Psalm 62,2
Andachten
Wahrlich, meine Seele harrt auf Gott: von Ihm kommt meine Errettung.
Gesegnete Stellung! - Wahrhaft und einzig auf den Herrn harren. Sei dies unser Stand diesen ganzen Tag und jeden Tag. Harren auf seine Zeit, harren in seinem Dienste, harren in freudiger Erwartung, harren in Gebet und Zufriedenheit. Wenn unsre innerste Seele so harrt, so ist sie in der besten und wahrsten Stellung, die ein Geschöpf vor seinem Schöpfer, ein Knecht vor seinem Herrn, ein Kind vor seinem Vater einnehmen kann. Wir gestatten uns nicht, Gott vorzuschreiben oder über ihn zu klagen; wir wollen uns keine Verdrießlichkeit und kein Misstrauen erlauben. Aber wir laufen auch nicht der Wolke voran und suchen keine Hilfe von andren: keins von diesen würde Harren auf Gott sein. Gott und Gott allein ist die Hoffnung unsrer Herzen.
Gesegnete Zusicherung! - von Ihm kommt Errettung; sie ist auf dem Wege. Sie wird von Ihm kommen und von keinem andren. Er soll allen Ruhm davon haben, denn Er allein kann und will es vollbringen. Und Er wird es ganz gewiss zu seiner Zeit und in seiner Weise. Er wird uns von Zweifel und Leiden und Verleumdung und Not erretten. Wenn wir auch noch kein Zeichen davon sehen, so sind wir zufrieden, auf des Herrn Willen zu warten, denn wir haben keinen Argwohn gegen seine Liebe und Treue. Er wird binnen kurzer Zeit es gewiss tun, und wir wollen Ihn sogleich für seine kommende Gnade loben. (Charles Haddon Spurgeon)
Meine Seele ist stille zu Gott, der mir hilft. Denn er ist mein Hort, meine Hilfe, mein Schutz, dass mich kein Fall stürzen wird, wie groß er ist. Aber meine Seele harrt nur auf Gott; denn er ist meine Hoffnung. Er ist mein Hort, meine Hilfe, und mein Schutz, dass ich nicht fallen werde.
Herr Gott, Vater im Himmel, dein Tun ist eitel Güte und Treue; du hast uns bis hierher Leib und Leben gnädig erhalten, hast uns vor allem Übel väterlich behütet, und hast mehr Wohltat an uns getan, als wir selbst wissen und mit dem Munde erzählen können. Aber wir müssen uns schämen, dass wir dein so oft vergessen und deine Gebote übertreten haben. Ach, Herr, vergib uns unsere Schuld um deines heiligen Namens willen. Reinige unser Gewissen durch das Blut Jesu Christi, tu' deine Hand nicht von uns ab, und verlass uns nicht. Sende deine heiligen Engel um uns her, dass sie uns und die Unsrigen vor allem Schaden gnädig bewahren. Schütze uns vor dem Feinde unserer Seele, dass er keine Macht an uns finde. Gib uns Kraft und Sieg im Kampfe mit der Sünde. Heilige uns in der Wahrheit, dein Wort ist die Wahrheit. Halte unsere Seele fest in deinem heiligen Wort, dass es sei unser Leitstern und Licht. Lass uns nach deinem Wort ein gottseliges Leben und einen christlichen Wandel führen, auf dass wir in deinen rechten Stegen und Wegen allezeit erfunden werden und einst zum ewigen Leben eingehen mögen. Herr, tue uns, den Deinen, wie du willst; gib nur, dass unser Leben und Sterben sei in dir, und nimm uns endlich zu Ehren an, um Jesu Christi willen. Amen. (Adolf Clemen)
Meine Seele ist stille zu Gott, der mir hilft.
Mit diesen Worten will David sagen: Meine Seele hält Gott stille, denn von Ihm ist mein Heil. Gott stille sein heißt, sich dem gnädigen Willen Gottes ergeben, und gewiss glauben, Gott werde Seine Verheißung halten, und uns nicht lassen verderben und zu Schanden werden. Hiermit gibt uns der liebe David eine notwendige Lehre, wie wir uns im Kreuze und Verfolgung halten sollen, nämlich stille sein zu Gott, das ist, mit Geduld und Sanftmut leiden, was Gott über uns verhängt, und gewiss glauben, Gott werde helfen. Solche heilige Geduld ist eine Frucht des heiligen Geistes, und gehört dazu der Glaube, Gottes Verheißung und das Gebet. Wenn man Gottes gnädige Verheißung durch den Glauben ansieht, da Er spricht: Fürchte dich nicht. Ich bin mit dir, weiche nicht. Ich bin dein Gott. Ich stärke dich, Ich helfe dir auch. Ich erhalte dich durch die rechte Hand Meiner Gerechtigkeit, Jes. 41, 10. Ferner: Du sollst es erfahren, dass Ich der HErr bin, an welchem nicht zu Schanden werden alle, die auf Mich harren, Jes. 49, 23. Und wenn man daneben betet, Gott wolle Stärke, Kraft und Geduld geben, so wird die Seele stille und ruhig. Wenn man aber Gottes Wort aus den Augen setzet und sich nicht zum Gebet wendet, so ist das Meer nicht so ungestüm, wenn ein Sturm ist, als des Menschen Herz und Seele, denn alsdann kommt immer eine Angst, Furcht, Schrecken, Sorge und Ungeduld über die andere rc. (Johann Arnd)
Meine Seele ist stille zu Gott, der mir hilft.
