Bessere und Heiligere hindert, wird er zur Fessel, die Jesus nicht ertrug. Was ist dieses Bessere? Wohltun, lautet Jesu Antwort. Tun ist besser als Ruhen, wohltun besser als sich selber pflegen, den Menschen wohltun besser als müßiger Gottesdienst. Weil die Judenschaft aus dem Sabbat das Verbot der Liebe an diesem Tag machte, darum hat ihn Jesus übertreten. So gewaltig machte er sein Zeugnis für die Unentbehrlichkeit und Heiligkeit der Liebe! Aus der Übertretung des Sabbats folgte für Jesus das Schwerste, tödlicher Hass seiner Feinde, grimmiger Anstoß, das Kreuz. Aber Jesus schwankte nicht. Im Namen Gottes die Liebe zu verbieten, der Heiligkeit wegen das Wohltun zu unterlassen, das hieß er nicht Gottesdienst, nicht Heiligung, nicht Ehrung Gottes, sondern Streit mit Gott.
Wohltun, Herr, das ist Dein Wille. Du hast Dich selber ans Kreuz gegeben, weil Du wohltatest, und hast dadurch aus Deinem Kreuz die große Wohltat gemacht, für die wir Dir danken. Deine Liebe hast Du offenbart, die nie rastende, die immer zum Helfen bereite, die nicht das Ihre sucht, da sie ganz und vollkommen ist wie Gottes Gnade. Nun zieh uns alle in Deine Bahn. Amen. (Adolf Schlatter)