Die innere Stille ist die Aufgeschlossenheit des Herzens für Gott. Man kann nicht beten, man hat kein gesundes Urteil, man kommt zu keiner geistigen Festigkeit, wenn man nicht zuerst stille geworden ist zu Gott. Es ist in dem Herzen ein tief verborgener Zug, der von der Gnade kommt, und der, wenn wir seiner bewusst werden, uns dürsten lässt nach dem Herrn. Dieses Verlangen nach der Gnadengegenwart des Herrn macht dann auch stille im Herzensgrunde und bringt alle andern Stimmen zum Schweigen. Eins ist Not; das Vielerlei schwächt und verwirret, der Herr selber ist unser Leben und unsere Stärke. Die Stille zu Gott kann aber auch eine Hingabe an ihn sein in Leidenszuständen. Man kann in solchen Lagen nichts erzwingen und nichts abkürzen, man muss geduldig warten und nur darüber wachen, nicht aus der inneren Festung herauszufallen. Gott ist ja derselbe; auch sein Weilen ist ein Eilen; in seinen Händen stille sein ist ja schon eine Hilfe. David hat mehr gelernt durch ein stilles Liegen vor dem Herrn, als er auf seinem Königsthron gelernt hat. Der Flattergeist macht so müde, und das geteilte Herz ist so ruhelos! Was uns fehlt, hier haben wir es: Eine Seele, die still ist zu Gott, der uns hilft. Das macht stark und freudig, und keine Stürme können uns dann überwältigen. Um zu dieser Herzensstille zu gelangen, müssen wir aber nicht warten, bis sie uns Not tut. Es kommt Alles auf den Geist an, der uns beherrscht und in dem wir täglich leben. Ist es der Geist der Sammlung und der Nüchternheit, so leben wir in der rechten Luft; ist es aber ein unruhiger Geist, ein ärgerlicher, verdrießlicher, so wird uns die Stille viel schwerer, im Augenblick selber, da wir sie brauchen. Ein Soldat wartet nicht mit dem Exerzieren, bis er im Krieg ist; so sagt auch die Schrift: Übe dich in der Gottseligkeit. Und auf welche Weise? Der verborgene Mensch des Herzens sei unverrückt, mit sanftem und stillem Geist, denn das ist köstlich vor Gott. (Friedrich Lobstein)
Meine Seele ist stille zu Gott, der mir hilft.
So wohlgegründet der Frohsinn wahrer Christen ist, und so ungezwungen sich derselbe in ihrem ganzen Wesen und Tun zu Tage legt, so ist er doch nichts Ausschweifendes, Prahlendes, sondern in Beugung wie eingehüllt und eingekleidet. Sie haben auch Ursache dazu. Nie können sie vergessen, wer sie waren, ehe sie Christo sich ergaben. Auch tragen ihrer viele Narben an sich, von den Wunden, welche der Sündendienst ihnen schlug. Dazu kommt die lebendige Überzeugung, dass sie die erfahrene Veränderung mit Nichts verdient haben, sondern lediglich der Erbarmung und Gnade Jesu Christi zuzuschreiben ist. - Auch bedenken die Gläubigen, dass sie dies köstliche Kleinod leicht wieder verlieren könnten. Darum sind sie auch vorsichtig und bedächtig. Und dadurch wird auch ihre Freude stets gemäßigt und sie bleiben lieber in ihrem gebeugten stillen Wesen. (Etwas fürs Herz.)
Predigten
Gedichte und Lieder
“Meine Seele ist stille zu Gott, der mir hilft.“
Meine Seele senket sich
Hin in Gottes Herz und Hände
Und erwartet ruhiglich
Seiner Wege Ziel und Ende,
Lieget still und willenlos
In des liebsten Vaters Schoß.
Meine Seele murret nicht,
Ist mit Allem wohl zufrieden;
Was der eigne Wille spricht,
Ist zum Tode schon beschieden;
Was die Ungeduld erregt,
Ist in Christi Grab gelegt.
Meine Seele, sorget nicht
Will vielmehr an nichts gedenken
Was gleich spitzen Dornen sticht
Und den Frieden nur kann kränken.
Sorgen kommt dem Schöpfer zu:
Meine Seele sucht nur Ruh.
Meine Seele grämt sich nicht,
Liebt hingegen Gott im Leiden;
Kummer, der das Herze bricht,
Trifft und ängstet nur die Heiden.
Wer Gott in dem Schoße liegt,
Bleibt in aller Not vergnügt.
Meine Seele klaget nicht,
Denn sie weiß von keinen Nöten,
Hängt an Gottes Angesicht
Auch alsdann, wann er will töten.
Wo sich Fleisch und Blut beklagt,
Wird der Freudengeist verjagt.
Meine Seel' ist still zu Gott,
Und die Zunge bleibt gebunden!
Also hab' ich allen Spott,
Alle Schmerzen überwunden,
Bin, gleich wie ein stilles Meer,
Voll von Gottes Preis und Ehr'. (Christian Wilhelm Spieker)